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022 - Ich der Vampir

022 - Ich der Vampir

Titel: 022 - Ich der Vampir
Autoren: Hugh Walker
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erreichen.
    Er begann über die Wiese zu schreiten. Er lief nicht. Es sah so aus, als schaffte er es. Sie schienen zu aufgeregt, um zu bemerken, dass einer unter ihnen war, der nicht zu ihnen gehörte.
    Vick hatte beinahe den Waldrand erreicht, als das Schicksal in Form eines
    Mannes zuschlug, an den er sich nur zu gut erinnerte: Der Mann, der mit seiner toten Frau entwischt war.
    Auch er hatte Vicks Gesicht nicht vergessen. Er brüllte auf, als er Vick bemerkte. Die Umstehenden, keine Uniformierten, sondern Männer und Frauen, offenbar Neugierige, die sich seit dem Nachmittag dazugesellt hatten, wurden nun aufmerksam.
    „Das ist das Ungeheuer!“ schrie der Mann und sprang auf Vick los.
    Vick wehrte ihn ab, bemüht, wenigstens noch die ersten Bäume zu erreichen, aber er war plötzlich umringt. Die Menschen starrten ihn hasserfüllt an. Es waren derbe, ländliche Gesichter ohne Mitleid.
    „Wie nennt ihr einen, der Blut trinkt?“ brüllte der Mann wieder.
    „Einen Vampir!“ grollte die Menge, erfüllt von einem ersten Funken abergläubischer Mordlust.
    Vick begann sich heftig zu wehren, als Hände nach ihm griffen und ihn festhielten.
    Das Feuer war ihm erspart geblieben. Was stand ihm nun bevor? Er las sein Todesurteil deutlich genug in den Augen seines fanatischen Feindes.
    „Wir müssen ihn töten!“ schrie der Mann. „Töten!“
    Die Menge murmelte zustimmend.
    „Wie töten wir einen Vampir?“
    „Durch einen Pfahl!“
    „Jaaa!“ raste der Mann und deutete auf den Wald.
    Der Ring von Gestalten schob Vick vorwärts. Er versuchte zu rufen, aber eine Hand presste sich auf seinen Mund. Er biss zu. Der Mann, der ihn hielt, heulte auf.
    Existenzangst erfasste die Bestie in Vick. Er schrie, aber niemand außer den Umstehenden hörte ihn. Der Lärm auf der Lichtung war zu groß. Die Polizei war noch immer mit dem beinahe zusammen gebrannten Haus beschäftigt.
    Grobe Fäuste stießen ihn zwischen die Bäume hinein, bis das Feuer nur noch als vager Schein zwischen den Stämmen sichtbar war.
    Dann warfen sie ihn auf den Boden, während zwei andere nach einem starken Ast suchten. Sie brauchten nicht lange. Sie kamen mit einem armdicken Pfahl zurück und machten sich daran, ihn mit ihren Taschenmessern zuzuspitzen. Die Bestie in Vick raste, aber er lag schlaff und sammelte Kraft für den entscheidenden Augenblick.
    Sein Widersacher blickte triumphierend auf ihn hinab und genoss das Vorgefühl seiner Rache.
    „Ins Herz!“ rief er, als die Männer fertig waren. „Zielt genau mitten ins Herz!“
    Vick bäumte sich auf. Er bekam einen Arm frei und schleuderte zwei oder drei Männer von sich. Aber fünf andere nahmen ihren Platz ein und hielten ihn unbarmherzig auf den Waldboden nieder. Er schrie und heulte und kreischte, dass die Männer vor Angst ihre Kräfte verdoppelten. Sein Gebrüll war nicht mehr menschlich. Sie spürten es alle – hier hatten sie es mit einem Dämon zu tun.
    Einer setzte den Pfahl an die Stelle. Dann lehnte sich ein halbes Dutzend mit ganzer Kraft darauf, und der Pfahl ruckte durch den Körper in die Erde und hielt ihn fest wie ein gewaltiger Nagel.
    Vicks Schreie brachen ab, als das Herz durchbohrt wurde. Er erstarrte – festgefroren wie unter dem Licht des Tages. Er hörte und sah, wie die Männer langsam einer nach dem anderen zur Lichtung zurückgingen. Schließlich war nur noch der Mann bei ihm, der sein Opfer gewesen war. Er schien sich von dem Anblick seiner erfüllten Rache nicht trennen zu können.
    Aber endlich ging auch er, und Vick war allein. Er lauschte auf die Geräusche der fernen Lichtung. Noch immer war das Haus nicht tot, und der Äther war erfüllt von seinem Sterben.
    Zweimal in der Nacht kehrte der Mann wieder und überzeugte sich, dass der Pfahl noch immer im Herzen saß.
    Dann wurde es auch auf der Lichtung still. Die Männer zogen ab. Was blieb, waren nur die Geräusche des nächtlichen Waldes.
     

     

Erst kamen die räuberischen Ameisen und machten sich emsig über das längst tote Fleisch her. Vick fühlte, wie sie über seinen Leib krabbelten, durch Nase und Ohren, wie sie durch seinen im Schrei geöffneten Mund ins Innere krochen.
    Dann kam der Morgen, und mit ihm die Sonne. Sie fiel durch die Wipfel auf den reglosen Körper. Die Strahlen rissen den magischen Vorhang der Konservierung beiseite, und für Vick begann der Akt der Verwesung.
    Als die Nacht erneut kam, hatte sein Fleisch bereits zu faulen begonnen.
    Der Gestank lockte auch größere Aasfresser
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