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029 - Der tätowierte Tod

029 - Der tätowierte Tod

Titel: 029 - Der tätowierte Tod
Autoren: Dämonenkiller
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zurück, um sich dann aber nur noch fester an ihn zu schmiegen.
    »Auch du wirst mir nicht widerstehen können«, flüsterte sie ihm zu und begann zu tanzen.
    Es war ein schöner Tanz. Die Frau hatte einen vollkommenen Körper – nur ihr Geist hatte einen Makel: Es war der kranke Geist einer schwarzen Seele. Während sie tanzte, ließ sie Schleier um Schleier fallen. Dorian verspürte plötzlich den Wunsch, einfach davonzulaufen. Seine Urinstinkte erwachten teilweise, doch sein Selbsterhaltungstrieb gewann die Oberhand. Wenn er blieb, dann war er verloren. Die Frau legte den Gesichtsschleier ab. Dorian erkannte Aysha – die Gehilfin des Tätowierers Meze. Sie betrachtete ihn aus schmalen Augen, in denen so etwas wie Triumph lag – und auch Haß. Sie fühlte sich gedemütigt, daß er sich ihren Verführungskünsten widersetzt hatte, aber sie konnte dennoch triumphieren; denn sie hatte noch eine Waffe – und dieser würde auch er unterliegen.
    Während in Dorian noch der Kampf der einander widerstreitenden Gefühle tobte, legte sie den nächsten Schleier ab, so daß ihr Oberkörper entblößt wurde. Dorian sah die Schlangenaugen auf ihrer Brust. Er sah nur einmal hin und kam nicht mehr davon los.
    Aysha tanzte. Die Augentätowierung schien die Farbe zu wechseln; das gesamte Spektrum des Regenbogens spiegelte sich darin. Aysha wurde zur Schlange – zum Symbol der Versuchung. Sie war die Schlange Ouroboros, die von vielen ophitischen Sekten der Gnosis verehrt wurde. Die Schlange, die sich selbst in den Schwanz biß und so einen Kreis bildete und den endlosen Zyklus der Metamorphosen symbolisierte.
    Dorian sah nur sie – die Schlange. Er war ihr verfallen. Nicht einmal er, der Auserwählte, konnte sich dem Bann der hypnotischen Augen entziehen. Er mußte ihnen überallhin folgen – selbst ins Reich der ewigen Finsternis, zu dem Dämon Srasham, der nur noch ein Opfer benötigte, um zu neuem Leben zu erwachen und seine Herrschaft über die Sterblichen antreten zu können.

    Aysha labte ihn. Ihre sanften Hände massierten seinen vom langen Liegen steifen Körper. Sie benetzte seine Lippen mit einer duftenden Flüssigkeit.
    Dorian spie die Flüssigkeit wieder aus, denn sie war unrein. Als ihm Aysha dann Wasser zu trinken gab, ließ er es gierig seine Kehle hinunterrinnen.
    Aysha verschwand, und das schwitzende Gesicht Mezes erschien über ihm. In seiner Glatze spiegelte sich das Licht der Öllampen. Schwaden intensiv riechender Dämpfe durchzogen das Gewölbe. Manchmal wurde der Rauch so dicht, daß man keine fünf Meter weit sehen konnte; wenn er sich lichtete, sah Dorian den Thron. Er war ein einmaliges Kunstwerk, persischer Herkunft, mit zarathustrischen Symbolen bemalt.
    Auf dem Thron saß die Mumie Srashams. Die Gesichtstätowierung des Dämons war schon zur Hälfte verschwunden. Nicht mehr lange, und Meze hatte sie bis zum letzten Pünktchen auf Dorian Hunter übertragen. Dann …
    Dorian wollte nicht daran denken. Es war besser, alles auf sich zukommen zu lassen und die Entscheidung in die Hände der übergeordneten Mächte zu legen.
    Meze keuchte. Von seinem Gesicht troff der Schweiß auf Dorian hinunter. Er brannte wie Säure auf Dorians Haut. Mezes flinke Hand mit der Tätowiernadel war vor Dorians Gesicht ein Schemen, so rasch führte er die Stiche aus. Dann legte der Tätowierer wieder eine Pause ein. Aber diesmal kam nicht Aysha, um Dorian zu laben, sondern ein anderes Gesicht tauchte auf, das der Dämonenkiller im ersten Moment nicht erkannte.
    »So sieht der Kretin also aus, der sich meines Namens bediente«, sagte der Mann.
    Da wußte Dorian, daß es sich um Juri Samjatin handelte.
    Der Russe trug ein eigenwilliges Gewand, das vorn offenstand. Früher mochte seine Brust dicht behaart gewesen sein, aber er hatte sich die Haare abrasiert, damit seine Tätowierung unter den Stoppeln zu sehen war. Es war ein häßlicher Dämon, der auf seiner Brust leuchtete, mit einem Schädel, breiter als hoch, und mit bis zu den Zehen der kurzen Säulenbeine reichenden Armen. Aus dem Oberkiefer ragten zwei Fangzähne aus dem breiten Maul heraus, und anstelle der Genitalien hatte er ein spitzes Horn.
    Dorian hatte das Gefühl, Samjatins Tätowierung wollte sich auf ihn stürzen. Er schloß die Augen.
    »Unser Plan hat funktioniert«, erklärte Dorian. »Indem ich Ihren Namen annahm, haben wir Sie aus Ihrem Versteck gelockt.«
    »Aber was hat es euch eingebracht?« fragte Samjatin spöttisch. »Ihr befindet euch alle in
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