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026 - Stadt der Untoten

026 - Stadt der Untoten

Titel: 026 - Stadt der Untoten
Autoren: Claudia Kern
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sicher, dass jeder in der Kathedrale instinktiv gespürt hatte, dass die Leute, die auf der Plattform mit dem Sonnenkorn standen, Eindringlinge waren. Der wütende Schrei des Maa'ors war nur die Bestätigung dieses Instinkts und brachte die Menge endgültig zur Raserei.
    Der Fallensteller hätte keine klare Erinnerung an das, was in den nächsten Minuten geschehen war, wusste nur noch, dass er plötzlich unter der Plattform gestanden hatte, ein Seil in den Händen.
    Unter den anfeuernden Rufen der Menge hatte er sich auf den Weg nach oben gemacht. Aber da war noch ein zweiter Mann, der an dem gleichen Seil hing und ebenfalls versuchte zur Plattform zu klettern. Sie behinderten sich gegenseitig, kamen kaum voran.
    Djerii wusste, dass er das Gesicht des anderen niemals vergessen würde. Dunkle Augen, braune Haut, die mit den wellenförmigen Tätowierungen der Eisfischer bedeckt war, schwarze verfilzte Haare, in denen kunstvoll geschnitzte Gräten hingen.
    Der Fallensteller hatte es in den dunklen Augen blitzen sehen und geahnt, was passieren würde, aber den Schlag hatte er trotzdem erst bemerkt, als der scharfe Schmerz seinen Kopf zu sprengen schien. Seine kraftlos gewordenen Finger hatten sich vom Seil gelöst und er war wie ein Stein dem Boden entgegen gestürzt.
    Djerii stöhnte, als sein linkes Bein wie wild zu pochen begann. Der Schlag hatte ihm die Nase gebrochen, der Sturz das Bein.
    Aber seinem Gegner hatte dieser Sieg kein Glück gebracht, denn nur wenige Meter von der Plattform entfernt war er von der schlecht gezielten Lanze eines Soldaten durchbohrt worden.
    Djerii selbst hatte nur überlebt, weil er rechtzeitig hinter den Altar gekrochen war. Wäre er liegen geblieben, hätte der Mob ihn tot getrampelt, als die Panik ausbrach.
    Der Fallensteller schüttelte sich innerlich. Die bläulichen, aufgedunsenen Körper, die plötzlich in der Kathedrale aufgetaucht waren, verfolgten ihn immer noch in seinen Träumen.
    Die Bürger Nuu'orks hatten mittlerweile sogar einen Namen für sie gefunden. Sie nannten sie Frosen, die Erfrorenen.
    »Hörst du mir überhaupt zu?«, riss ihn Lisaas Stimme aus seinen Gedanken.
    »Natürlich«, antwortete er schuldbewusst. »Ich bin froh, dass euch nichts passiert ist.«
    Djerii lächelte seine Tochter Krissy an, die nicht so wirkte, als sei sie gerade knapp dem Tode entronnen. Er vermutete, dass Lisaa wie so oft maßlos übertrieb.
    »Ich gehe in jedem Fall nicht mehr raus aufs Eis, solange diese Frosen da sind«, keifte seine Frau weiter, als habe sie seine Entgegnung nicht gehört. »Sollen deine Freunde doch die Fallen für dich kontrollieren. Aber die lassen sich ja nicht blicken, wenn's um Arbeit geht. Den ganzen Tag in Paals Schenke sitzen und saufen, was anderes können die doch nicht!«
    »Ja, Schatz«, sagte Djerii resignierend.
    »Hätte ich doch auf meine Mutter gehört. Die hat mich davor gewarnt, einen Weißen zu heiraten. Faul und dumm sind die, hat sie gesagt. Aber nein, ich wusste es ja besser. Ich -«
    Ein zaghaftes Klopfen unterbrach ihren Wortschwall. Lisaa stürmte zur Tür und riss sie auf. Schnee wehte durch den plötzlichen Luftzug in die
    Wohnstube. Der schwarz vermummte Mann vor der Tür trat überrascht einen Schritt zurück.
    Lisaa schnaubte verärgert. »Einer deiner Barbarenfreunde ist hier.«
    Sie bat ihn nicht herein, sondern zog Krissy vom Boden hoch und drängte sie in den Nebenraum, wo die acht Monate alten Zwillinge friedlich schliefen. Bevor sie die Tür hinter sich schloss, drehte sie sich noch einmal zu Djerii um.
    »Du solltest mal darüber nachdenken, was die Nachbarn von uns halten, wenn solche Leute in unserem Haus ein und aus gehen.«
    Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss. Der Fallensteller verzog das Gesicht und sah seinen Besucher entschuldigend an. »Bitte komm herein, Mulay, und trink eine Tasse Tee.«
    Um die Aufforderung zu unterstreichen, streckte Djerii die Arme aus und drehte die Handflächen nach oben.
    Der Nomade nahm die traditionelle Begrüßung an und betrat die Wohnstube. Seine schwarze, weit fallende Kleidung war mit kunstvollen Stickereien besetzt, die ihn als Häuptling und Schamanen seines Stammes auswiesen.
    Djerii wusste diese Dinge, weil er zu den wenigen Nuu'orks gehörte, die mit den Nomaden Handel trieben. Er war häufig zu Gast in ihren Zelten und lud sie ebenso oft zu sich nach Hause ein.
    Lisaa hatte diese Besuche stets toleriert und sogar für die Nomaden gekocht, aber als Djerii nach seinem
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