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030 - Hexensabbat

030 - Hexensabbat

Titel: 030 - Hexensabbat
Autoren: Dämonenkiller
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gelang.
    »Willst du eine Zigarette?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich rauche nicht.«
    Er nickte. »Das ist auch nichts für kleine Mädchen.« Er bückte sich und holte eine Zigarette aus seiner Schultasche. Dann steckte er sie sich zwischen die Lippen und riß ein Streichholz an. Ich schaute fasziniert zu, wie er den Rauch inhalierte. Nur ein einziges Mal hatte ich bisher überhaupt an einer Zigarette gezogen, und mir war dabei furchtbar schlecht geworden.
    »Wo wohnst du, Coco?«
    »In Wien. Ich bin bei meinem Onkel zu Besuch. Bei Cyrano von Behemoth.«
    Rupert sog noch einmal an der Zigarette, dann warf er sie zu Boden und drückte sie aus. Seine Miene hatte sich verändert. Vorher war sie spöttisch gewiesen, mit einem leicht amüsierten Ausdruck um die Lippen; jetzt aber wirkte sie plötzlich abweisend. Er griff nach dem Hemd und schlüpfte hinein.
    »Kennst du meinen Onkel?«
    Er nickte stumm.
    »Magst du ihn nicht?«
    Er schaute mich flüchtig an. »Nein. Niemand mag ihn.«
    »Aber er hat doch niemandem etwas getan.«
    »Das interessiert mich nicht.« Er knöpfte das Hemd zu. »Ich will mit ihm nichts zu tun haben und auch nicht mit den Leuten, die bei ihm sind.«
    »Aber weshalb?«
    »Da fragst du noch?«
    »Ich weiß es wirklich nicht. Ich bin doch erst seit drei Tagen bei ihm.«
    Rupert stopfte das Hemd in die Hose. »Wohnt Vera noch bei ihm?«
    »Ja. Sie ist meine Schwester.«
    »Dann will ich auch mit dir nichts mehr zu tun haben.«
    »Aber weshalb? Hat sie dir etwas getan?«
    Rupert lachte bitter. »Das kann man wohl sagen. Sie ist bösartig, hinterlistig und gemein.« Er sah mich verächtlich an. »Und wenn sie deine Schwester ist, dann wirst du auch nicht anders sein.«
    »Ich bin anders«, sagte ich heftig und stand auf. »Ganz anders. Ich verstehe mich mit Vera überhaupt nicht. Wir konnten uns nie gut leiden.«
    »Vielleicht ist das sogar die Wahrheit«, meinte er. »Aber ich gehe kein Risiko ein. Ich habe die Nase voll von Vera – und genauso von jedem, der mit ihr zu tun hat. Alle Kinder in den umliegenden Dörfern haben genug von ihr.« Er holte die Angel ein, löste den Wurm vom Haken und legte das Gerät unter den umgefallenen Baum. Dann packte er einfach seine Taschen und ging davon.
    Ich schaute ihm verwirrt nach. Er verschwand in einem kleinen Wäldchen und war nach wenigen Sekunden nicht mehr zu sehen. Ich starrte nachdenklich hinaus auf den See. Dann setzte ich mich und faltete die Hände im Schoß. Ich war anders, das wußte ich. Anders als die anderen Kinder … Aber das hieß noch lange nicht, daß ich so sein wollte wie meine Schwester Vera. Im Gegenteil, ich versuchte mich den normalen Leuten anzupassen, aber meine Verwandten machten es mir nicht leicht.
    In meiner Familie galt ich als Außenseiterin. Meine Brüder und Schwestern machten sich lustig über mich. Auch die normalen Menschen wandten sich von mir ab. Ich hatte nicht einmal eine Freundin.
    Vor meinem Vater hatte ich schon als kleines Mädchen eine panische Angst gehabt, und meine Mutter hatte mich mehr oder minder ignoriert. Jahrelang. Ich fand keinen Spaß an den Grausamkeiten, die meine Geschwister begingen. Es bereitete mir kein Vergnügen zu sehen, wie wehrlose Geschöpfe von ihnen brutal gequält und gefoltert wurden. War ich deswegen schlechter als sie?
    Ich schloß die Augen und genoß die Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht. In solchen Momenten machte mir die Einsamkeit schwer zu schaffen. Mir graute davor, ins Schloß meines Onkels zurückzukehren, denn vor Cyrano von Behemoth verspürte ich fast genauso viel Angst wie vor meinem Vater.
    Deswegen hatte man mich schließlich zu ihm geschickt: damit er meine Erziehung übernahm und eine richtige Zamis aus mir machte …
    Cyrano hatte eine Engländerin bei sich – ein unglaublich bösartiges Weib. Ihr Name war Sandra Thornton. Sie lebte seit zwei Jahren auf dem Schloß und war eine erfahrene Hexe, die Veras und meine Fähigkeiten richtig zur Entfaltung bringen sollte. Bei Vera war der Erfolg geradezu durchschlagend: Meine Schwester hing wie eine Klette an Sandra und betrachtete sie anscheinend als eine Art Vorbild. Ich dagegen hatte bisher jede Gelegenheit genutzt, Sandra aus dem Weg zu gehen.
    Langsam stand ich auf und strich das Kleid glatt. Ich warf einige Steine ins Wasser und dachte an Rupert Schwinger, der mir so gut gefallen hatte. Sein bronzefarbenes Gesicht mit den weißblonden Haaren ging mir nicht aus dem Sinn. Ich hätte viel dafür gegeben, ihn näher
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