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0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

Titel: 0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang
Autoren: Ein Grabstein ist kein Kugelfang
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fremd. Nie hatte er sich für Reptilien interessiert, nie hatte er eins dieser fast vorsintflutlichen Tiere besonders nahe gesehen. Nie hatte er eine Schlange berührt. Er konnte also nicht wissen, wie sich der schuppige Leib einer Schlange anfühlt. Doch in dieser letzten Nacht seines Lebens, eine knappe Stunde vor seinem letzten Atemzug, hatte Jos eine Vision, die wie eine Warnung war und sich mit der Vernunft nicht erfassen läßt.
    Die Tatsache ist verbürgt. Der Taxichauffeur Henry O’Donnery ist Zeuge dafür. Denn Jos Allentuck brach plötzlich in ein heiseres Lachen aus, beugte sich vor und sagte: »Transportieren Sie auch Schlangen?«
    »Was sagen Sie?« Der Taxifahrer nahm unwillkürlich den Kopf vom Gaspedal und wandte den Kopf um ein wenig. »Schlangen…?«
    »War nur ein Spaß«, sagte Jos Allentuck. »Ich habe eben nach meinem Feuerzeug auf Ihrer Fußmatte gesucht und mir dabei eingebildet, den Leib einer Schlange zu fühlen.« Henry O’Donnery lachte etwas gezwungen.
    »Keine Angst, Sir. In meinem Taxi gibt es nicht einmal Regenwürmer, geschweige denn Schlangen. Übrigens, wir sind da. Macht insgesamt sieben Dollar 50 Cent.«
    Jos Allentuck stieg aus, bückte sich noch einmal nach seinem Feuerzeug, das er diesmal auf Anhieb fand, und reichte dem Taxifahrer dann acht Dollar. Mit einem »Stimmt so! Gute Nacht!« verschwand er augenblicklich im Nebel.
    Im Gebäude der Melrose Houses hatte Joe sein Apartment. Es war ein großes Zimmer mit einem breiten Bett, drei eingebauten Schränken, einem Rauchtischchen, zwei Ledersesseln und einer gemütlichen Couch. Jos liebte die Gemütlichkeit, und eine behagliche Bleibe in kleinem Rahmen war ihm mehr wert als eine Zehn-Zimmer-Wohnung mit vornehmer Kühle.
    Das Apartment war überheizt. Jos ertrug die Zimmertemperatur von mehr als 30 Grad spielend. Vor allem während der unfreundlichen Wintermonate fühlte er sich hier richtig wohl. Zum Glück teilte Mabel seine Vorliebe für diese Brutmaschine, wie Jos Apartment erst vor kurzem von Mr. Papesca genannt worden war — anläßlich seines Besuchs bei Jos.
    Jos schloß die Tür seines Apartments auf und machte in der kleinen Vorhalle Licht, von der zwei Türen nach rechts und links abzweigten: das Bad und die Pantry.
    Eine Viertelstunde später brodelte heißes Wasser auf dem elektrischen Herd. Die Flasche mit dem 70prozentigen Rum stand bereit, und Jos braute sich zu später Stunde noch einen Grog, der so heiß und stark war, daß ein weniger kräftiger Mann Atemnot bekommen hätte. Aber auch für Jos war es diesmal etwas zuviel gewesen. Das heiße Getränk stieg ihm zu Kopf, das warme Zimmer tat ein übriges. Wie eine lähmende Hand griff die Müdigkeit nach dem Sekretär und drohte ihn zu überwältigen.
    Jos sah seine Umwelt nur noch verschwommen. Sein Kopf wurde immer schwerer. Als er das Radio einschaltete und eine Melodie mitzusummen versuchte, gehorchte ihm die Zunge nicht mehr. Seine Glieder wurden bleischwer, er rekelte sich zwischen den Kissen auf der Couch, und eine trunkene Benommenheit breitete sich in ihm aus. Sein letzter klarer Gedanke war: Zwölf Drinks am Abend mit Mabel, eine Flasche Bier zum Abendessen, ohnehin total übermüdet und jetzt den Grog — kein Wunder… Das war zuviel…
    Die Glocke an der Apartmenttür mußte bereits seit einer Minute geschellt haben, als Jos aus seinem Dämmerzustand aufschrak. Er erhob sich taumelnd zur abgesperrten Apartmenttür. Jos war so benommen, daß er sich nicht einmal darüber Gedanken machte, wer ihn wohl zu so ungewöhnlicher Stunde aufsuchte.
    Er öffnete die Tür.
    Im gleichen Augenblick fuhr etwas Dunkles auf ihn ein. Etwas Schweres, Weiches traf seine Stirn. Die Wucht des Hiebes war dermaßen, daß Jos von einer Sekunde zur anderen die Sinne schwanden. Seine Knie knickten weg. Er wäre zu Boden gestürzt, hätte sich nicht in diesem Augenblick ein sehniger Arm um seine Schultern geschlungen und ihn gestützt.
    Louis Papesca zog die Tür hinter sich zu. Er schleifte den Bewußtlosen bis zu der breiten Couch, auf die er ihn legte. Den schweren Sandsack, den der Millionär als Hiebwaffe benutzt hatte, steckte er in die Außentasche seines Mantels. Dann beugte er sich über den Sekretär und betrachtete die Stelle auf der Stirn des Bewußtlosen, an der ihn der Hieb getroffen hatte. Nichts war festzustellen. Bis auf eine leichte Rötung konnte man nichts entdecken. Und auch die würde nach kurzer Zeit verschwunden sein. Papesca hatte die richtige Waffe
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