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0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

Titel: 0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang
Autoren: Ein Grabstein ist kein Kugelfang
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verschluckt war, wurden Stimmen laut, die behaupteten, der Mörder habe sich nach Südamerika abgesetzt.
    Daß dies nicht der Fall war, zeigte sich am Morgen des 13. November, an dem Tag also, an dem Joe Bingham etwas später aufstand als gewöhnlich.
    Bingham war ein Börsenmakler, der einen Aufwand trieb wie ein orientalischer Fürst und auch bestimmt nicht schlechter lebte. Man konnte zwar nicht recht begreifen, warum er als Junggeselle eine Zwölf-Zimmer-Wohnung in der mittleren Fifth Avenue bewohnte, aber Bingham schien so viel Geld zu haben, daß er sich auch einen ganzen Wolkenkratzer hätte mieten können.
    Alle Welt — und dazu gehörte in diesem Falle auch das FBI - glaubte, Bingham lebe von den Erträgen seiner wilden Spekulationen. Tatsache war, daß der Börsianer diesen Job nur als Tarnung benutzte, denn in Wirklichkeit war er einer der berüchtigten New Yorker Mafiabosse. Es gab deren zwei in der Millionenstadt. Doch der andere war vorläufig noch in das Zwielicht der Anonymität gehüllt.
    Wie wir später feststellten, hatte es während der letzten Wochen vor dem Mord an Bingham Streit zwischen den beiden Bossen gegeben, die jetzt rivalisierten und ihr möglichstes taten, um einander das Leben schwerzumachen. Als sich die Lage zuspitzte, beschloß der unbekannte Boß zu handeln. Ein Gewaltstreich sollte die Rivalität beenden. Bingham sollte sterben.
    Der Boß aus dem Dunkel vergab den Mordauftrag an einen Killer, einen Vogelfreien, der nichts mehr zu verlieren hatte.
    Henry Haitch wurde zum Henker ausersehen. Er erhielt einen Vorschuß in Höhe von 2000 Dollar und versprach, gute Arbeit zu leisten. Er wußte nicht, daß er selbst schon auf der Abschußliste stand. Er sollte nicht einmal mehr Zeit haben, das Blutgeld auszugeben.
    Haitch hatte sich seit Wochen in den finstersten Höhlen von Harlem verkrochen. Er durfte sich nicht einmal des Nachts hervorwagen, denn als Weißer wäre er sofort aufgefallen. Außerdem hing sein Steckbrief an jeder Straßenecke, und es gab viele, die sich die auf Haitch ausgesetzten 5000 Dollar gern verdient hätten. Woher der unbekannte Mafiaboß von Haitchs Versteck erfahren hatte, bleibt ungewiß. Tatsache ist, daß ein pockennarbiger Neger am Abend des 12. November bei Haitch aufkreuzte, ihm die 2000 Bucks auf den Tisch zählte und die Adresse von Binghams Wohnung mit dem genannten Auftrag hinterließ.
    Haitch wußte, daß er dem Auftrag folgen mußte, andernfalls würde man ihn umbringen.
    ***
    Nicht nur für den Mafiaboß Joe Bingham war die Nacht zum 13. November die letzte. Bis zur achten Morgenstunde des Tages starben drei weitere Menschen, die bislang, ohne jemals aufzufallen, in der erbarmungslosen Häuserschlucht Manhattans gelebt hatten.
    Ein Mann und zwei Frauen starben in der gleichen Nacht. Sie wohnten nur wenige Straßenzüge voneinander entfernt. Trotzdem fiel der Polizei dieser Umstand anfangs nicht auf.
    Der Mann hieß Jos Allentuck, war Sekretär eines Kaufhausdirektors und trug sich mit dem Gedanken, am ersten Weihnachtstag seine Verlobung mit der Stenotypistin Mabel Anderson bekanntzugeben. Joe bewohnte ein Apartment in den Melrose Houses.
    Mitternacht war eben vorüber, als Jos die Chico-Bar mit seiner künftigen Braut verließ.
    »Ich muß mir die Sache noch einmal genau durch den Kopf gehen lassen«, sagte er nachdenklich, als Mabel sich neben ihm in das Taxi gekuschelt hatte. »Wenn meine Gehaltserhöhung nicht bis Ende des Jahres durch ist, kündige ich und nehme den Job bei Papesca an. Ich werde mir sein Angebot noch einmal überlegen. Schließlich sind 1000 Dollar monatlich ein Haufen Geld, und wir brauchen noch einiges, bis wir unsere Wohnung zusammen haben.«
    Dann sprachen die beiden von anderen Dingen. Jos brachte Mabel nach Hause, verabschiedete sich vor der Haustür von ihr und stieg dann wieder in das Yellow ab, um selbst nach Hause zu fahren.
    Jos zog den Ledermantel enger um sich. In dem Taxi war es kalt.
    Er zündete sich eine Zigarette an. Als er sein Feuerzeug wieder im Mantel verstauen wollten, entglitt es seinen kalten Händen und fiel auf den Boden des Taxis.
    Der Sekretär bückte sich danach. Seine Hand tastete Über eine schmierige Gummimatte zu seinen Füßen, die von dem Schuhwerk zahlloser Fahrgäste verschmutzt worden war. Jos ließ die Kuppen seiner Finger über die feuchtsandige Fläche der Matte gleiten, und als er dabei die Stellung seines rechten Fußes veränderte, bewegte sich die Matte.
    Schlangen waren Jos
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