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030 - Die zweite Realität

030 - Die zweite Realität

Titel: 030 - Die zweite Realität
Autoren: Michael J. Parrish
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sich legen, glauben Sie mir…« O ja, dachte Matt bitter bei sich. Und wie sich alles legen wird! Vor allen Dingen werde ich mich legen - und zwar auf die Psychiatercouch… Er kam sich vor wie ein Idiot. Lang gestreckt lag er auf der Ledercouch, die Dr. Sirwig in seinem Arbeitszimmer stehen hatte, starrte zur schmucklosen Decke des Raumes empor - und berichtete. Erzählte, was ihm in den vergangenen Monaten widerfahren war. Nicht dass er darauf gebrannt hätte, sich jemandem mitzuteilen - schon gar nicht einem Arzt, der sich als Psychofritze herausgestellt hatte. Doch dies schien der einzige Weg zu sein, seine Fluglizenz zurück zu bekommen. Und wenn es überhaupt etwas gab, was Matt wirklich haben wollte, was ihn daran hinderte, an dem Chaos in seinem Kopf zu verzweifeln - dann war es die Aussicht, bald wieder fliegen zu dürfen. Sirwig saß neben Matt auf einem lederbezogenen Sessel und machte sich fortwährend Notizen.
    Ein digitales Aufnahmegerät, das Bild- und Tondaten lieferte, lief außerdem mit, hielt jeden einzelnen Moment von Matts Bericht fest. Matthew erzählte alles, woran er sich erinnern konnte. Angefangen von seinem Absturz in den Alpen und seinem ersten Zusammentreffen mit Aruula, von seiner Suche nach seinen Kameraden, die ihn quer durch Westeuropa getrieben hatte. Er berichtete, auf welch groteske Wesen er bei seinen Reisen gestoßen war, erzählte von Taratzen, von Wulfanen und Amazonen, von Technos und Hydriten. Er berichtete, wie er auf seine Freunde gestoßen war, wie Hank und Irvin gestorben waren und wie er langsam hinter das Geheimnis dieser fremden und doch so vertrauten Welt gekommen war. Es war die Welt der Zukunft, das Jahr 2516, funfhundertvier Jahre nach dem Einschlag von »Christopher-Floyd«. Matt erzählte von seiner Reise nach England, von seiner gefahrvollen Überfahrt nach Amerika, von der neuen Regierung der Vereinigten Staaten. Und von seinem jähen Erwachen. Nachdem er mit seinem Bericht geendet hatte, hielt Sirwig eine Weile inne und blätterte schweigend die Notizen durch, die er sich gemacht hatte. »Alle Achtung, Commander«, meinte er dann. »Das ist erstaunlich, ganz erstaunlich.«
    »Was meinen Sie?«, fragte Matt. »Nun, ich bin seit fünfundzwanzig Jahren für das Militär tätig und untersuche Fälle posttraumatischer Syndrome. In dieser Zeit hatte ich wiederholt mit Patienten zu tun, die sich aufgrund extremer physischer wie psychischer Belastungen in geistige Traumwelten flüchteten - doch noch nie habe ich von einem Fall gehört, in dem ein Patient derart präzise von seinen Erfahrungen in der Traumwelt berichten konnte. Das System, das Sie schildern, diese zerstörte Welt, ist von erstaunlicher Komplexität. Geradezu unglaublich…«
    »Was bedeutet das?«, erkundigte sich Matt.
    »Bin ich verrückt? Habe ich den Verstand verloren?«
    »Nein, Commander.« Sirwig schüttelte den Kopf.
    »Ganz im Gegenteil - ich halte die Komplexität Ihrer Wahnvorstellungen für ein gutes Zeichen. Sie deuten lediglich darauf hin, dass Ihr Unterbewusstsein es verstanden hat, die extremen Stressoren zu meistern.«
    »Extreme Stressoren?« Matt verstand kein Wort.
    »Denken Sie, in welcher Situation Sie sich befanden. Der herannahende Komet, das drohende Ende der Menschheit. Dann der Flugzeugabsturz. Ich weiß, dass Sie für Extremsituationen ausgebildet wurden, Commander - aber so etwas wäre für jeden zu viel. In der menschlichen Psyche gibt es so etwas wie eine Hauptsicherung. Die ist bei Ihnen durchgebrannt, als sie nach dem Absturz ohnmächtig wurden. In der Folge hat ihr Unterbewusstsein die Steuerung Ihres Körpers übernommen, um ihrem Bewusstsein eine Erholungspause zu verschaffen. Während des Komas war es fortwährend damit beschäftigt, die gemachten Erfahrungen zu bewältigen.«
    »Soll das heißen…?«, begann Matt verblüfft. »… dass alles, was Sie erlebt haben, sich nur in Ihrem Unterbewusstsein abgespielt hat? Dass es Reflexionen Ihrer Umgebung waren? Der Erfahrungen, die Sie gemacht haben?« Sirwig nickte.
    »Ja, Commander.«
    »Nein!« Matt schüttelte trotzig den Kopf. »Das ist Bullshit, Doktor, und das wissen Sie. Niemand könnte sich so etwas einfach nur ausdenken.«
    »So? Und was ist mit der Kranken- schwester, von der Sie mir erzählt haben? Schwester Ruler? Wollen Sie bestreiten, dass Sie Ihrer Aruula zum Verwechseln ähnlich sieht?«
    »Nein, Doc, das will ich nicht«, entgegnete Matt, »aber es könnte ebenso gut Zufall gewesen
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