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022 - Ich der Vampir

022 - Ich der Vampir

Titel: 022 - Ich der Vampir
Autoren: Hugh Walker
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liegen? Warum vermag dich ein Pfahl im Herz zu töten, obwohl dieses Organ längst zu schlagen aufgehört hat und keine lebensnotwendige Funktion mehr erfüllt? Warum lebst du, obwohl du im physikalischen Sinne längst tot bist?“ Nachdenklich sah sie ihn an. „Es sind die Fesseln der Phantasie“, fuhr sie schließlich fort. „Im Grunde sind wir Paradoxa. Wir sind Geschöpfe des Menschen, und wir leben von seiner Substanz. Wir sind alle seine Ängste, zu Fleisch geworden, oder besser: greifbar geworden. Wir sind Symbole, darum ist unsere Existenz symbolisch und unsere Vernichtung nicht minder.“
    Er nickte in Gedanken. Ja, das klang verrückt und logisch zugleich. Cogito, ergo sum, dachte er. Ich denke, daher bin ich. Das war vielleicht der Schlüssel. Philosophisch, nicht rational, musste er seine Existenz betrachten. Die Philosophie schien ihm wie ein großer schwarzer Teich, in dem alles schwimmen konnte.
    Als er aufblickte, bemerkte er, dass Katalin verschwunden war. Er hatte aber keine Tür gehört. Er sah sich im Zimmer um, bis er ganz sicher war, dass er sich allein darin befand. Dann sagte er leise: „Katalin?“
    Er fuhr herum. Sie stand lächelnd hinter ihm – mitten im Zimmer. Verblüfft schüttelte er den Kopf. Er wollte sie fragen, wie sie das fertig brachte, aber ein Geräusch versetzte ihn schlagartig in Alarmbereitschaft: Der Lärm von Automotoren!
    Vandermann und seine Männer kamen.
    „Du musst dich verbergen. Wenn sie dich entdecken, bist du in großer Gefahr“, drängte Katalin. „Dieser Vandermann ist ein Fanatiker. Wenn er sich einmal durchgerungen hat, etwas Bestimmtes zu glauben, dann glaubt er es gründlich und mit allen Konsequenzen. Geh in dein Zimmer und bleib dort. Versprich es mir!“
    „Und du?“ entgegnete Vick. „Du bist nicht in Gefahr?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Dieses Haus ist meine Welt. Ich kann in ihr kommen und gehen, wie ich es will. Hast du es eben nicht selbst bemerkt? Ich benütze keine Türen, um in diese Zimmer zu gelangen. Ich entstehe dort, wo ich sein will“, sagte sie geheimnisvoll. „Rasch jetzt!“
    Während Vick Danner nach oben lief, sein Zimmer durchquerte, die Fensterläden aufriss und auf die herankommenden Fahrzeuge starrte, öffnete sich unten die Eingangstür weit und einladend.
    Vier Wagen fuhren die Auffahrt hoch.
    „Na, was sagt ihr jetzt?“ hörte er Vandermanns triumphierende Stimme.
    „Höchst merkwürdig“, antwortete einer.
    „Vorsicht, Leute, hier stimmt was nicht!“ Das war einer der Polizisten.
    Dreizehn Männer stiegen aus den Fahrzeugen und beäugten befremdet das gewaltige Haus, nach dem sie am Nachmittag vergeblich gesucht hatten.
    „Na, dann wollen wir mal sehen, ob Ihre interessante Dame auch zu Hause ist, von der Sie uns so nett berichtet haben.“ Das war der zweite Polizeibeamte. Er schritt mit seiner Pistole im Anschlag die Treppen hoch und spähte vorsichtig in den dunklen Vorraum. „Sieht alles friedlich aus“, brummte er mehr zu sich selbst, als zu den anderen. „Andererseits kommt’s mir bei näherer Betrachtung vor wie eine Falle, die jeden Augenblick zuschnappen will.“
    „Na, was siehst du?“ rief einer von unten.
    „Schwer zu sagen“, meinte der Beamte. „Man scheint uns zu erwarten.“
    „Warum tun wir ihnen den Gefallen nicht?“ rief ein anderer.
    „Ja“, pflichtete Vandermann bei. „Wenn wir herumstehen, finden wir nichts. Wir sind genug, um es auf den Kopf zu stellen.“
    „Ich weiß nicht“, meinte der Beamte noch immer zögernd. „Wir haben nicht mal einen Haussuchungsbefehl. Alles was wir haben, ist Ihre reichlich märchenhafte Erzählung, Herr Vandermann. Ein Mordanschlag auf Sie, und ein Mord an Ihrem Freund Vick Danner. Ihr Bericht über einen angeblichen Vampir, der Sie in den Hals gebissen hat, mag das abergläubische Blut unserer bäuerlichen Freunde hier ordentlich in Wallung gebracht haben, aber meines rinnt noch recht ruhig, und mich quält der Gedanke, dass ich hier meine Kompetenzen bei weitem überschreite.“
    Er hielt inne, und auch die anderen warteten unentschlossen. Schließlich, als Vick schon glaubte, sie würden alle wieder abziehen, sagte der Polizist: „Also gut. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen: hier steht ein Haus, wo am Nachmittag noch keines stand. Das ist wohl Grund genug, ein wenig herumzuschnüffeln. Vorwärts, Männer. Drei bleiben bei den Wagen und behalten das Dorf im Auge. Wenn sich etwas rührt, schlagt Alarm. Die anderen zu mir.
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