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032 - Seelenträger

032 - Seelenträger

Titel: 032 - Seelenträger
Autoren: Bernd Frenz
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seiner Sinne ist, schlüpfte er in die Uniform und zog die Stiefel an.
    Anfangs dachte er noch, dass er weiter träumen würde, doch das beklemmende Gefühl, das seinen Brustkorb schmerzhaft einschnürte, belehrte ihn eines Besseren.
    Fassungslos versuchte er die Gewalt über seine Muskeln zurück zu erlangen, aber je mehr er sich konzentrierte, desto stärker wuchs die Gewissheit, dass er ein Gefangener in seinem eigenen Körper war.
    Wehr dich nicht Maddrax. Es muss sein!
    Diesmal war die Stimme dunkler, älter, näher an ihm dran. Fast so, als wäre sie nicht nur in seinem Kopf erklungen, sondern auch dort entstanden.
    Mit ungelenken Bewegungen wankte Matthew zur Tür. Seine Beine wackelten wie bei einer Marionette, die von einem zitternden Spieler geführt wurde.
    Was geschieht mit mir?, fragt er sich.
    Hatte ein Telepath von ihm Besitz ergriffen, oder war er schlicht dem Wahnsinn verfallen?
    Matt fühlte sich wie eine gespaltene Persönlichkeit, in deren Brust zwei verschiedene Seelen wohnten.
    Vielleicht eine Nachwirkung der virtuellen Realität [2] in die der Weltrat ihn versetzt hatte? War sein Geist dabei irreparabel geschädigt worden?
    Matt öffnete die Tür und stolperte auf den Gang hinaus, den eine Öllampe in schummriges Licht tauchte. Nicht überall gab es elektrischen Strom; nur die wichtigsten Gebäude und Straßenzüge wurden damit versorgt. Jeder Schritt war eine Qual, die weiteren Schweiß aus seine Poren treten ließ. Er fühlte sich besudelt, wie von einer fremden Macht missbraucht.
    Trotzdem stolperte er weiter, die Treppe hinunter, auf die Straße hinaus. Die kalte Nachtluft erfrischte ihn ein wenig.
    Sein Sichtkreis war eingeengt, trotzdem bemerkte er zwei Gestalten, die ihm entgegen kamen. Obwohl die Temperaturen in der vergangenen Woche gestiegen waren - der Frühling hielt endlich auch in Washington Einzug -, trug das Pärchen dicke Fellmäntel. Die weißen Atemwolken, die vor ihren Lippen kondensierten, bestätigten deutlich, wie angebracht die wetterfeste Kleidung war.
    Matthew dagegen glaubte innerlich zu verbrennen. Der geheimnisvolle Ruf, dem er folgen musste, schien seinen Körper aufzuheizen. Er wollte schreien, auf sich aufmerksam machen, doch statt eines Hilferufs brachte seine Kehle nur ein trockenes Krächzen zustande.
    Das Pärchen sah angewidert zur Seite, als er sich an der Hauswand abstützte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Sie hielten ihn für einen Betrunkenen, der die Orientierung verloren hatte.
    Matt stolperte vorwärts. Mit jedem Meter, der er zurücklegte, wurde seine Koordination besser. Die Beine bewegten sich von alleine, als würden sie ihr Ziel ganz genau kennen. Wie von einer unbekannten Macht getrieben taumelte er schneller vorwärts.
    Schon nach wenigen Straßenzügen schrie jede Faser in seinem Leib nach einer Pause. Matt versuchte anzuhalten, zu verschnaufen - doch der Drang, das Ziel zu erreichen, wurde immer stärker.
    Plötzlich meinte er den Geruch von Wasser wahrzunehmen und das gab ihm neue Kraft. Ja, es war die Sehnsucht nach dem Fluss, nach dem Potomac River, die ihn in Richtung Stadtmauer trieb. Dieser Erkenntnis folgte umgehend die Frage, was er dort eigentlich wollte? Doch die Stimme, die er gehört hatte, gehört zu haben glaubte, blieb fortan stumm.
    Zwanzig Minuten lang irrte er wie betäubt durch die Überreste der ehemaligen Hauptstadt, querte die 18. und
    19.Straße, an deren Ecken sich jugendliche Streuner um brennende Feuertonnen scharten. Die abgerissenen Gestalten beachteten ihn nicht weiter, vermutlich weil sie ihn für einen der ihren hielten.
    Zielstrebig taumelte Matt weiter, bis er ein restauriertes Viertel erreichte, das erneut von Laternen beleuchtet wurde.
    Die Kohleförderung im Süden von Pennsylvania lief längst wieder auf Hochtouren, wie Matt erfahren hatte.
    Obwohl die alten Minen mit reiner Muskelkraft abgebaut wurden, reichte die geförderte Menge aus, um in Washington ein Kohlekraftwerk zu betreiben, das den intakten Stadtkern mit Strom versorgte.
    Natürlich nur die Häuser und Straßen, in denen Bürger lebten, die Abgaben leisteten.
    Am Rande nahm Matt wahr, dass er den ehemaligen Bezirk Foggy Bottom erreichte.
    Die Häuserblöcke zwischen der 21.
    und 23. Straße, die er noch aus seiner Zeit bei der Andrew Air Force Base kannte, waren dreistöckigen Bauten gewichen.
    Dies war das Handelsviertel von Waashton, das bis an das Becken des ehemaligen Tidal Basin reichte, der als sicherer Stadthafen füngierte.
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