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03 Arthur und die Stadt ohne Namen

03 Arthur und die Stadt ohne Namen

Titel: 03 Arthur und die Stadt ohne Namen
Autoren: Ruebenstrunk Gerd
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entgegen. Ein strahlendes Licht ging von den Seiten aus und erhellte die bleichen Gesichter der Kinder. Ihre Züge verzerrten sich, als würden sie von einer unsichtbaren Kraft angesogen.
    Auch das Gesicht des Mädchens, das uns gerade noch angefleht hatte, veränderte sich. Es streckte sich in die Länge, als würde es von zwei unsichtbaren Eisenklammern zusammengepresst. Der Mund zog sich zu einem großen Oval auseinander, bis der ganze Kopf nur noch daraus zu bestehen schien. Ein dunkles Etwas presste sich zwischen ihren Lippen hervor. Wie eine schwarze Wolke flog es auf uns zu. Kurz bevor es uns erreichte, teilte es sich und legte sich direkt über unsere Gesichter.
    Eine dunkle, klebrige Masse bedeckte meine Augen, breitete sich über meine Haut aus und verschloss mir Mund und Nase, bevor ich reagieren konnte.
    Ich hörte Larissa einen erstickten Laut ausstoßen. Warum schützte uns das Buch der Leere nicht? Warum kamen uns die Zeitlosen nicht zu Hilfe?
    Ich konnte nicht mehr atmen und in meinem Kopf begann es zu summen. Ich ließ das Buch der Leere fallen und versuchte, mir die Masse vom Gesicht zu reißen. Vergeblich. Sie war bereits wie eine zweite Haut mit mir verschmolzen. Aus dem Augenwinkel sah ich Larissa ebenfalls mit dem fremdartigen Angreifer kämpfen.
    Ich spürte, dass uns nicht mehr viel Zeit blieb. Sollte das unser Ende sein? Dann musste ich unbedingt noch eines tun.
    Ich streckte meinen Arm aus, nahm Larissas Hand und drückte sie, so fest ich konnte.
    »Ich liebe dich«, krächzte ich. Wegen der Masse in meiner Kehle hörte es sich an wie »I-i-i.«
    Aber Larissa verstand mich.
    Sie drehte ihren Kopf zu mir. »I-i-i-a«, hörten meine Ohren, aber mein Herz verstand sie besser: »Ich liebe dich auch.«
    Und in dem Augenblick war es vorbei.
    Die schwarze Masse löste sich in nichts auf.
    Wo gerade noch die Schatten gestanden hatten, befand sich nun ein gähnendes Nichts.
    Sie waren einfach verschwunden. Ohne Knall, ohne große Effekte. Einfach weg.
    Ich schaute zu Larissa und nahm ihre Hand. Sie erwiderte meinen Blick und deutete dann auf das Buch der Leere, das aufgeschlagen vor uns auf dem Boden lag. Die Seiten begannen, sich mit Worten und Bildern zu füllen.
    Vorsichtig knieten wir uns hin und blätterten darin. Wir konnten das Buch jetzt berühren, ohne dass es uns die Kraft aus dem Körper saugte. Prachtvolle, verschnörkelte Illustrationen schmückten die Seiten, unterbrochen von handgeschriebenen, verzierten Texten in einer uns unbekannten Sprache.
    Aber wir verstanden den Inhalt auch ohne die Worte.
    Vor uns lag die Geschichte der Vergessenen Bücher, vom Augenblick ihrer Entstehung vor vielen, vielen Tausend Jahren bis heute. Das Buch erzählte von mächtigen Reichen, glitzernden Palästen und prachtvollen Gärten, aber auch von dunklen Zauberern, verbotenen Geheimnissen und schrecklichen Wesen, die unter der Erde lauerten. Und es erzählte von der Kraft der Liebe.
    Larissa riss sich als Erste los. »Meine Eltern!«, rief sie und sprang auf.
    Der Maure stand bereits an dem Stein, auf dem die beiden lagen, und half gerade Pomet, der versuchte, sich nach oben zu ziehen. Er befreite Larissas Eltern von ihren Fesseln. Dann ließ er sie vorsichtig in die Arme des Mauren herab.
    Sie waren erschöpft, aber die Schatten hatten ihnen nichts angetan. Larissa fiel erst ihrer Mutter und dann ihrem Vater um den Hals.
    Der Maure kam zu mir und nahm mir das Buch der Leere, das nun nicht mehr leer war, aus der Hand.
    »Jetzt weißt du, warum nur ihr die Schatten besiegen konntet«, sagte er. »Denn nur das Leben kann das Nichts überwinden. Und die Liebe, ohne die das Leben nichts ist.«
    »Und die Bücher?«, fragte ich und zeigte auf die zwölf Bände, die immer noch auf dem Boden lagen.
    »Sie besitzen keine Macht mehr. Alles, was sie einmal waren, steckt jetzt hier drin.« Er deutete auf das Buch der Leere unter seinem Arm. »So wie die Schatten selbst.«
    »Aber ist das nicht viel gefährlicher? All die Energie in nur noch einem einzigen Band?«
    Er lächelte. »Dank eures Mutes nicht. Ihr habt zwei gegensätzliche Kräfte zusammengeführt, die sich gegenseitig aufgehoben haben, so wie Plus und Minus. Alles, was nun bleibt, ist ein ganz normales Buch.« Er machte eine kleine Pause. »Na ja, vielleicht nicht ganz normal. Deshalb behalten wir es auch besser bei uns.«
    »Wenn die anderen zwölf Bücher ihre Kraft verloren haben – können wir sie dann mitnehmen? Als Andenken an unser
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