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0357 - Die Treppe der Qualen

0357 - Die Treppe der Qualen

Titel: 0357 - Die Treppe der Qualen
Autoren: Jason Dark
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automatisch nach rechts, ohne allerdings etwas erkennen zu können. Nur mehr das Restlicht der Sonnenstrahlen lag auf der Treppe und hinterließ einen feinen rötlichen Schleier.
    »Ich sehe nichts…«
    »Das sollst du auch nicht. Oder sei froh. Die Königin wird bestimmt noch kommen.«
    Daran glaubte ich auch und erinnerte mich wieder an meine eigentliche Aufgabe, deretwegen ich überhaupt gekommen war. Ich hatte vorgehabt, Mandra zu befreien.
    Das sagte ich ihm noch einmal mit aller Deutlichkeit.
    Er lachte nur bitter. »Wie willst du so etwas anstellen, John? Du kannst mich nicht befreien.«
    »Ich will deinen Körper haben. Wo befindet er sich, Mandra? Du weißt so viel. Sage es!«
    »Er ist nicht vernichtet.« Bei dieser Erklärung hatte Mandras Gesicht einen etwas erleichterten Ausdruck angenommen. »Aber mein Körper und mein Geist können nicht mehr zusammenfinden. Etwas hat sie zerrissen.«
    »Was denn?«
    »Kataya!« Jetzt sprach er den Namen wieder aus. »Das Fratzengesicht stand damals unter seinem Einfluß. Es tat, was Kataya befahl. Deshalb stecke ich in der Planke, und Kataya hat es nicht geschafft, mich davon zu befreien. Auch du wirst es nicht.«
    »Da bin ich mir nicht sicher. Jedenfalls befindest du dich in der Treppe. Garuda, der Adler, gab mir diesen Tip. Und es muß einfach einen Weg für dich geben, aus der Treppe herauszufinden, damit du dich wieder in einen normalen Menschen verwandeln kannst. Den Anfang jedenfalls haben wir gemacht.«
    »Ich danke dir, John, daß du dich meinetwegen in Lebensgefahr begeben hast, Ja, es gibt einen Weg, da bin ich mir sicher. Ich weiß nur nicht, welchen. Zunächst liege ich fest, kann nichts tun und muß abwarten.«
    Ich lachte scharf. »Das kriegen wir schon, Mandra. Schließlich muß ich dir noch einen Dolch zurückgeben.«
    »Du hast alle?«
    »Nein, zwei fehlen noch, aber die finde ich auch.« Nach diesen Worten beendete ich den Dialog mit meinem indischen Freund, weil sich trotzdem etwas verändert hatte und dennoch alles gleichgeblieben war.
    Die Sonne war fast im Meer versunken. Nur noch ein schmaler Streifen schaute hervor. Die Stufen wurden nicht mehr angeleuchtet.
    Aber sie strahlten von innen.
    Es waren die Gesichter der Toten, die dafür sorgten. Sie gaben ein fahles Licht ab, das man auch mit dem Wort leichenblaß umschreiben konnte, und es paßte in diese Atmosphäre hinein.
    Je weiter ich nach unten schaute und mich mit den Blicken immer mehr den skelettierten Schädeln näherte, um so bleicher und heller wurden die Stufen und um so schärfer konturiert stachen diese widerlichen Totenschädel hervor.
    Sie bewegten sich nicht. Stumm und starr lagen sie in den Stufen der Treppe mit ihren unheimlich wirkenden Glotzaugen und den aufgerissenen Mäulern.
    »John, es beginnt!«
    Mandras flüsternde Warnung erreichte mich, so daß ich den Kopf drehte und wieder in sein Gesicht schauen konnte.
    Sein Blick war nach links gerichtet. Die Augen zeigten einen ängstlichen Ausdruck, ich verstand die Geste mit den Augen und schaute ebenfalls in die Richtung.
    Er hatte nicht gelogen, es begann tatsächlich.
    Innerhalb der Treppenstufe, auf der ich stand, zeichneten sich die Umrisse eines weißen Skeletts ab…
    ***
    Das mußte die Königin im Land der Gesichtslosen sein!
    Ich spürte einen Klumpen im Magen, und noch einmal meldete sich Mandra Korab. »Sie ist nicht mehr gesichtslos. Sie ist verwest, aber sie ist zurückgekehrt.«
    »Hat sie einen Namen?«
    »Ja, Macha Rothaar. Merke ihn dir gut, John. Vielleicht wird sie es sein, die dich umbringt…«
    Mandra Korab fügte nichts mehr hinzu. Es war auch gut so, denn mich lenkte das Skelett zu sehr ab.
    Noch befand es sich in der Stufe, aber ich sah an seinen Bewegungen, wie es aus einer fast gläsern wirkenden Tiefe allmählich in die Höhe gedrückt wurde.
    Obwohl es noch in dem Stein schwebte, konnte ich schon jetzt behaupten, daß ich ein ähnliches Skelett noch nie gesehen hatte, was die Farbe anging.
    Als kreide- oder schneeweiß konnte man Macha Rothaar bezeichnen. Diese Farbe stand im krassen Gegensatz zu der des Schwarzen Tods. Jemand schien es angestrichen zu haben. Es schimmerte wie der Lack einer hellen Gartenbank.
    Und es kam.
    Ich schaute zu, wie es sich aus der Stufe drückte, als wäre diese überhaupt nicht vorhanden. Die knöchernen Hände hatte es dabei gedreht, als wollte es sich abstützen, und es schob sich so aus der Stufe hervor, daß es mit dem Schädel zuerst ins Freie dringen
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