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0357 - Die Treppe der Qualen

0357 - Die Treppe der Qualen

Titel: 0357 - Die Treppe der Qualen
Autoren: Jason Dark
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Stimmen.
    Nicht Macha Rothaar war es, die ihn warnte, andere sprachen zu ihm. Die Stimmen der Diener. Sie drangen aus dem Unsichtbaren und erfüllten die Stätte des Todes mit ihrem geheimnisvollen und dennoch verständlichen Raunen.
    »Tu es nicht. Mach es nicht. Laß sie leben. Du wirst Unglück haben. Wer Macha Rothaar tötet, verliert. Er kann nichts dabei gewinnen. Und gerade du darfst sie nicht töten. Gerade du…«
    Myxin ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil, er hob den Kopf und lachte hart.
    »Gerade du…«
    Um die Worte kümmerte er sich nicht, konzentrierte seine starken magischen Kräfte auf die zupackenden Hände und sah, daß sie anfingen zu wirken.
    Der erste Erfolg stellte sich ein, denn die zuckenden, grünen Strahlen drangen in das Gesicht hinein und ließen die teigige Masse plötzlich durchsichtig werden.
    Ein Muster aus Blitzen erfüllte den Kopf. Noch tat sich nichts, Myxin hoffte nur stark, daß seine Kraft auch ausreichte, um Macha Rothaar zu zerstören.
    Die Königin besaß trotzdem ein Gesicht. Es war verschwunden gewesen, und erst durch Myxins magische Kraft wurde es wieder hervorgeholt.
    Ein grauenhaftes Bild entstand, und es schob sich in das Innere der Masse hinein.
    Die Königin der Gesichtslosen bestand aus weichen, gummiartigen Knochen, die so verteilt waren, daß sie die teigige Masse auch zusammenhielten. Sie quoll und drehte sich um die Knochen herum, die, als die Blitze noch stärker wurden, die ersten Zeichen der Verwesung abgaben. Sie lösten sich auf, begannen zu zucken und wurden dabei ebenso weich wie die Masse, die sie umgab.
    Es war schrecklich…
    Ein Mensch, wenigstens hätte so empfunden, aber Myxin war kein Mensch, sondern ein Magier. Er konnte und wollte vernichten, und er setzte alles ein, was ihm an Kraft zur Verfügung stand.
    Die Königin starb.
    Noch ein letztes Mal bäumte sie sich auf, kämpfte gegen ihre Vernichtung, und Myxin vernahm die flüsternden Worte. »Es wird dir nicht gelingen, mich zu besiegen. Ich bin einfach zu stark. Ich werde deinen Weg immer kreuzen, Myxin. Soviel Zeit kann überhaupt nicht vergehen, daß sie meine Rache überdeckt. Wir kommen zusammen, wir beide, Myxin. Wir werden uns wiedersehen, und du wirst noch bereuen, daß du diese Tat vollbracht hast. Gerade du, Myxin!«
    Der kleine Magier lachte schallend. Für ihn waren die Worte als Ablenkung gedacht. Er wollte sie nicht ernst nehmen, und über seine Lippen drangen Laute, die als schaurige Echos durch die Kabine hallten, in der die Königin starb.
    »Myxin, du bist ein Mörder. Du bist der Mörder… du bist …«
    Noch einmal zuckte der Körper, während das »Gesicht« und der Kopf von einem tödlichen Blitzgewitter aus Strahlen erfüllt waren.
    »Du bist der Mörder deiner Mutter, Myxin…«
    ***
    DU BIST DER MÖRDER DEINER MUTTER!
    Diesen Satz hatte der kleine Magier vernommen, und er war kaum noch in der Lage, ihn zu verkraften. Gefühle waren für ihn bisher fremd gewesen, doch nun brandeten sie aus seinem Innern heraus an die Oberfläche, und er konnte es nicht fassen.
    Wenn jemand starb, log er nicht. In der letzten Sekunde seiner Existenz sagte er die Wahrheit. Da reagierten Dämonen ebenso wie Menschen, und auch Macha Rothaar hatte keinen Grund gehabt, Myxin in ihrer Todessekunde ins Gesicht zu lügen.
    Das wußte der Magier. Auch bei ihm dauerte es eine Weile, bis er begriffen hatte, und seine tötenden Hände zuckten aus der weichen Gesichtsmasse zurück.
    Er stand da, hatte die Arme ausgebreitet und schüttelte sich. Es geschah nicht einmal freiwillig. Er hatte den Mund geöffnet, das Gesicht nahm eine tiefgrüne Farbe an, und er starrte auf den Körper seiner Mutter.
    Sie starb.
    Myxin hätte sie retten können. Es war ein Gedankensprung zu spät gewesen, seine furchtbare Magie hatte auch bei Macha Rothaar gewirkt.
    So schaute er zu, wie die Königin der Gesichtslosen auf ihrem Stuhl zusammensackte.
    In Etappen geschah dies. Die Kraft verließ ihren Körper und löste ihn gleichzeitig auf.
    Aus dem Gesicht wurde eine schleimige Masse, die Ähnlichkeit mit der eines Ghouls aufwies.
    Langsam rann die Masse nach unten, und auch der Körper löste sich auf. Als Myxin gegen ihn drückte, stellte er fest, daß der Schleim unter dem langen Kleid hervorrann, aber die Knochen nicht aufgelöst hatte. Er lief nur weg, um das freizulegen, was von Macha Rothaar zurückgeblieben war.
    Ein weißes Skelett!
    Myxin starrte darauf, ohne es eigentlich begreifen zu können.
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