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028 - Zimmer 13

028 - Zimmer 13

Titel: 028 - Zimmer 13
Autoren: Edgar Wallace
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letztes Geschäft. Zu entkommen war kinderleicht gewesen, doch Emanuel begann damit zu renommieren, was für ein schlauer Bursche er wäre, vor allem, wenn er einen Schluck zuviel getrunken hatte. Ein ehrlicher Mann kann trinken und trotzdem in seinem eigenen Bett aufwachen -ein Dieb jedoch, der trinkt, sagt dem Kerkermeister guten Morgen.« Peter Kane brach das Thema ab und fragte: »Jonny, du bist doch nicht etwa traurig, oder -?« Er legte ihm die Hand auf die Schulter.
    Jonny antwortete nicht.
    »Oder doch?«
    »Marneys wegen? Nein, nur ...«
    »Alter Junge, ich mußte es tun.« Peter sprach eindringlich, beschwörend. »Du weißt, was sie für mich bedeutet. Ich mochte dich gut genug, um nichts dagegen zu haben. Aber als sie dich fortschleppten, hab' ich es mir ernstlich durch den Kopf gehen lassen. Bedenk doch, wenn sie danach noch deine Frau geworden wäre, es hätte auch sie zugrunde gerichtet. Es stand sowieso schon schlimm genug. Und da kam dieser Bursche, ein solider Kerl, ein Gentleman. Er wird dir gefallen. Und sie liebt ihn.«
    Eine Stille trat ein.
    »Ich habe nichts gegen ihn. Das wäre auch sinnlos. Nur, bevor sie heiratet, möchte ich sagen ...«
    »Bevor sie heiratet? Jonny, hat Barney dir nichts gesagt? - Sie ist heute früh getraut worden.«
    »Getraut?« wiederholte Jonny mechanisch.
    Marney verheiratet - das war unglaublich und unbegreiflich!
    »Heute morgen getraut, ja. Er wird dir gefallen. Keiner von uns, alter Junge, er ist anständig wie ... Well, du verstehst, was ich meine? Ich habe all die Jahre für sie gearbeitet. Es wäre eine Niederträchtigkeit von mir gewesen, wenn ich ihre Zukunft aufs Spiel gesetzt hätte.«
    Peter Kane wußte, daß er diesen Mann tödlich verwundet hatte, und suchte ständig nach neuen Rechtfertigungen.
    Jonny hielt die Hand vor die Augen, als ob ihn die Sonne blende.
    »Ich hätte telegrafieren sollen ...«
    »Das hätte nichts geändert - nichts ließ sich ändern, Jonny, nichts. Bis vor fünfzehn Jahren bin ich ein Dieb gewesen. Sie weiß es nicht. Selbst wenn du unschuldig verurteilt worden bist - die Ungewißheit hätte ich nicht ertragen. Lassen wir es also. - Craig ist heute hier.«
    »Craig - von der Kriminalpolizei?«
    »Wir sind gute Freunde, schon seit Jahren.«
    Sie sahen den Butler herankommen.
    »Peter«, flüsterte er mit seiner heiseren Stimme, »es ist noch ein Heimkehrer gekommen - alle kommen sie heute .«
    »Wer?« »Emanuel Legge - widerlicher als je.«
    Kanes Gesicht wurde starr wie eine Maske.
    »Wo ist Miss Marney - Mrs. Floyd?«
    »Sie zieht ihren Hochzeitsstaat und den Schmuck wieder an«, berichtete Barney. »Sie hatte alles schon abgelegt, aber soeben kam der Fotograf und stellte seinen Kram im Vordergarten auf. Ich sagte zu Marney ...«
    »Du bist ein alter Schwätzer«, unterbrach ihn Peter finster. »Laß Emanuel herein! - Willst du ihn sehen, Jonny?«
    Gray erhob sich.
    »Nein. Ich will unterdessen durch deinen sogenannten Rosengarten wandern. Ich mag nichts hören und sehen, was mich an den ›Ort der Qual‹ erinnert.«
    Er verschwand durch eine Öffnung in der Buchsbaumhecke am unteren Ende des Rasenplatzes. Gleich darauf erschien Barney mit dem Besucher.
    Emanuel Legge war ein kaum mittelgroßer Mann von schmächtiger Gestalt, mit hagerem Gesicht, spärlichem, grauem Haar und einer Hornbrille. Er trug einen schäbigen, zerknitterten Anzug. Um so auffallender wirkten die offensichtlich neuen, grellgelben Schuhe. Einige Sekunden lang blieb er stehen und betrachtete mit erhobenem Kinn und zusammengekniffenen Lippen den Schauplatz. Zuletzt faßte er den Hausherrn ins Auge. Seine blaßblauen Augen blinzelten kalt.
    Peter Kane brach zuerst die peinliche Stille.
    »Well, Emanuel, komm und setz' dich!«
    Legge kam langsam näher.
    »Ein hübsches Gut, Peter, gar nicht übel - alles vom Besten, wie? Das glaub' ich! Du hast auch noch den alten Barney, wie ich sehe. Hat er sich auch gebessert? So heißt es doch, nicht wahr - gebessert?«
    Er sprach mit einer dünnen, klagenden Stimme.
    »Er stiehlt nicht mehr, wenn du das meinst«, sagte Peter.
    Das Gesicht des Besuchers verzog sich.
    »Du solltest dieses abschätzige Wort nicht in den Mund nehmen, Peter. Wie lange wohnst du schon hier?«
    »Gegen vierzehn Jahre.«
    Legge zog seinen Sessel herum, bis er Kane nahe gegenübersaß.
    »Ah!« Er seufzte. »Ein sehr bequemes Leben, reichliches Essen, Ausgehen und Heimkehren, wann es einem paßt. Solche vierzehn Jahre laß ich mir gefallen.
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