Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0243 - Asyl der Gespenster

0243 - Asyl der Gespenster

Titel: 0243 - Asyl der Gespenster
Autoren: Rolf Michael
Vom Netzwerk:
Einer der Konkurrenten, die damals mitsteigerten, war ein englischer Adliger von uraltem Geblüt.
    Sir Archibald, Earl of Pembroke, war die personifizierte Ausgabe eines spleenigen, englischen Lords. Ein netter Mensch, ein zuvorkommender Gastgeber und ein ebenso treuer Kamerad wie tapferer Mann.
    Nur daß er eben seine Macke hatte…
    Professor Zamorra bot ihm damals an, den Geist seines Ahnherrn, Sir Roderick of Pembroke, zu vertreiben. [1]
    Entsetzt lehnte Sir Archibald ab. Im Überschwang der Gefühle für seinen unseligen Ahnherrn erklärte er Pembroke-Castle als Freistatt für alle Gespenster, die aus ihren Schlupfwinkeln und Gemäuern von Gespensterjägern vertrieben wurden.
    Zwei Poltergeister, die sich in dem Herrenhaus eingenistet hatten, wurden gleich die ersten Untermieter. Wenn es auch Professor Zamorra nicht gelang, die Konkurrenz zu überbieten, er hatte dennoch das Recht, sich zu jeder Zeit in das Haus zurückzuziehen. Denn der neue Eigentümer war der Möbius-Konzern, weil der alte Stephan Möbius unbedingt ein solches Haus haben wollte. In einem Haus, wo der Meister des Übersinnlichen weilte, hatten Poltergeister nichts zu suchen. Daher der »Umzug« nach Pembroke-Castle.
    Derzeit hatte sich Professor Zamorra für einige Tage freigemacht und wollte sich für einige Studientage allein in dieses Haus zurückziehen, um gewisse Schriften durchzusehen, die ihm Pater Aurelian aus Rom zugesandt hatte.
    »Ein Asyl für Gespenster!« sagte der Meister des Übersinnlichen langsam. »Das gibt es wirklich. Und darum will ich dich ziehen lassen. Geh und suche Pembroke Castle in den grünen Hügeln von Dorset. Pembroke-Castle. Das Gespenster-Asyl…«
    ***
    Jeremy Smither war ein Vertreter von Format. Für seine Versicherung war er das As der fetten Abschlüsse. Die absolute Number One, wenn es darum ging, Versicherungen abzuschließen, die so unsinnig waren, daß die Versicherungsgesellschaft selten dazu kam, einen gemeldeten Versicherungsfall überhaupt bearbeiten zu müssen.
    Jeremy Smither hörte sich vor seinen Besuchen erst einmal in der Nachbarschaft herum, was dieser oder jener finanziell wohlbestellte Mitmensch für Marotten hatte und schusterte danach die Versicherung zusammen.
    Und da gab es im spleenigen England von der Stimme eines Opernsängers, den der Intendant gerade noch im Chor verstecken konnte, bis zu den Beinen eines drittklassigen Fußballers eine ganze Menge zu versichern. Es kam nur drauf an, den Betroffenen melodramatisch klarzumachen, was passieren würde, wenn…
    Schon hatte Jeremy Smither seinen Abschluß in der Tasche. Der große Vauxhall vor der Tür zeigte einen für England gehobenen Lebensstandard an. Und auch sonst gab sich Smither als Mann von Welt.
    Der Kunde, zu dem er nun seine Schritte lenkte, war gut für ein halbes Dutzend zufriedenstellender Abschlüsse. Was gab es im Leben und im Besitz eines Vertreters des britischen Adels nicht alles zu versichern. Der Earl of Pembroke bildete sicher keine Ausnahme.
    Jeremy Smither hatte diesmal darauf verzichtet, sich in der Bevölkerung umzuhorchen. Ein gerütteltes Maß an Berufserfahrung ließ ihn sicher sofort erkennen, was dem noblen Herren einige Pfund für den Versicherungsschutz wert war. So kam es, daß Smither nicht die leiseste Ahnung hatte, was auf Pembroke Castle vor sich ging.
    Nur in den Blicken der Menschen hatte er es unruhig aufflackern sehen, wenn er sie nach dem Weg zum Schloß des Earl fragte. Und das war gar nicht so einfach zu finden.
    Irgendwo in dem Gelände zwischen Brideport und Beaminster sollte es sein. So jedenfalls war es ihm von dem Kollegen beschrieben worden, der ihm den Tip gab, mal einen vom Landadel aufs Korn zu nehmen.
    Auch von der Polizei war nur eine vage Beschreibung zu bekommen.
    Man war schließlich in Dorset. Und da ist alles ganz anders. Hier kauern sich kleine und kleinste Siedlungen zwischen grünen Hügeln zusammen. Und jeder Hügel hat seine eigenen Mythen und Legenden.
    Von den Elben flüstern die Bewohner, dem lichthellen Volk, das in den Hügeln lebt. Von Feen, die über die Landschaft schweben und von Nöcken, die in den Gewässern leben. Und die Lieder klingen von den sagenhaften Völkern, die hier lebten, bevor die Römer kamen.
    Und jede noch so kleine Siedlung hat irgendwo ein eigenes Gespenst. Und das war der springende Punkt, weshalb Jeremy Smither am Steuer seines Vauxhall immer nervöser wurde. Wenn er etwas fürchtete, dann die Wesen des Unheimlichen. Zwar redete er sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher