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0399 - Totentanz im Urnengrab

0399 - Totentanz im Urnengrab

Titel: 0399 - Totentanz im Urnengrab
Autoren: Jason Dark
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blitzschnell herum und richtete die Waffenmündung auf das Ziel.
    Eine kleine Gestalt stand dort.
    Ein Junge!
    Er schaute mich aus seinen großen Augen an. Das Gesicht leuchtete in der Dunkelheit heller, und er hob automatisch die Hände, bevor er sagte: »Ich bin Manuel…«
    ***
    Padre Ramon Sainho hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit dieser Geiselnahme, und er fühlte sich dem Häuptling aus dem Regenwald so verdammt unterlegen.
    Dieser Mensch war nur mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Daß er hervorragend damit umgehen konnte, hatte er bewiesen, und auch jetzt, als sie die Mauer hinter sich gelassen hatten, spürte der Geistliche noch das Brennen an seiner Kehle.
    Der andere hatte ihn gewarnt und die Spitze des Pfeils durch das straffe Fleisch des Halses gezogen. Zum Glück war sie nicht vergiftet gewesen, aber jetzt, da sie den Friedhof hinter sich gelassen hatten, legte der Indio nicht mehr auf den Geistlichen an.
    Er hielt nur einen seiner Pfeile in der rechten Hand, den Bogen hatte er sich über den Rücken gehängt, und die Pfeilspitze deutete während des Gehens auf den Rücken des Padre.
    Die beiden Helfer des Häuptlings rahmten den Mann ein. Leichengeruch begleitete ihren Weg. Die Zombies schlichen durch den dichten Wald, sie schlugen Breschen, störten schlafende Tiere und fanden unbeirrbar ihren Weg.
    Einmal griff der größte sogar nach einer Schlange, wurde von ihr gebissen und schleuderte sie fort.
    Schlangengift tat ihm nichts.
    So gingen sie weiter. Der Padre kam sich vor, als würde er in schwarze Wattewolken gehen, so dicht war die Finsternis hier, aber weiter oben schimmerten Lichter. Sainho sah sie nur, wenn die Sicht zufällig etwas freier wurde.
    Der Pfarrer wußte auch, daß sie, wenn sie so weitergingen, irgendwann die Straße erreichen würden. Sie durchzog den Hügel in Serpentinen und verband diesen Bezirk mit der City. Zu den Häusern führten Wege, oft nur Schneisen, die jemand in den Dschungel gehauen hatte.
    Es kam dem Pfarrer schon verrückt vor, als er Musikklänge vernahm, und es dauerte nicht lange, als sie die Straße erreichten.
    Im Augenblick war sie nicht befahren, aber die Musik wehte jetzt intensiver heran. Es waren Musical-Melodien, etwas verfremdet dargebracht durch Samba-Rhythmen, doch sie sagten an, daß irgendwo vor ihnen gefeiert wurde.
    Bei Padre Sainho zog sich die Nackenhaut zusammen. Lebende Tote wollten Menschen, das wußte er auch. Wenn der Häuptling diesen Trieben nachgab, konnte es zu einer Katastrophe kommen.
    Ramon schluckte. Er sah, daß sich die lebenden Leichen drehten und in die Richtung lauschten, aus der die Musik drang. Sie hoben ihre freien Arme und deuteten dorthin.
    Auch der Häuptling schaute und lauschte. Nur ließ er den Padre nicht aus den Augen, denn die Pfeilspitze berührte fast den Körper des Geistlichen.
    »Wo willst du hin?« fragte dieser den Indio.
    Der schüttelte sich, als hätte jemand Wasser über ihn gegossen, öffnete den Mund, und kehlig klingende Worte drangen über seine Lippen. Eine andere Antwort konnte er nicht geben.
    Der Pfarrer war ebenso schlau wie zuvor, aber das Schicksal setzte sein Räderwerk fort.
    Ein Wagen kam.
    Sie sahen ihn noch nicht, aber sie hörten ihn, als er von der Stadt her den Berg hochfuhr. Sicher wollte jemand zu seinem Haus oder noch die Party besuchen. Wie dem auch war, die Gefahr für den anderen verdichtete sich mit jeder vergehenden Sekunde.
    Abermals ließ der Häuptling einen Schrei hören. Die Zombies wußten Bescheid. Sie bauten sich auf der Straßenmitte auf, während der Padre und der Häuptling sich nach rechts hin in die Büsche schlugen und dort zunächst blieben.
    Der Wagen zeigte sein Scheinwerferlicht. Es huschte geisterhaft über die Büsche des Regenwaldes. Nach jeder neuen Kurve erkannten sie das Licht deutlicher. Vielleicht noch zwei Kehren, dann würden die Scheinwerfer des Autos die Zombies erfassen.
    Der Padre kniete im Gras. Er hatte sich diese Haltung nicht ausgesucht, der Häuptling wollte es, denn so konnte er bequem die Spitze des Pfeils gegen den Hals des Menschen drücken.
    Ramon Sainho fühlte sich so hilflos, er hätte heulen können, was tat er statt dessen? Hockte am Rand der Straße und ergab sich in sein verdammtes Schicksal.
    Die letzte Kurve.
    Ramon nahm den Kopf etwas höher. Sein Blick glitt über den dunklen Asphalt der Straße, der im nächsten Augenblick nicht mehr so dunkel blieb, als der Scheinwerferteppich des Autos hell und breit über ihn
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