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0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

Titel: 0231 - Wenn es Nacht wird in Soho
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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zerbrach die fast unheimliche Stille, in der sich bis dahin alles abgespielt hatte.
    Kerr vernahm Worte, die sein Innerstes nach außen zu kehren drohten.
    Wimmernd brach er in die Knie. Ohne es zu merken, löste sich seine Hand von der Dienstwaffe und ließ sie fallen.
    In seinem Kopf tobte der Wahnsinn.
    Jedes Wort, von der Stimme des Unsichtbaren in den Raum geschleudert, traf ihn wie ein Dolchstoß ins Herz.
    Er verstand nicht eine Silbe, ahnte nicht einmal die Bedeutung der Worte, aber auf magische Weise hämmerten sie auf ihn ein und rissen jahrtausendealte Schranken in seiner Erbmasse nieder!
    Was für eine Sprache war das, die den Wunsch nach einem schnellen Tod in dem Silbermond-Druiden weckte?
    Keiner beantwortete ihm diese stumme Frage.
    Die Sonnenhelle vor ihm verlor nichts von ihrer Macht, aber Kerrs schockgrüne Augen filterten die intensive Lichtfülle mittlerweile minimal, so daß er doch ein paar Einzelheiten mehr ausmachen konnte.
    Der Silbermond-Druide glaubte einen großen runden Tisch zu erkennen, um den dreizehn reglose Gestalten hockten. Eine vierzehnte Person bewegte sich wie ein Irrwisch zwischen den einzelnen Stühlen hin und her, verweilte jeweils kurz, um dann weiterzuhuschen. Kerr konnte jedoch nicht erkennen, was die rastlose Gestalt tat.
    Aber darauf konnte er sich auch nicht mehr konzentrieren.
    Die Worte des Unsichtbaren, die ihn in seinem Innersten erschütterten, verstummten keine Sekunde lang.
    Die Qual wurde unerträglich.
    Kerrs Seele schrie auf.
    Und dann schlug plötzlich Dunkelheit über ihm zusammen und riß ihn ins Vergessen…
    ***
    Zamorra sprang vom Fußboden auf.
    Daß auch er im Adamskostüm war und damit so splitterfaseackt wie Nicole, störte ihn in diesem Augenblick nicht im geringsten.
    Völlig erstarrt blieb er stehen. Nur sein Gesicht zeigte, daß er noch lebte. Die Mimik war selbst für Nicole interessant zu beobachten, die sich bisher eingebildet hatte, jedes Detail dieses energischen Männergesichts zu kennen.
    Zamorra atmete schwer. Vor seinen Augen schien sich ein Schleier gelegt zu haben, als wäre er in tiefste Trance verfallen.
    Aber wieso?
    Mit einem Sprung war auch Nicole plötzlich auf den Beinen. Sie stellte sich ganz dicht neben ihren Geliebten, wagte aber nicht, ihn zu berühren.
    Jemanden gewaltsam aus einer Trance zu reißen, konnte die übelsten Folgen haben.
    Wenn es Trance war.
    Sie war sich nicht schlüssig.
    Höchstens eine halbe Minute war vergangen, als Zamorras starrer Blick wieder Leben bekam. Er blinzelte. Seine Lippen bewegten sich lautlos.
    Es dauerte eine Weile, bis er wirklich wieder volle Kontrolle über sich hatte.
    »Verdammt!« war dann das erste Wort, das ihm einfiel.
    Nicole reichte es, um erleichtert durchzuatmen.
    »Du kannst einem einen Schrecken einjagen«, rief sie.
    »Sag bloß, du hast hier eben nur so ein bißchen geschauspielert…?«
    Sein Lächeln war bitter.
    »Kein Spaß, Nicole. Es war Emst, verdammter Emst…« Seine Stimme war immer leiser geworden, bis er ein einzelnes Wort laut und deutlich hinzufügte. »Kerr…«
    »Kerr? Was ist mit Kerr?« fragte Nicole.
    Er schüttelte gequält den Kopf.
    »Wenn ich das wüßte… Eben hatte ich ganz kurzen Kontakt mit ihm. Mit… seiner Seele! Lach nicht, es ist mir Emst. Ich hörte seine Seele schreien. Er ist in tödlicher Gefahr!«
    »Kein Zweifel, daß es sich um Kerr handelt?«
    »Keiner.«
    Nun sagte Nicole »verdammt!«.
    Kerr kannte sie so gut wie ihn auch Zamorra kannte. Sie waren Freunde geworden. Gute Freunde.
    Freunde, die sich gegenseitig aus der Patsche halfen, wenn der Eine nicht allein damit fertig wurde…
    »Weißt du, wo er sich jetzt aufhält?«
    Diese Frage schmerzte Zamorra am meisten. Weil er sie verneinen mußte. Viel zu kurz war der Kontakt gewesen.
    Aber wie sollten sie ihm helfen, wenn sie nicht einmal wußten, wo sie nach ihm suchen sollten?
    »Ich muß nach London«, entschied Zamorra. »Sofort!«
    »Aber nicht allein«, entschied Nicole.
    Damit waren alle Entscheidungen gefallen.
    Vorerst.
    ***
    Quirileinen spürte nicht mehr das Alter, das seine Knochen in den letzten Jahren hatte steif werden lassen.
    Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit jagte er um den Tisch herum, murmelte pausenlos magische Formeln in der Alten Sprache und aktivierte nach und nach jede Einheit der DREIZEHN.
    Es war schon fast virtuos, wie er auf seinem selbstgeschaffenen makabren Machtinstrument spielte. Wie er es manipulierte und die jenseitige Kraft ausschöpfte,
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