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030 - Die mordende Anakonda

030 - Die mordende Anakonda

Titel: 030 - Die mordende Anakonda
Autoren: Larry Brent
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Festland und wissen
mehr als ich. Man spricht hier nicht viel über Beam. – Sie wollen also wirklich
hin?«, fragte er unvermittelt.
    »Ja, natürlich.« Sioban begriff die Frage nicht. »Ich wüsste nicht, warum
ich es unterlassen sollte.«
    Der Alte beschäftigte sich ganz mit seiner Pfeife. Er versuchte sie wieder
anzuzünden, doch der verhältnismäßig starke Wind, der hier am Ufer wehte, blies
ihm ständig das Streichholz wieder aus.
    »Es ist nicht viel los auf der Insel in diesem Jahr. Der Sommer ist zu
feucht und zu kühl. Wir hatten noch nie so viel Regen.« Der Fischer warf einen
Blick hoch zum bewölkten Himmel. »Im Westen braut sich wieder etwas zusammen.
Es treibt genau auf Inishkea zu. Das Meer ist unruhig.«
    Das, was er jetzt sagte, passte nicht im Entferntesten zu dem, worüber sie
eben gesprochen hatten. Was hatte das Wetter mit James Beam und dem kleinen
abseits stehenden Haus zu tun?
    Spätestens in diesem Augenblick war Sioban McCorkan völlig überzeugt, dass
der Fischer verkalkt und nicht mehr Herr seiner Sinne war. Er sprach verworren
und völlig zusammenhangloses Zeug.
    Die Irin lächelte und nahm den Koffer wieder auf. »Ich danke Ihnen für Ihre
Auskunft. Eine Bitte allerdings hätte ich noch an Sie. Können Sie mir einen
Tipp geben, wo ich hier einen fahrbaren Untersatz bekomme, um noch vor Anbruch
des Unwetters zu Beams Hütte zu kommen? Ein Taxi, eine Kutsche ...«
    »Es gibt nur zwei Taxis auf der Insel, Miss.« Der Alte kicherte. Am besten
war es, sie ging einfach weiter und kümmerte sich nicht um diesen seltsamen
Kauz.
    »... und der Besitzer der Taxis hat wohl schon alles vorbereitet für die
Winterzeit. Außer drei Amerikanern sind im Augenblick keine Fremden auf der
Insel. Sie könnten mit einer Pferdekutsche fahren. Davon gibt es mehrere.
Schöne Kutschen, extra für Touristen zurechtgemacht. Sie lieben doch das
Romantische, haben Sie vorhin gesagt, nicht wahr?«
    Sioban hörte nicht mehr zu. Sie griff nach ihrem Koffer und entfernte sich
von der Kaimauer.
    »Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, Miss«, hörte sie die laute
Stimme des Alten hinter sich. »Kehren Sie um! Die nächste Fähre geht in fünf
Stunden. Fahren Sie zurück aufs Festland! Quartieren Sie sich nicht bei Beam
ein ...!«
    Das hübsche Mädchen wandte sich nicht mehr um.
    Auf der breiten sauberen Straße näherte sich Sioban der Baumreihe, hinter
der die ersten Wohnhäuser, Pensionen und kleinen Hotels begannen.
    Etwa fünfzig Meter entfernt fiel ihr ein neues, sehr modern gebautes Hotel
auf.
    Es war Donovan Odds Hotel. Sioban wusste nicht, dass dieses Hotel einmal –
zumindest die Grundmauern dazu – einmal auch jenem Mann gehört hatten, den sie
jetzt zu besuchen gedachte: James Beam.
    Die Irin wandte sich nach rechts und näherte sich dem modernen Gebäude.
Dort stand eine farbenfrohe Kutsche, vor die ein Rappe gespannt war.
    Der Kutscher rechnete offenbar damit, dass einer der drei Amerikaner, die
sich in dem Superhotel der Insel einquartiert hatten, auf die Idee käme, sich
fahren zu lassen. Doch dazu hätte mehr Sonne scheinen müssen.
    Sioban sprach den Kutscher an, der gelangweilt in einer Zeitschrift
blätterte.
    »Sind Sie frei?«, fragte sie lachend.
    Die Situation sprach für sich. Ihre Worte waren völlig fehl am Platz. Der
Kutscher hatte Sioban McCorkan nicht kommen gehört. Er zuckte zusammen. »Ja,
ja, natürlich, Miss.« Er sprang vom Bock herunter, öffnete ihr diensteifrig die
Tür und nahm der jungen Irin den Koffer ab. »Wo darf ich Sie hinbringen?«
    Sioban, die sich auf die rotgepolsterte Bank niederließ, wandte den Blick.
    »Zur Hütte von James Beam.« Es war, als würde alles Leben aus dem Kutscher
weichen.
    »Tut mir leid, Miss«, sagte er mit dumpfer Stimme, und er setzte das Gepäck
der jungen Irin wieder auf den feuchten Boden. »Bitte, steigen Sie aus! Ich
hätte mir die paar Schilling gerne verdient – aber nicht unter diesen
Umständen!«
    Siobans Blick verfinsterte sich. Sie war schon mit den seltsamsten Menschen
fertig geworden, aber seit ihrer Ankunft auf Inishkea schien sich irgendetwas
verändert zu haben. Entweder sie litt unter geistigen Störungen – oder aber die
Menschen verhielten sich tatsächlich so, wie sie es registrierte.
    Sie kannte die Mentalität der irischen Bevölkerung und wusste auch, dass
man gerade auf den zahllosen Inseln sehr merkwürdig und abergläubisch war. Aber
was, zum Teufel, hatte das alles mit James Beam zu tun? Sobald sie
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