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022

Titel: 022
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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die Hände auf die Wangen gepresst. Ihr erster Impuls war, die Hand auszustrecken und die Mutter zu trösten, doch sie wich zurück, als Mary sie erblickte. Der Hass in den Augen der Mutter war unverkennbar.
    „Da bist du ja, du dummes Geschöpf! Ich hasse dich. Geh mir aus den Augen!"
    „Maman, bitte ..."
    „Verschwinde! Was immer mir widerfahren wird, du bist schuld daran!"
    Roger beugte sich, sein Triumphgefühl gemindert durch den Schmerz in den Gliedern, auf der Bank vor, während die Mutter die hässlichen Verletzungen an den Armen und am Oberkörper versorgte. Es war ein hart ausgetragener Wettstreit zwischen ihm und Belesme gewesen, einer, den der Junker schließlich gewonnen hatte, aber er wusste, dass er die, die dabei zugesehen hatten, mit seiner Tüchtigkeit beeindruckt hatte. Und als der Eroberer Einhalt geboten hatte, war Roger von ihm fest an den wunden Schultern ergriffen worden. William hatte ihm gesagt, dass er sich seinem Gefolge anschließen könne, eine außerordentliche Ehre selbst für die legitimen Söhne großer Barone. Robert de Belesme hatte nach dieser Neuigkeit verächtlich sein Schwert zu Boden geworfen, doch selbst er hatte nicht gewagt, sich gegen den alten William aufzulehnen.
    „So, fertig!" murmelte Glynis, während sie das Tuch in einer Wasserschüssel auswusch. „Wenigstens musste nichts genäht werden. Und nun . . .", sie stellte die Wasserschüssel beiseite und setzte sich neben Roger auf die Bank, „. . . erzähle mir noch einmal, wie es dazu gekommen ist."
    „Es gibt nichts zu erzählen, Mutter, das ich nicht bereits gesagt hätte." Er schaute in ihre blauen Augen, sah den Stolz darin und gab nach. „Schon gut. Es war, wie ich dir berichtet habe. Ich habe mit den Stechpuppen geübt, dort, wo ich sie heute Morgen hingestellt hatte. Wie dem auch sei. Mehrere andere Burschen hielten an und schauten mir zu. Und dann kam ein junger Mann - er heißt Robert de Belesme - und sagte, ich gehöre in einen Stall. Ich sei nichts als ein Bastard, und noch dazu der Bastard eines Feiglings, und man müsse mich in den Abwassergraben schmeißen, weil ich gewagt hätte, eine so ritterliche Betätigung zu versuchen. Ich hatte nur den Knüppel, den ich zum Üben benutzte, und Roger ein schönes Schwert.
    Gleichviel, er hätte seine Drohung wahr gemacht, wäre nicht Lea gekommen und hätte mich gerettet." Bei der Erinnerung setzte Roger ein breites Grinsen auf und nickte. „Ja, ich wünschte, du hättest Lea sehen können, Mutter. Sie marschierte kühn durch die Gruppe der Zuschauer, bot Belesme die Stirn, nannte ihn einen Feigling und verbot ihm, das zu tun, was er vorhatte. Als man sie festhalten wollte, forderte sie die Burschen heraus, de Nantes' Tochter anzufassen, und das haben sie nicht gewagt. Gleichviel, wir haben die Reiter nicht kommen gehört, bis dieser alte Mann in seiner Rüstung herbeiritt und zu erfahren verlangte, was nicht in Ordnung sei. Lea hat mich kein Wort sagen lassen, weil sie dem Mann alles erzählte. Du kannst dir unsere Überraschung nicht vorstellen, als wir herausfanden, dass er der alte Eroberer persönlich und höchst ungehalten darüber war zu hören, welche Rolle Belesme bei dieser Sache spielte. Er hat veranlasst, dass Walter de Clare mir seine Rüstung und sein Schwert gab und dem jungen Grafen gesagt, er solle anständig kämpfen. Jesus, Mutter ..." Roger zuckte zusammen, als er sich des Schmerzes entsann. „Aber Belesme hat gekämpft, als sei er vom Teufel besessen. Ich denke, er hätte mich getötet, wäre der alte William nicht da gewesen."
    „Nun, er hat es nicht getan, mein Sohn, und nun hast du deine Chance."
    „Ja. Wäre Lea nicht gewesen, wäre das nicht passiert." Rogers Miene verdüsterte sich bei dem Gedanken daran, dass er Eleanor sagen musste, er werde sie verlassen.
    Eingedenk der Gehässigkeit ihrer Mutter war ihr Leben in Nantes nicht sehr viel besser als seins. „Ich denke, sie wird die Neuigkeit nicht gut aufnehmen."
    „Sie ist noch ein Kind, Roger. Sie wird sich von dem Verlust erholen."
    Irgendwie war dieser Gedanke ihm nur ein kleiner Trost. Aus irgendeinem wunderlichen Grund wollte er sich nicht vorstellen, dass sie ihn nicht vermisste, nicht, dass er ihr irgendeinen Kummer wünschte, ganz im Gegenteil. Aber sie beide hatten so viel zusammen ertragen, dass er sich ihr auf eine besondere Weise innerlich verbunden fühlte und es ihm widerstrebte, dieses Band zu lösen. Nein, von der Mutter abgesehen, war sie für ihn der
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