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024 - Die Rattenkönigin

024 - Die Rattenkönigin

Titel: 024 - Die Rattenkönigin
Autoren: Dämonenkiller
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dieser Weg auch geradewegs in den siebten Himmel führt. Die kleinen, quiekenden Schemen zu deinen Füßen huschen vor dir her, halten ein, putzen sich, hasten weiter. Kleine, tanzende Irrlichter spenden ein angenehmes Licht. Sie spiegeln sich in knöcheltiefem Wasser. Und dann ist der Boden des Stollens so mit den kleinen, pelzigen Tieren übersät, daß du Angst hast, auf eines von ihnen zu treten, aber wie durch ein Wunder wird immer wieder genügend Platz frei, wo du deinen nackten Fuß hinsetzen kannst.
    Carl, Carl, Carl!
    Das Rufen wird eindringlicher, drängender, ist voll unterschwelliger Leidenschaft. Und plötzlich weicht sie nicht mehr vor dir zurück. Du kommst ihr näher. Und dann bist du bei ihr. Bei der Frau deiner Träume.
    Wie benommen fällst du ihr in die Arme. Ihr heißer, keuchender Atem umfächelt dein Gesicht. Dein Morgenrock fällt von dir ab. Dein Nachtgewand wird zerfetzt und entblößt deinen bebenden Körper. Es kommt zur ersten scheuen Berührung. Zart und ängstlich tanzen deine Fingerspitzen über ihren Körper. Ein wohliger Schauer durchrieselt dich, dann durchrast dich siedendheiß die Leidenschaft. Es ist eine Explosion deiner aufgestauten Begierden.
    »Carl, Carl – nicht so stürmisch! Du mußt zärtlich zu deiner Jenny sein. Ganz, ganz zärtlich. Ja, so.«
    Zum ersten Mal hörst du ihre wirkliche Stimme. Sie klingt irgendwie fremd, so ganz anders als die lautlosen Lockrufe; aber das dringt nicht bis in dein Bewußtsein. Du bist wie berauscht. Du willst ganz und gar diesem überirdisch schönen Wesen gehören, das dir ganz gehören will.
    »Wie lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet, Carl! Nun habe ich endlich den Mut gefunden, dich zu mir zu rufen. Ich will deine Geliebte für diese eine Nacht sein. Deine letzte Nacht.«
    Was sind das für Worte? Egal, sie sind Schall und Rauch. Die Wirklichkeit ist der junge, bebende Körper deiner Jenny. Und selbst wenn es deine letzte Nacht wäre, du würdest nicht tauschen wollen. Dafür, daß du diese köstlichen Augenblicke erleben darfst, willst du jeden Preis bezahlen. Gern willst du dein Leben für dieses kurze Glück hergeben.
    Wirklich? Hast du wirklich eben so gefühlt, so verblendet gedacht, Carl? Deine eigenen Gedanken sind dir plötzlich fremd. Der Leidenschaft, dem blinden Wahn folgt die Ernüchterung auf den Fuß. Du siehst auf einmal alles mit ganz anderen Augen. Auch die Frau deiner Träume. Der Traum ist verflogen. Die Wirklichkeit stürzt über dich herein – mit all ihren Schrecken.
    Du bist in einer Höhle. Giftspritzende Irrlichter umschwärmen dich, traktieren dich mit ihren Stichen. Zu deinen Füßen quirlen Unmengen von Ratten. Der Boden scheint zu leben. Sie gebärden sich wie in Ekstase. Du weichst vor etwas Abscheulichem, unsagbar Schrecklichem zurück, für das du keine Worte finden kannst. Jenny entschwindet endgültig, taucht im dunklen Winkel der Höhle unter. Und im Schutz der Dunkelheit beginnt sie zu lachen. Was für ein ordinäres, animalisches Lachen das ist!
    »Du bist ein Versager, Carl!« schleudert sie dir entgegen. Und dazwischen gibt sie Pfeiflaute von sich, und die Ratten bewegen sich im Rhythmus dieser Töne. »Du bist nicht der rechte Liebhaber, Carl. Wie ich dich verachte! Du bist meiner Liebe nicht wert. Gerade gut genug als Rattenfutter.«
    Und sie lacht kreischend, schrill und in höchsten Tönen. Und dazwischen stößt sie immer wieder diese merkwürdigen Pfeiflaute aus. Das bringt die Ratten zur Raserei. Sie stürzen sich auf dich. Reißen mit ihren scharfen Zähnen Fleischfetzen aus deinem Körper. Sie kratzen dir die Augen aus. Du taumelst blind davon. Stolperst über Hindernisse, rutschst auf den glitschigen Körpern aus. Fällst der Länge nach hin – und dann sind sie über dir – die Ratten von Borvedam.
    Und Jenny lacht – und stachelt die Rattenhorden mit ihren Pfiffen zu mörderischer Wildheit an. Und du hast noch einen letzten Gedanken, bevor der Tod dich von den furchtbaren Qualen erlöst. Du denkst: Es hat sich nicht gelohnt, Jennys Geliebter gewesen zu sein.

    »Hier sind wir richtig«, erklärte Dorian und stellte den Motor des Leihwagens ab.
    Am Ufer der Amstel drängte sich eine dichte Menschenmenge. Einsatzfahrzeuge der Polizei standen herum, blockierten den Verkehr. Polizisten scheuchten die Autofahrer weiter, die sich hinter den Lenkrädern die Hälse verrenkten, um einen Blick auf das Geschehen werfen zu können; aber die Menschenmenge verstellte ihnen den
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