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0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang

Titel: 0257 - Ein Grabstein ist kein Kugelfang
Autoren: Ein Grabstein ist kein Kugelfang
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nicht aus den Augen verlor.
    6.27 Uhr.
    Der Mann im Regenmantel ging an Hawkins vorbei. Er machte noch einen Schritt, und im nächsten Augenblick geschah es. Die Bewegungen waren so schnell, daß Hawkins nicht mal mehr den Versuch einer Gegenwehr starten konnte. Der Gorilla sah nur noch, wie der Mann im Regenmantel auf dem Absatz herumwirbelte, den rechten Arm in die Höhe riß und einen Satz auf Hawkins zu machte. Er schmetterte diesem die Faust gegen die Stirn. Die Faust hielt einen schweren Revolver am Lauf. Der Schlag war genau placiert. Ohne einen Laut von sich zu geben, sackte Hawkins zu Boden. Der Unbekannte packte ihn, schleifte ihn ein Stück den Gang entlang, zog die Tür einer Besenkammer auf und schloß den bewußtlosen Gangster ein. Der Unbekannte verschwand Sekunden später wieder hinter der Biegung des Ganges.
    6.33 Uhr.
    Levy war noch nicht zurückgekehrt. Aber in der Tür zu Binghams Wohnung wurde ein Schlüssel gedreht. Die Klinke bewegte sich abwärts, die Tür wurde einen Spalt weit aufgezogen, und das feiste Gesicht des Mafiabosses lugte hervor. »Hallo, Jungs!«
    Keine Antwort.
    Noch einmal »Hallo, Jungs!«
    Dann zog Bingham die Tür ganz auf, trat auf den Flur und sah sich suchend um. Als er seine Leibwächter nicht entdecken konnte, war er etwas beunruhigt, beschloß aber, nicht auf sie zu warten. Bingham ging zum Lift. Er nahm an, daß die beiden unten bei dem Thunderbird auf ihn warteten.
    6.34 Uhr.
    Als Bingham die Fahrstuhltür öffnete und die Liftkabine betrat, vernahm er ein leises Geräusch hinter sich. Er drehte sich wieselflink um, sah aber nur einen Schatten hinter sich, der ihm einen harten Schlag gegen den Hals versetzte. Bingham war nicht sofort groggy, aber sein Reaktionsvermögen wurde für Augenblicke gelähmt. Er wurde in die Kabine gestoßen. Bingham stieß mit dem Kopf gegen die Wand. Als er nach Bruchteilen von Sekunden wieder klarwurde, fuhr er herum. Von dem Schatten war nichts mehr zu sehen. Die Tür der Liftkabine war geschlossen. Bingham stürzte zu dem Schaltbrett und preßte seinen dicken Daumen auf den Kopf neben der Bezeichnung »Parterre«.
    Mit einem leichten Ruck setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung.
    Im nächsten Augenblick breitete sich ein irrer Ausdruck über Binghams Gesicht. Seine Froschaugen schienen noch stärker hervorzutreten. Binghams entsetzter Blick war auf die abgezogene Eierhandgranate gerichtet, die vor ihm auf dem Boden der Liftkabine lag.
    ***
    Laura Haitch war 55 Jahre alt und verdorben bis ins Mark ihrer rheumatischen Knochen. Man konnte sie nicht direkt eine Verbrecherin nennen, aber zweifellos hatte sie alle Anlagen dazu. Zwei Kindern schenkte Laura das Leben, und in beiden begann schon bald ein unseliges Erbe aufzuleben. Der Vater der beiden war ein Doppelmörder gewesen, der 1944 auf dem elektrischen Stuhl endete. Der Sohn der Laura Haitch hörte auf den Namen Henry und ist bereits zur Genüge bekannt. Außerdem gab es noch die Tochter Caroline, eine bildschöne, aber ebenso verdorbene Person, die bereits mit 15 Jahren dem ältesten und berüchtigsten Gewerbe der Welt nachging. Sie wurde von der Sittenpolizei aufgegriffen und kam in ein Jugendheim, wo man sie in das sogenannte »feste Haus« steckte. Caroline war ebenso raffiniert wie wild und gefährlich. Sie verhielt sich im Jugendheim sehr brav, und als man sie nach vier Jahren entließ, setzten die Fürsorger die Hoffnung in sie, daß aus ihr doch noch ein nützliches Mitglied der menschlichen Gesellschaft werden könnte.
    Tatsächlich war dann drei Jahre lang nichts Nachteiliges mehr von Caroline Haitch zu hören gewesen. Sie wurde beobachtet. Man wußte, daß sie — die inzwischen 22jährige — sich als Verkäuferin in einem Drugstore in der 82nd Street verdingt hatte. Dann war sie plötzlich in eine hübsche Wohnung in der Nähe des Times Square gezogen. Sie arbeitete nicht mehr, schien aber genügend Geld zu haben. Wie man feststellte, hatte sie sich einen reichen Freund zugelegt. Einen älteren Herrn, der sie Abend für Abend in einem roten Pontiac abholte. Wer dieser Mann war, wußte wohl niemand außer Laura und Caroline Haitch, denn er kam nur bei Dunkelheit, und die Nummer seines Wagens war stets schmutzverklebt.
    Im August zog Laura Haitch — die bis zu diesem Zeitpunkt in einer elenden Wohnung in Harlem vegetiert hatte — zu ihrer Tochter. Da Caroline jetzt volljährig war, hatte das Jugendamt und die Fürsorge kein Recht mehr, sich in die Angelegenheit der Frau
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