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027 - Ruf des Blutes

027 - Ruf des Blutes

Titel: 027 - Ruf des Blutes
Autoren: Timothy Stahl
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eingenistet hatte.
    Was würde er tun, wenn er in Washington angelangt war und herausgefunden hatte, was es herauszufinden gab?
    Matt musste sich und dem Stimmchen die Antwort darauf schuldig bleiben. Er wusste nicht, was er danach tun würde. Er versuchte sich einzureden, dass es ohnedies sinnlos war, sich jetzt schon über ein mögliches Danach Gedanken zu machen. Aber das war nur die halbe Wahrheit.
    Denn Tatsache war schlicht und ergreifend, dass er keinen Plan hatte, kein großes Ziel, das er ansteuerte.
    Manchmal kam Matt sich vor wie einer der Helden aus den Fantasyromanen, die er in seiner Jugend gelesen hatte; auf einer endlosen Odyssee, deren letztendliches Ziel er nicht kannte.
    Er lachte freudlos auf. Wie zum Teufel sollte ein solches Ziel auch aussehen? Die Hoffnung, den Zeitsprung rückgängig zu machen und in »seine« Welt zurückzukehren, wäre lächerlich gewesen. Schließlich hatte er nicht die geringste Ahnung, wie diese Reise über mehr als fünfhundert Jahre überhaupt zustande gekommen war. Wie also könnte er auch nur versuchen, den umgekehrten Weg zu finden?
    Und davon abgesehen - warum sollte er ihn gehen wollen? Immerhin war die Erde in dem Moment, da Matts Trip in die Zukunft begonnen hatte, von dem Kometen getroffen worden. Und es gab buchstäblich nichts, was er hätte tun können, um dieses Schicksal und seine Folgen von der Welt abzuwenden.
    Nein, diese Zeit und diese Welt waren seine neue Heimat; damit hatte er sich - wenn auch vielleicht nur insgeheim und notgedrungen - längst abgefunden. Tatsächlich gab es Momente und Situationen, da ihm sein wirklicher Name - Matthew Drax - wie der eines anderen Menschen erschien, eines Mannes, den er einmal gekannt und inzwischen aus den Augen verloren hatte.
    Er selbst fühlte sich mehr und mehr wie Maddrax. So hatte ihn das Nomadenvolk genannt, das ihn damals gefunden hatte. Und immer häufiger stellte sich Matt mit eben diesem Namen Fremden gegenüber vor.
    Maddrax war der Mann, der aus ihm geworden war. Ein Sohn dieser Welt - oder wenigstens ein Adoptivkind…
    Und verfolgte er diesen Gedanken weiter, dann mochte seine rastlose Suche womöglich nur der Versuch sein, sich mit dieser Welt in all ihren Facetten vertraut zu machen und anzufreunden.
    Oder sie dient ganz einfach nur als Beschäftigungstherapie, meldete sich die Stimme in seinem Kopf wieder, um dich davor zu bewahren, wahnsinnig zu werden oder auch nur zu verzweifeln!
    Matt zuckte im Gehen die Schultern. Vielleicht…
    Wenn es so war, dann erfüllte diese Methode ihren Zweck seit immerhin einem Jahr mit ziemlichem Erfolg. Obwohl Matts Reise ihn manchmal unmittelbar an den Abgrund des Wahnsinns führte!
    Dann etwa, wenn er unversehens über einen Toten stolperte -- wie jetzt und hier!
    ***
    2508
    Irgendetwas weckte Rhian mitten in der Nacht. Vielleicht ein Geräusch, vielleicht nur der Wind, der durchs offene Fenster herein strich…
    Was es auch war, es weckte sie schnell, übergangslos. Die Augen öffnen und sich kerzengerade im Bett aufzurichten war eins.
    Der Sturm war inzwischen vorbeigezogen. Der Wind war zur Brise geworden, die angenehm über Rhians Gesicht fächelte.
    Das Fenster!
    Als sie und Quinlan sich schlafen gelegt hatten, war es fest verriegelt gewesen; natürlich, schließlich hatte draußen der Sturm getobt. Jetzt aber stand es offen, und Rhian musste sich die Frage, wer es geöffnet hatte, nicht einmal stellen.
    So wenig wie sie zu Quinlans Bett hinüber sehen musste, um zu wissen, dass ihr Bruder nicht darin lag. Sie tat es trotzdem, nur um ihre Vermutung im grauen Licht des Mondes bestätigt zu finden.
    Rhian stand auf, tappte auf nackten Füßen zu Quinlans Bett und legte die Hand in die Kuhle seiner Schlafstatt. Kühl, nicht einmal mehr der Rest von Wärme. Quinlan musste sich also schon vor einer geraumen Weile davongestohlen haben.
    Und seine Schwester wusste auch, wo er sich hingeschlichen hatte. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass Quinlan einen der fremden Besucher näher in Augenschein nahm. Nur hatte er Rhian bisher immer geweckt, damit sie ihn begleiten konnte. Diesmal hatte er es nicht getan. Wohl weil er wusste, dass dieser Fremde Rhian nicht geheuer war - gelinde ausgedrückt.
    Vor dem Einschlafen hatten sie noch über den Gast gesprochen, und Quinlans Interesse vor allem an dessen Fahrzeug war so groß gewesen, dass er vor Aufregung im Bett hin und her gerutscht war.
    Rhian ging zum offenen Fenster und sah hinaus in die Nacht und hinüber
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