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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes
Autoren: Timothy Stahl
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lange der Mann schon tot war. Die Kälte hatte seinen Körper konserviert. Die Haut war von kalkigem Weiß, die Wangen eingefallen, und die Augen waren im Frost geschrumpft wie vertrocknete Früchte.
    Woran der Mann jedoch gestorben war, konnte Matt auf Anhieb sagen. Dazu musste man kein Arzt sein, sondern nur Augen im Kopf haben.
    Der arme Kerl war verblutet -- oder vielmehr: Jemand hatte ihm sein Blut geraubt!
    Nicht bis auf den letzten Tropfen zwar; was man in seinen Adern belassen hatten, war aus den Schnittwunden an Hals und Handgelenken gelaufen und am Boden zu einem kleinen dunklen See gefroren.
    Die Schnittwunden selbst, klaffend wie zahn- und lippenlose Mäuler waren es, die Matt verrieten, was hier geschehen war, wer diesen Mann auf dem Gewissen hatte.
    Nosfera!
    Die »Vampire« dieser Zeit, wenn man so wollte.
    Matt hatte mit dieser Spezies seine Erfahrungen gesammelt; schon relativ kurze Zeit nach seiner Ankunft in dieser postapokalytischen Zeit war er erstmals auf diese Rasse getroffen. [3]
    Die Nosfera waren wohl eine der grausamsten Abarten, die Mutter Natur nach der Kometenkatastrophe erschaffen hatte. Und diese Grausamkeit richtete sich sowohl gegen diese Geschöpfe selbst wie auch gegen ihre Opfer.
    Im Grunde waren Nosfera bedauernswerte Kreaturen; Mutanten, deren rote Blutkörperchen sich so rasch abbauten, dass sie stets Nachschub brauchten - in Form frischen Blutes! Und das konnten ihnen nun einmal nur andere Menschen »liefern«. Also schlugen die Nosfera menschliche Beute, labten sich an deren Blut - und in den allermeisten Fällen endete ein solcher Überfall für das Opfer tödlich.
    Dementsprechend waren die Nosfera eine der meist gehassten und verachteten Rassen dieser Welt, von vielen nicht mit den Menschen auf eine Stufe gestellt, sondern nur mit Tieren.
    So sehr Matt auch verabscheute, was die Nosfera taten, kam er doch nicht umhin, Mitgefühl für sie zu empfinden - eben weil sie gezwungen waren zu tun, was sie taten. Sie folgten lediglich ihrem Selbsterhaltungstrieb.
    Matt seufzte schwer. Es war müßig, weiter darüber nachzudenken. Dennoch geisterte ein Gesicht an seinem inneren Auge vorüber, flüchtig nur wie ein welkes Blatt im Herbstwind - das faltige Gesicht eines Nosfera.
    Navoks Gesicht.
    Navok, den Matt in Südengland kennen gelernt hatte. Ein Nosfera, der den Vorurteilen, die man seiner Rasse gegenüber hegte, eben nicht entsprochen hatte, der kein Monstrum gewesen war und für den Matt sogar etwas wie Sympathie empfunden hatte - auch wenn der Nosfera letztlich zum Verräter geworden war. Aber er hatte Matt nicht aus niederen Motiven »verkauft« sondern in dem Bestreben, seine Familie zu schützen. Und das machte ihn fast noch sympathischer.
    Aber auch das war ein müßiger Gedanke, befand Matt. Denn Navok war tot, umgekommen in einer Explosion…
    [4]
    Sein Blick ruhte auf dem Toten, neben dem er in die Knie gegangen war. Wer mochte er gewesen sein, und was hatte ihn wohl in diese unwirtliche Gegend geführt?
    Matt ging davon aus, dass der Mann vor seinem Tod mehr getragen hatte als die spärliche Kleidung, in der er jetzt noch steckte. Vermutlich hatte man ihn nicht nur seines Blutes, sondern auch seiner warmen Klamotten beraubt, möglicherweise auch seiner Waffen - Ein Rascheln..
    Matt versteifte. Hielt den Atem an. Lauschte.
    Ein dumpfes Schnaufen. Irgendwo jenseits der glitzernden, wehenden und wogenden Vorhänge aus Eis um ihn her. Oder doch nur der Wind? Matt bewegte lediglich den Kopf, nur so weit wie nötig. Sein Blick wanderte nach links, nach rechts. Und fand nichts. Trotzdem legten sich die Finger seiner Rechten wie von selbst um den Griff des Kurzschwerts, das unter dem Mantel im Gürtel steckte - und dann geschah alles gleichzeitig und rasend schnell!
    Ein Schatten fiel über ihn. Etwas ungeheuer Massiges, Großes tauchte aus den Eiswirbeln auf wie aus dem Nichts und berührte ihn - nicht einmal mit besonderer Kraft, aber doch heftig genug, um ihn die Balance verlieren und stürzen zu lassen.
    Noch in der Bewegung zog Matt das Schwert, aber er kam nicht dazu, es auch nur gegen den Angreifer zu richten.
    Ein gehörnter Schädel von immenser Größe hing plötzlich direkt über seinem Gesicht. Graue lederne Haut, ein riesiges Maul, darüber ein weiteres stumpferes Hörn. Schwarze Augen fixierten ihn. Und rechts und links seiner Hüften ragten zwei säulenartige Beine auf, die einen gewaltigen Körper trugen.
    All diese Eindrücke nahm Matt binnen einer Sekunde
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