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0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

Titel: 0231 - Wenn es Nacht wird in Soho
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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vollführte er mit dem kurzen Revolverlauf eine herrische Bewegung auf eine bestimmte Stelle einer Wand zu.
    »Geh dort hin«, zischte er im Befehlston.
    Rhodd Weddyn überlegte fieberhaft. Er suchte nach einem rettenden Ausweg. Daß der Alte verrückt war, daran gab es für ihn mittlerweile nicht mehr den geringsten Zweifel. Und Verrückte waren gefährlich - gefährlicher als alles andere. Weil sich ihre Aktionen nicht voraussehen ließen.
    »Geh!« keifte Quirileinen.
    Der Junge setzte sich unendlich langsam in Bewegung. Seine Augen starrten wie hypnotisiert auf die dunkle Revolvermündung.
    Nichts um ihn herum hatte sich verändert. Nach wie vor lag jenes unheilvolle, rötliche Zwielicht über allem. Und unverändert grinsten ihn die verzerrten Fratzen aus Hunderten von Masken an. In einigen dieser Masken glaubte Weddyn tatsächlich ein dämonisches Glühen zu erkennen, dort wo bei Menschen die Augenhöhlen zu finden waren. Höllische Energien schienen sich in diesen Relikten einer dunklen Macht auszutoben.
    Unvermittelt stand Weddyn vor einer Tür, die er zuvor nicht gesehen hatte.
    »öffne sie«, befahl Quirileinen.
    Und irrte sich Weddyn, oder schwang in der Stimme des Alten tatsächlich eine grausame Vorfreude auf ein in Kürze eintretendes Ereignis mit?
    Die Tür besaß keine Klinke.
    »Du mußt dagegen drücken. Einfach dagegen drücken«, war ihm Quirileinen behilflich.
    Weddyn blickte ihn an. Die Pistole zielte unverändert auf seine Brust.
    »Was befindet sich dahinter?« fragte er mit trockenem Mund.
    »Zu große Neugierde ist ungesund«, lachte der Alte. »Warum so ungeduldig? öffne die Tür und du wirst sehen, was dahinter liegt. Los jetzt!«
    Wieder diese unmißverständliche Geste mit dem Revolver.
    Weddyn zögerte noch drei volle Sekunden, dann gab er sich einen Ruck. Ein weiteres Sträuben war zwecklos. Der Alte hielt den entscheidenden Trumpf in der Hand.
    Mit den Fingerspitzen drückte er zaghaft gegen die getarnte Tür, die sofort nachgab und nach innen aufschwang. Kein Geräusch war dabei zu hören.
    Dahinter wartete eine entsetzliche Lichtfülle, die Weddyn im ersten Moment blendete. Erst nach und nach nahm er wahr, was es mit dem Raum für eine Bewandtnis hatte.
    Quirileinen stieß ihm von hinten den Revolverlauf zwischen die Schulterblätter. Wankend ließ er sich in den Raum treiben, wo ihn das Grauen erwartete.
    Hinter ihm schloß der Wahnsinnige die Tür.
    ***
    Es war stockdunkel.
    Kerr tastete sich Stufe um Stufe nach oben, wobei er sich mehr skeptisch als vertrauensvoll an das unsichtbare Treppengeländer klammerte. Wenn er sein Körpergewicht einmal etwas unbedacht stark auf das Holzgeländer übertrug, fing es bedenklich zu wackeln an. Nachdem er diese Feststellung gemacht hatte, beschränkte er sich auf äußerst behutsame Berührungen, die er ansonsten nur seiner Anverlobten im Büro zukommen ließ.
    Als er auf der zweiten Etage kurz stoppte, hörte er das leise Regengeprassel, das von draußen hereinkam. Seine Ahnung war also eingetroffen.
    Da er sich dem dritten Stockwerk jetzt bereits auf Tuchfühlung genähert hatte, erhöhte er seine ohnehin gespannte Wachsamkeit. Unwillkürlich versuchte er, seine Extrasinne einzusetzen, um etwas aufzuspüren, was ihm normalerweise verborgen geblieben wäre. Das Ergebnis war jedoch bescheiden. Seine latenten druidischen Kräfte sprachen nicht an. Er mußte sich schon auf seine normalen Talente verlassen, was ihn allerdings kaum betrübte, weil die paranormalen Fähigkeiten, die er geerbt hatte, ohnehin ein recht zweischneidiges Schwert waren. Meistens ließen sie sich nicht gezielt einsetzen, und es kam schon mal vor, daß sie mehr Unheil stifteten, als dienlich zu sein.
    Er verwarf die störenden Gedanken.
    Lautlos stieg er die letzten Treppenstufen empor. Einer Treppe, die glücklicherweise noch gute Betonarbeit war und ohne verräterisch knarrende Dielen auskam.
    Kerr schmunzelte bei diesem Gedanken.
    Er brauchte manchmal nicht viel, um schmunzeln zu können.
    Als er wenig später jedoch vor der Wohnungstür im dritten Stock stand, gefror ihm dieses sympathische Wesensmerkmal.
    In diesem Augenblick nämlich wurden seine Druidenkräfte nun doch und von ganz allein aktiv…!
    ***
    Nie - nie! - hatte Rhodd Weddyn ein von der Bedeutung her grausigeres Bild gesehen, als das, was Quirileinen ihm hier bot…
    Leichen!
    Zwölf, teilweise bereits bedenklich ins Verwesungsstadium übergegangene Leichen, die wie die Statisten eines makabren
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