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028 - Zimmer 13

028 - Zimmer 13

Titel: 028 - Zimmer 13
Autoren: Edgar Wallace
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Gedanken.
    Warum hatte Jeff Legge ihn in die Falle gelockt? Er hatte diesen Banknotenfälscher ein einziges Mal, mehr durch Zufall, gesehen, nie jedoch näher kennengelernt. Der junge Legge konnte nicht wissen, daß der Mann, den er verpfiffen hatte, ihn kannte.
    Schlüssel klirrten, das Schloß knackte. Jonny erhob sich. Er hatte vergessen, daß der Kaplan ihn an diesem Abend besuchte.
    Die Tür schloß sich hinter dem Geistlichen.
    »Setzen Sie sich, Gray.« Er nahm neben Jonny auf dem Bett Platz.
    Seltsamerweise nahm er den Faden von Jonnys Gedanken dort auf, wo er sie unterbrochen hatte.
    »Ich möchte Ihre ehrliche Meinung hören. Dieser Legge, den Sohn meine ich - wie stehen Sie dazu? Es taugt nichts, über wirkliche oder eingebildete Kränkungen zu brüten. Sie nähern sich dem Ende Ihrer Gefangenschaft.
    Wenn Sie die Möglichkeit haben, Ihrem Groll Luft zu machen ... Gray, ich möchte Sie hier nicht wiedersehen!«
    »Sie werden mich hier auch nicht wiedersehen! Was Jeff Legge betrifft, ich habe oft über ihn nachgedacht. Ich weiß wenig von ihm, obwohl ich einiges gehört habe.«
    »Man nennt ihn den ›großen Drucker‹, nicht wahr? Daß er Europa mit falschen Noten versorgt, ist mir natürlich bekannt, auch daß es der Polizei nicht gelungen ist, ihn zu fassen. Das ist doch Jeff Legge?« Jonny gab keine Antwort, und der Kaplan lächelte ein wenig mißvergnügt. »Du sollst nicht verraten - das elfte Gebot, nicht wahr?« fragte er gutmütig. »Ich fürchte, ich bin indiskret gewesen. Wann ist Ihre Gefangenschaft zu Ende?«
    »In sechs Monaten. Es wird mir nicht leid tun.«
    »Was wollen Sie anfangen? Haben Sie etwas Geld?«
    »Ja, ich habe dreitausend im Jahr. Dieser Umstand ist aus gewissen Gründen bei der Untersuchung nicht bekanntgeworden. Nein, am Geld hapert es nicht bei mir, und ich gedenke auch nicht, meine Vergangenheit Lügen zu strafen.«
    »Das heißt, daß Sie nicht die Absicht haben, Ihren Namen zu ändern«, meinte der Kaplan mit einem Augenzwinkern. »Nun, mit dreitausend im Jahr, da kann ich mir denken, daß Sie nicht hierher zurückkehren.« Er griff in die Tasche und zog einen Brief hervor. »Ach ja, fast hätte ich es vergessen - der Vizedirektor hat ihn mir für Sie mitgegeben. Er ist heute früh gekommen.«
    Der Brief war, wie alle Briefe für Sträflinge, geöffnet. Jonny warf einen oberflächlichen Blick auf den Umschlag - er kam nicht, wie er erwartet hatte, von seinem Verteidiger. Er trug die kühnen Schriftzüge Peter Kanes; der erste Brief von ihm seit sechs Monaten. Jonny wartete, bis der Kaplan gegangen war, dann riß er den Brief aus dem Umschlag. Es waren nur wenige Zeilen:
    ›Lieber Jonny, ich hoffe, daß das, was ich Dir mitteilen muß, Dich nicht allzusehr aufregt. Marney heiratet Major Floyd aus Toronto. Ich weiß, daß Dein Herz groß und selbstlos genug ist, um ihr Glück zu wünschen. Der Mann, den sie heiratet, ist ein anständiger Kerl, der sie glücklich machen wird.‹ Jonny legte den Brief auf den Tisch. Die Hände auf dem Rücken, schritt er zehn Minuten lang in seiner schmalen, langen Zelle auf und ab. Marney heiratete! Sein Gesicht war blaß und gespannt. Er blieb stehen, füllte den Becher mit Wasser und hob ihn gegen das vergitterte Fenster, das nach Osten ging.
    »Viel Glück, Marney!« Er trank den Becher leer.
    Zwei Tage später wurde er ins Büro des Direktors gerufen, der ihm eröffnete:
    »Gray, ich habe gute Nachricht für Sie! Sie sollen sofort entlassen werden. Soeben habe ich den Befehl erhalten.«
    »Ich danke Ihnen, Sir.«
    Ein Wärter führte ihn in ein Badezimmer und danach in einen Ankleideraum, wo seine Zivilkleider auf ihn warteten. Er zog sie mit einem seltsam ungewohnten Gefühl an und kehrte in seine Zelle zurück. Der Wärter brachte ihm einen Spiegel und einen Rasierapparat.
    Der Rest des Tages gehörte ihm. Er war ein bevorzugter Mensch und durfte in seiner ungewohnten Kleidung im Gefängnis umherwandern, beneidet von den Männern, die seine Gefährten gewesen waren. Die letzte Nacht in der Zelle konnte er nicht schlafen. Die Gedanken an Marney ließen ihn nicht los. Keinen Augenblick machte er ihr Vorwürfe, und auch ihrem Vater gegenüber empfand er keine Bitterkeit. Es war nur recht und billig, daß Peter Kane tat, was er für seine Tochter als das beste hielt.
    Zum letztenmal drehte sich der Schlüssel in dem mächtigen Schloß. Der rotbärtige Torwächter streckte ihm die Hand hin.
    »Viel Glück auf den Weg«, wünschte er, »und
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