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0357 - Die Treppe der Qualen

0357 - Die Treppe der Qualen

Titel: 0357 - Die Treppe der Qualen
Autoren: Jason Dark
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zeigte es ihm nicht.
    Die Frauengestalt trug ein langes, weißes Kleid, das wie ein schlichtes Totenhemd aussah. Sie saß schräg und zusammengesunken auf ihrem Thron, das lange, rostrote Haar wuchs als eine wahre Flut auf ihrem Kopf und fiel wellenförmig so zur Seite, daß es Kopf und Gesicht fast völlig bedeckte.
    Die Hände der Königin lagen auf den Lehnen. Myxin schaute sich die Finger an. Sie waren sehr lang, ebenso die Nägel, und unter der dünnen Haut sprangen die Knochen hervor.
    Manchmal zuckten die Finger auch, ein Zeichen dafür, daß Macha Rothaar erregt war.
    Myxin begann auch zu reden. »Du weißt, aus welchem Grunde ich gekommen bin?« fragte er.
    »Ja, du willst mich töten.«
    »Das stimmt.«
    »Und du hast es dir gut überlegt?«
    »Natürlich. Ich hatte Zeit genug. In Atlantis muß etwas geschehen, dessen bin ich mir sicher. Ich kann der Einteilung der Kräfte nicht mehr so ohne weiteres zuschauen, es gibt Dämonen, die immer mächtiger werden, was ich verhindern will.«
    »Sprichst du vom Schwarzen Tod?« wollte Macha Rothaar wissen.
    »Ihn meine ich.«
    Da hörte er ein leises Lachen. Es klang wissend und gleichzeitig auchüberheblich. »Was bist du nur für ein Narr, Myxin. Du willst dich gegen den Schwarzen Tod stellen? Nein, das schaffst du nicht. Es ist unmöglich. Du kannst gegen ihn nicht gewinnen. Er ist für ein Wesen wie dich einfach zu stark, auch wenn du mich tötest, um mein Reich unter deine Knute zu zwingen, den Schwarzen Tod kannst du nicht besiegen.«
    »Was macht dich so sicher?«
    »Vieles. Ich habe gelernt, in den Sternen zu lesen. Und die sagen mir, daß der gesamte Kontinent dem Untergang geweiht ist. Atlantis hat keine große Überlebenschance mehr. Seine Zeit ist abgelaufen. Menschen, Magier und Dämonen haben ihr Scherflein dazu beigetragen, daß dieses einstmals so stolze Land untergehen wird. Und alle, die es nicht rechtzeitig genug schaffen, sich zu retten, werden ebenfalls mit in den Strudel hineingezogen. Daran mußt du immer denken, Myxin.«
    »Ich kämpfe dagegen an.«
    »Nicht gegen den Untergang.«
    »Nein, aber gegen den Schwarzen Tod. Um einen Kampf mit ihm riskieren zu können, muß ich stark und mächtig sein. Das kann ich nicht auf einen Schlag werden. Ich muß etappenweise vorgehen und dafür sorgen, daß ich immer mehr Einfluß gewinne. Ich brauche Reiche, ich brauche Macht, da ich genau weiß, wie stark der Schwarze Tod ist. Nur wenn ich stärker und mächtiger bin, kann es mir gelingen, seinen Terror zu brechen.«
    »Und deinen aufzubauen!«
    »So ist es!« lachte Myxin. »Deshalb werde ich zuerst auch dich aus dem Weg räumen.«
    »Weißt du, was dann geschieht?« fragte Macha Rothaar.
    »Nein. Ich weiß nur soviel, daß du nicht mehr da bist. Das ist eben alles.«
    »Es wird mehr geschehen, wenn ich nicht bin. Viel mehr. Man kann mich nicht töten, man kann auch meine Dienerinnen nicht vernichten…«
    »Ich habe ihnen und dir das Gegenteil bewiesen.«
    »Du hast gesehen, Myxin, und du hast trotzdem nicht gesehen. Mag sein, daß du einige vernichtet hast, aber die anderen leben, und sie werden auch nach dem hier sein, denn auch ich bin da.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Es ist nicht schlimm. Ich wollte dich nur warnen, Myxin, und dir raten, es dir noch einmal zu überlegen.«
    »Das habe ich bereits. Ich brauche dein Land, ich brauche dein Reich. Aber dich brauche ich nicht.«
    »Es ist schlimm, daß du nur so denken kannst, Magier. Dabei solltest du überlegen. Ich bin mächtig, mein Geist wird überleben, und die Treppe der Qualen hat noch Platz.«
    »Was soll das wieder heißen?«
    Macha Rothaar lachte nur. »Ich werde es dir nicht sagen, ich wollte dich nur warnen. Du wirst es merken. Jawohl, merken wirst du es.«
    Myxin ließ sich von diesen Worten nicht beirren. Er wollte wissen, was sie mit ihm vorhatte. Aus Andeutungen wurde er nicht schlau, und vor allen Dingen wollte er einen Blick in ihr Gesicht werfen, das er bisher noch nicht gesehen hatte.
    Aus diesem Grunde trat er so dicht an den Thron heran, wie es eben nur möglich war, streckte den rechten Arm aus, und die fünf Finger seiner Hand wühlten sich in das rostrote Haar der Dämonin.
    Sie zerdrückten es, sie hakten sich fest, über Myxins Lippen glitt ein kaltes Lächeln, denn nun war es soweit.
    Mit einem Ruck zog er den Kopf hoch.
    Er spürte dabei, wie spröde das Haar war. Es schnitt in die Haut zwischen seinen Fingern, als hätte er zahlreiche Rasierklingen angefaßt, und er
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