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0390 - Ich folgte der Teufelsspur

0390 - Ich folgte der Teufelsspur

Titel: 0390 - Ich folgte der Teufelsspur
Autoren: Jason Dark
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manchen Stellen hatten sich Nebelschleier gehalten. Sie sahen aus wie längst vergessene Tücher. Grau, aufgerissen und durchlöchert. Stille lag über dem Land. Durchbrochen nur, wenn das Eis sich zusammenschob oder ein Baumast unter der extremen Kälte brach. Manchmal fielen auch Vögel kurzerhand von ihren Sitzplätzen und blieben als gefrorene Klumpen liegen.
    Am Mittag zeigte sich stets die Sonne. Sie stand tief, als würde sie sich schämen, überhaupt aufzustehen, denn gegen diese Kälte kam sie nicht an. Sie drückte alles nieder.
    Auch die so fremd wirkenden Strahlen des Himmelskörpers schafften es nicht, den Dunst zu durchbrechen. Sie blieben irgendwo hängen, wurden abgehalten, aufgesaugt, und schon bald sah die Sonne ein, daß sie es nicht schaffte und verschwand im Grau der hereinbrechenden Dämmerung.
    Das war die Zeit, in der die drei Männer sich treffen wollten. Der Wirt hatte erst vorgehabt, sein Gasthaus zu schließen, bis ihm einfiel, daß so etwas aufgefallen wäre, und er hatte seine Frau gebeten, den Dienst zu übernehmen.
    »Und du?«
    Der Mann zog seinen gefütterten Mantel über, der ihm mit dem Saum fast bis zu den Schuhen reichte. »Ich werde mich im Ort einmal umschauen.«
    »Allein?«
    »Nein, ich treffe noch den Totengräber und den Schlachter.«
    Die Frau verstand. Sie erinnerte sich daran, daß ihr Mann ihr etwas in der vergangenen Nacht erzählt hatte. »Dann wollt ihr es tatsächlich tun?« fragte sie.
    Auf ihrem faltigen Gesicht breitete sich der Schrecken aus.
    »Das hatten wir uns vorgenommen.«
    »Gott, ihr versündigt euch.«
    »An einem Zigeu…«
    »Sprich es nicht aus. Es ist ein Kind.«
    Der Wirt winkte ab, knöpfte seinen Mantel zu und ging grußlos davon. Er kannte die Skrupel seiner Frau, die er nicht besaß. Dieses Kind störte, es mußte aus dem Leichenhaus verschwinden, zudem waren die anderen beiden ebenfalls der Ansicht, und damit beruhigte der Wirt sein Gewissen.
    Der Wirt schlug den Kragen hoch, dann klappte er die Ohrenschützer herunter, um vor dem Wind geschützt zu sein.
    Der Mann hielt sich auf seinem Weg im Schutz der Häuser, die sich unter der Kälte duckten. Es war rasch dunkel geworden, und die Temperaturen fielen noch weiter.
    Vor den Lippen dampfte der Atem. Er hatte das Gefühl, als würde jede Wolke vor seinem Mund festfrieren und nicht mehr verschwinden. In einigen Büchern hatte er gelesen, daß es Länder gab, die fast das ganze Jahr diese Kälte spürten und daß dort noch Menschen wohnten. Er konnte es sich kaum vorstellen.
    Niemand begegnete ihm. Das Dorf war ausgestorben. In einer Ecke lag ein Schatten. Es war ein erfrorener Hund. Er hatte die Pfoten von sich gestreckt und lag da, als würde er schlafen. Auf seinem Fell schimmerte eine Eisschicht.
    Dieser Winter kostete Opfer, bei Menschen und Tieren. Es war einfach zu kalt geworden.
    Das Haus des Schlachters lag ein wenig versetzt. Eine Zufahrt führte zur Tür. Sie war so breit, daß auch die Fuhrwerke hindurchpaßten, die Fleisch anlieferten.
    Eis hatte sich gebildet. Es sah aus wie ein nach oben gebogener Spiegel, der sich über die Köpfe der Pflastersteine zog. Der Wirt hatte Mühe, auf diesem unebenen Weg das Gleichgewicht zu halten.
    Das Licht schien nur fahl hinter der Scheibe des Fensters. Der Schlachter wartete schon. Er mußte den Wirt auch kommen gehört haben, denn er öffnete seine Haustür, und das Knurren eines Hundes war zu vernehmen. Der Metzger beruhigte das Tier und winkte dem Ankömmling zu. Der Wirt wurde erst gar nicht ins Haus gebeten und brauchte auch nicht lange zu warten, denn der andere schlug die Tür heftig zu.
    Er rieb seine breiten Hände, bevor er die Handschuhe überstreifte.
    »Alles klar?« fragte er.
    »Ja.«
    »Warst du schon beim Totengräber?«
    »Wollten wir da nicht zum Schluß hin?«
    »Stimmt.« Der Schlachter wechselte das Thema. »Hat deine Frau etwas bemerkt?«
    »Sicher.«
    »Und?« Die Frage klang gespannt.
    Der Wirt hob die Schultern. »Ich habe sie teilweise eingeweiht.«
    Bevor der andere sich aufregen konnte, sprach der Kneipier schnell weiter. »Aber keine Sorge, ich habe Mary unter Kontrolle.«
    »Hoffentlich.«
    »Klar. Und deine Tochter?«
    »Sie traut sich nicht, zu fragen.« Der Metzger grinste. »Ich habe sie neulich mit unserem Gesellen erwischt. Seit dieser Zeit sagt sie nichts mehr. Außerdem habe ich den Kerl rausgeschmissen. Wenn meine Frau noch gelebt hätte, wäre der Ärger für das Töchterlein viel größer
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