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022

Titel: 022
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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alt und weise. Wäre sie fünfzehn oder sechzehn, würde sie eine gute Ehefrau abgeben, besonders, weil sie Nantes mitbringt, wenn Gilbert stirbt." William griff nach seinem Hemd und zog es über den Kopf. Seine Stimme klang gedämpft, als er sagte: „Ich finde die Demoiselle bezaubernd."
    „Und du bist achtundfünfzig und hast das Haus voller Erben", hielt Henry ihm alarmiert vor.
    „Ich brauche keine Gattin", stimmte William milde zu, während er nach dem Obergewand griff. „Ich habe an Rufus gedacht. Robert ist verheiratet. . . Das nützt uns nichts, da er auf der Seite meiner Feinde steht. . . aber Rufus nicht."
    Henry kämpfte gegen den Brechreiz an. Bei dem Gedanken an die süße Eleanor und den rohen, gewalttätigen Rufus kam ihm die Galle hoch. Nein, Rufus hatte keine Verwendung für eine Frau. Die Demoiselle hätte eine bessere Chance, dessen Liebe zu gewinnen, wenn sie ein hübscher blonder Junge wäre.
    „Dein Bruder wird England bekommen, Henry. Ich kann Robert nicht davon abhalten, die Normandie als sein Geburtsrecht für sich zu fordern, aber, bei allen Heiligen, ich kann England dem Sohn geben, der mir beisteht. Die kleine Erbin von Nantes könnte einen guten Einfluss auf ihn haben, Henry."
    „Nein! Das würdest du nicht tun! Das kannst du nicht tun! Denke nach. Rufus würde nicht wissen, was er mit so einer Frau wie ihr anfangen soll. Nein, er würde sie nicht haben wollen!"
    Der alte Herzog wickelte die Strumpfbänder um die eng anliegenden Beinkleider.
    „Ich bin mir der befremdlichen Gelüste deines Bruders sehr wohl bewusst. Du musst mich nicht daran erinnern."
    „Papa, außer Roberts und Rufus' Vermählung sind noch andere Aspekte zu erwägen." Henrys Stimme hatte einen eindringlichen Klang bekommen, der im Gespräch mit dem Vater nicht oft angeschlagen wurde. „Robert bekommt die Normandie, Rufus bekommt England, und ich bekomme nichts. Die Demoiselle bringt Graf Gilberts Unterstützung und eines Tages sogar Nantes. Sie ist alles, was ein Mann sich nur wünschen könnte - schön, intelligent, willensstark und loyal. Kann sie nicht die Meine werden?"
    „Henry, ist es dein Herz, das spricht, oder melden sich deine Lenden?"
    „Beides ist der Fall. Ich müsste lügen, wollte ich das leugnen."
    William seufzte, während er den jüngsten Sohn betrachtete. „Ein Mann in deiner Stellung kann es sich nicht leisten, so zu heiraten, wie er sich das wünscht. Du musst immer die politischen Aspekte deiner Entscheidungen abwägen, weil ich kein Land habe, das ich dir überlassen kann. Es gibt genug Geld, um dich reich zu machen, aber kein Land."

    „Die Demoiselle kann mir Land einbringen. Bestimmt wird Gilbert sie gut ausstatten, und dann ist da noch Nantes. Sie kann mir die Grafschaft einbringen, Papa."
    „Sie ist erst zwölf Jahre alt. Was ist, wenn sie nicht lange genug lebt, um dir einen Erben zu schenken? Ihr Land wird dann an ihre nächstältere Schwester fallen, nicht an dich. Und hast du in Betracht gezogen, dass es zwei oder drei Jahre dauern wird, ehe du mit ihr schlafen kannst?"
    „Und was ist mit Rufus?" wandte Henry ein. „Ich bezweifele, dass er überhaupt mit ihr schlafen wird, nicht einmal England zuliebe. Ich wette, an seiner Seite würde sie eher sterben als an meiner."
    William war unschlüssig. Sein jüngster Sohn war in vielern so, wie er sein wollte -
    intelligent und listig, gebildeter als die ihm Ebenbürtigen, ausgeglichen und loyal.
    Oh, wenn er doch den wertlosen Robert enterben und für Henry sorgen könne!
    Nein, die Barone würden gegen den Gedanken revoltieren, dass der älteste Sohn nicht erbte. Und außerdem war da das der geliebten Mathilda gegebene Versprechen. Robert war immer ihr Liebling gewesen. Und was Rufus betraf, so konnte William ihn ebenfalls nicht außer Acht lassen. Schroff, grob, mit einem Hang zur Grausamkeit, stand Rufus dennoch immer fest zu seinem Vater, schlug sich immer wieder für ihn und riskierte sein Leben, damit William sicher auf Englands Thron saß. Aber Henry hatte Recht. Rufus würde keine Königin haben wollen.
    Aufmerksam beobachtete Henry den nachdenklichen Vater. Im Verlauf der kurzen Unterhaltung mit ihm war die kleine Eleanor de Nantes ihm sehr wichtig geworden.
    Er wollte sie nicht nur ihrer außerordentlichen Schönheit und ihres Reichtums wegen haben. Jetzt war sie zum Symbol des eigenen Wertes beim Vater geworden.
    Schließlich sagte William bedächtig und sachlich: „Das, was du gesagt hast, mein Sohn, hat viel für
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