Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0390 - Ich folgte der Teufelsspur

0390 - Ich folgte der Teufelsspur

Titel: 0390 - Ich folgte der Teufelsspur
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Magen. Es wurde ihm warm, obwohl gerade Alkohol bei dieser Kälte den Tod bedeuten konnte.
    Auch Schwindelgefühle plagten ihn. Erst nachdem die beiden anderen Männer die Flasche geleert hatten, war auch der Totengräber in der Lage, sich wieder in Bewegung zu setzen.
    Er schlich auf leisen Sohlen vor. Wieder schwenkte er seine Laterne, und abermals floß das Muster aus Licht und Schatten über die kahlen Wände des Leichenhauses.
    Der Totengräber gab es nicht laut zu, aber er gestand sich ein, daß er noch nie eine solche Stimmung innerhalb dieser Mauern erlebt hatte. Der Mann sah seine Arbeit an, wie eine andere auch. Er ging manchmal sogar gern mit den Toten um, aber in diesem Fall hatte er das Gefühl, mit seinen Begleitern nicht mehr allein zu sein.
    Etwas war anders.
    Hier lauerte eine nicht faßbare Gefahr, Sie war da, aber sie zeigte sich nicht. Er schaute den Schatten nach, die überall hinkamen und viel größer als der schwankende Lichtschein waren. Sie tanzten, sie verzerrten, und sie schufen aus dem Innern des Totenhauses ein gespenstisches Heim für kalte Leichen.
    Manchmal hatte er das Gefühl, als würden kalte Finger über die Haut seines Nackens fahren. Er sah Hindernisse, wo es keine gab, und jeder Schritt kostete ihn viel Kraft. Und das Atemholen wurde zur Qual.
    Stank es da nicht nach verbranntem Schwefel? Der Mann schnupperte, bekam das Zeug in die Nase, schluckte und ging vorsichtig weiter, weil er sich endlich überwunden hatte.
    Dann sah er die erste Leiche.
    Es war die alte Frau, deren offener Sarg näher zur Tür hin stand als der des Zigeunerkindes. Wie der schwingende Schein eines Pendels zuckte der fahle Laternenglanz über das Gesicht der Toten, gab ihm einen rötlich gelben Stich und ließ die wächserne Farbe daraus verschwinden.
    Die Leiche war gefroren. Es gab keine Heizung im Leichenhaus.
    Kleine Eiskristalle schimmerten auf dem bleichen Gesicht und hatten sich ebenfalls in den grauen Haaren festgesetzt.
    So wie sie da lag, bot sie ein völlig normales Bild, das der Totengräber in diesen Momenten als schrecklich empfand und seinen Schritt verhielt. Auch die anderen Männer blieben stehen.
    »Was ist denn?« fragte der Schlachter. Seine Stimme klang ungeduldig. »Hast du plötzlich Schiß bekommen?«
    »Ich weiß auch nicht…«
    Der kompakte Mann lachte. »Tote sind tot…«
    »Schon…«
    »Geh weiter, Mann.«
    Der Totengräber gab sich einen Ruck. Er wollte sich nicht blamieren und schritt trotz der innerlichen Warnungen vor, um den Sarg der alten Frau zu umrunden.
    Er hatte den rechten Arm mit der Laterne so erhoben, daß der kleine Leuchtkörper über den Sarg hinwegschwenkte, als wollte er denoffenstehenden Mund der toten Frau damit füllen.
    Der Sarg, auf den es ihnen ankam, stand einige Schritte entfernt.
    In einem matten Weiß zeigte er sich. Die Farbe war schlecht verteilt worden, denn an einigen Stellen drang der dunkle Holzton bereits durch. Auch die kleine Totenkiste hatte man nicht verschlossen. Der Sargdeckel stand hochkant an der Wand.
    Noch zwei Schritte mußte der Mann gehen, um in den Sarghineinleuchten zu können. Und diese letzten beiden Schritte fielen ihm verdammt schwer. Er wußte, daß eigentlich nichts passieren konnte, trotzdem spürte er die Angst vor dem Unheimlichen.
    Den Arm hatte er weit von sich gestreckt. In der Schulter spürte er bereits den Druck der Anstrengung. Der Totengräber kam sich vor wie ein Mensch, der von einem anderen gelenkt wurde.
    Er hörte die scharrenden Schritte der anderen, die auf ihn zudrängten, und tat auch den letzten.
    Dann stand er so dicht vor dem weißen Sarg, daß er von oben her direkt hineinleuchten konnte.
    Sein Gesicht vereiste ebenfalls. Der Schreck war wie ein Stoß durch seine Glieder gefahren.
    Das Kind lag nicht mehr im Sarg.
    Dafür eine Handvoll Staub…
    Der Totengräber sagte nichts. Er stand nur da, hielt seine Laterne, leuchtete in den kleinen Sarg, bewegte kauend die Wangen und hatte das Gefühl, selbst zu einem Eisklumpen geworden zu sein.
    Die Ahnung hatte ihn nicht getrogen. Etwas war mit dem Kind passiert. Man mußte es verbrannt oder irgend etwas anderes mit ihm gemacht haben, jedenfalls schimmerte im Widerschein des Laternenlichts der Staub wie goldener Puder.
    Sekunden dehnten sich zu kleinen Ewigkeiten. Der Totengräber war zu keiner Reaktion fähig. Er war von dem Anblick kalt erwischt worden und mußte zweimal angesprochen werden, um überhaupt eine Reaktion zu zeigen.
    »Was ist denn,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher