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0399 - Totentanz im Urnengrab

0399 - Totentanz im Urnengrab

Titel: 0399 - Totentanz im Urnengrab
Autoren: Jason Dark
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einmal das Gefühl, einen Zeitlupenfilm zu erleben, denn die Menschen warfen sich nach hinten, versuchten zu fliehen und kamen nicht alle weg, weil der Zombie den leicht gebauten Verkaufsstand einfach umgerissen hatte. Das Stoffdach fiel zusammen, die Stäbe knickten weg, dabei riß auch die Kabelverbindung zu den Lautsprechern, so daß die Musik mit einem Mißklang verstummte.
    Dies alles waren Erscheinungen, die ich am Rande wahrnahm.
    Mich interessierte allein der Zombie, der höchstwahrscheinlich der Kontrolle des Häuptlings entglitten war.
    Und er bekam eine Beute.
    Es war eine der Blondinen, die vorhin an uns vorbeigerannt war.
    Sie hatte sich einen Drink nehmen wollen, lag am Boden und wollte wegkriechen, aber da war die Totenklaue, die sie am linken Fußgelenk festhielt.
    Über den Standboden zog der Zombie die Frau zu sich heran. Er lag selbst flach, war halb unter der Holztheke begraben, aber das machte ihm nichts aus, denn ein Untoter wie er verspürte keinerlei Schmerzen.
    Ich mußte ihn rechtzeitig kriegen, damit er die Frau nicht umbrachte. Innerhalb weniger Sekunden hatte der Horror zugeschlagen. Aus dem fröhlichen Strandleben war eine Hölle geworden, in die ich mit beiden Beinen voll hineinsprang.
    Die Blonde schrie. Sie hatte ihren Kopf etwas erhoben. Der Mund war weit geöffnet. Auf ihren violett geschminkten Lippen klebte Sand, und die Zunge stach hervor wie ein rosafarbener Lappen.
    Vor ihr fiel ich in den Sand. Von dem Zombie sah ich nicht viel, die herabgestürzte Theke verbarg ihn zum größten Teil. An anderen Stellen kletterten verängstigte Menschen unter den Trümmern hervor.
    Unter beiden Achselhöhlen packte ich das Mädchen, hievte sie ein wenig hoch und zog sie zu mir heran. Diese Bewegung war stärker als der Griff des Zombies, er wurde mitgezogen, weil er nicht losließ, und mir gellten dabei die Schreie der Blondine in den Ohren.
    Dann sah ich ihn.
    Über den Rücken der Frau schaute ich hinweg und konnte direkt in sein Gesicht starren.
    Eine widerliche Maske, bestehend aus grauer Haut, Falten und ausgedörrten Lippen. Die Augen wirkten wie blasse Kugeln, und genau dazwischen zielte ich mit meiner Beretta.
    Als der Schuß peitschte, schrie das Mädchen, aber die Kugel hatte nicht ihm gegolten.
    Der Körper des Untoten sackte nach vorn. Er schlug noch mit dem Gesicht auf die Beine der Blonden, die auf einmal merkte, daß sie sich wieder bewegen konnte, plötzlich hochsprang und schreiend vom Ort des Geschehens wegrannte.
    Ich ließ sie laufen, stand auf und hatte das Gefühl, in einem Vakuum zu stehen.
    Die ehemaligen Gäste des Standes trauten sich nicht näher. Sie hatten auch den Schuß gehört. Sogar nach der Polizei wurde geschrien, das interessierte mich nicht.
    Mein Augenmerk galt zwei Personen.
    Dem Padre und dem Häuptling. Sie standen mit dem Rücken so dicht am Wasser, daß die auslaufenden Wellen die Füße umspülten.
    Man hätte sie fast für Freunde halten können, wäre da nicht der Pfeil gewesen, dessen Spitze der Indio gegen die rechte Halsseite des Geistlichen drückte…
    ***
    Ramon Sainho und ich schauten uns an. Das Gesicht des Geistlichen war blaß, er hatte den Mund geöffnet, sprach aber nicht und ließ mich noch näher herankommen.
    Erst vier Schritte später sagte er krächzend. »Ich glaube, Sie sollten stehenbleiben, Senhor.«
    Das tat ich.
    »Er wird mich töten«, redete der Pfarrer weiter. »Ich weiß es, weil ich es spüre. Er kann nicht anders, wenn er seinen Gesetzen folgen will. Ich merke, wie er zittert, Senhor. Und wenn dies geschieht, möchte ich Sie um einen Gefallen bitten.«
    Ich hielt die Beretta noch in der Hand. »Um welchen?« erkundigte ich mich rauh.
    »Lassen Sie ihn laufen! Er gehört in den Dschungel. Die angeblich zivilisierten Menschen waren es doch, die ihn im Regenwald verfolgten und in diese fürchterliche Rache trieben. Man darf ihn nicht in den Kerker sperren. Er kennt nur die Gesetze seines Stammes, denen auch er gehorchen muß. Verstehen Sie mich?«
    »Ja.«
    Padre Ramon Sainho bewegte sich nicht. Er stand steif wie ein hochkant gerichtetes Brett. »Es sind nur wenige Sekunden. Er zittert schon stärker. Er hat auch erleben müssen, wie der letzte Helfer starb. Die Knochen sind zerstört. Alles ist…«
    Da sah ich den Schatten.
    Klein, wendig und über den Sandboden huschend. Kein erwachsener Mann, sondern ein Junge, und er befand sich hinter dem Pfarrer. Woher Manuel die Stange hatte, wußte ich nicht. Sie sah aus wie
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