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022 - Ich der Vampir

022 - Ich der Vampir

Titel: 022 - Ich der Vampir
Autoren: Hugh Walker
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zu sich. Sein Mund füllte sich mit dem Blut von der Kehle her, und sein Schrei brach gurgelnd ab. Er bäumte sich auf, während Vick wie ein Verdurstender an der strömenden Wunde saugte.
    Der Schrei hatte einige der Männer aus ihrer Bewusstlosigkeit geweckt. Sie sahen mit Grauen, was vor ihren Augen geschah. Verzweifelt und vergeblich warfen sie sich gegen die Gitter. Ihre Schreie der Ohnmacht und Wut verhallten unbeachtet.
    Der Junge wurde schlagartig schlaff in Vicks Griff. Die Blutfontäne verebbte. Trunken und mit roten Schleiern vor den Augen sah Vick auf.
    Ein langes Seufzen kam von Katalin an seiner Seite. „Er ist tot“, flüsterte sie. „Er ist erstickt an seinem Blut.“
    Jetzt erst wurden sie der schreienden, fluchenden Männer um sich wahr. Nüchternheit kam über Vick. Er sah Katalin mit geschlossenen Augen neben sich knien. Deutlich stand in ihrem Gesicht, dass sie etwas genoss.
    „Ihr Bestien!“ brüllte einer der Männer. Vicks Augen wanderten im Kreis und erfassten das schreckerstarrte Gesicht Vandermanns.
    Er trat zu ihm.
    „Sie mussten es genau wissen, nicht wahr?“ sagte er.
    „Vick“, krächzte Vandermann kaum verständlich, „schaut so das Ende aus?“
    „Es kommt noch nicht, aber bald“, entgegnete Vick ohne Spott. Es war eine Feststellung.
    Plötzlich weiteten sich Vandermanns Augen und starrten auf einen Punkt hinter Danner. Vick drehte sich herum und beobachtete fasziniert, wie der Steinboden unter der Leiche des Jungen lebendig wurde. Er öffnete sich wie ein großer Mund und nahm den Körper zwischen seine kalten, steinernen Zähne.
    Der Polizist in der Nische hinter Katalin hatte plötzlich seine Pistole in der Hand und feuerte von Entsetzen erfasst auf das kniende Mädchen, bis das Magazin leer war.
    Katalin erwachte aus ihrer Trance. Sie lachte spöttisch und löste sich auf vor aller Augen.
    „Ich verstehe das noch immer nicht“, stellte Vick später fest, als er zusammen mit Katalin auf dem breiten Bett in seinem Zimmer lag und aus der verlöschenden Ekstase ihrer Zärtlichkeiten aufwachte. „Was hast du da unten genossen?“
    „Seinen Tod“, erklärte das Mädchen. „Sein Sterben.“
    „Das spürst du?“ fragte er verwundert.
    Sie nickte.
    „Nur das Sterben? Oder auch den Schmerz?“
    „Nein, nur den Tod, wenn er in diesem Haus eintritt.“
    „Das Wie ist gleichgültig?“
    „Vollkommen. Nur nicht das Wann! Sie müssen jung sein und in der Blüte ihrer Geister, denn sie verlöschen nicht. Sie gehen auf in diesem Haus. Es ist ein Haus der Toten. Die Mauern sind aus ihrer Substanz, und ihre Geister sind es, die sie halten und mit Unsterblichkeit erfüllen. Dieses Haus ist so untot wie du, Vick. Es hat dir von seiner Unsterblichkeit gegeben, weil es dich liebt.“
    „Das Haus liebt mich?“ wiederholte er verwundert.
    Sie nickte ernsthaft.
     

     
    Zwei Tage vergingen.
    Und zwei Nächte voller Leidenschaft und Blut und Tod. Katalin zählte sie nicht. Zeit bedeutete ihr nichts. Das Mädchen erschien ihm immer mehr wie ein Geist; die Art und Weise, wie sie erschien und verschwand, bestärkte ihn darin. Sie schien allgegenwärtig zu sein, denn gleich, wo er sie auch rief, immer war sie augenblicklich zur Stelle.
    Welche Funktion übte sie aus in diesem Haus – vielleicht nur jene, es zu bewohnen und für Opfer zu sorgen.
    Sie waren wirklich ein gutes Gespann: Er liebte das Blut, und sie den Tod, und das Haus den Kadaver.
    Gab es eine perfektere Verwertung?
    Gegen Ende der Woche waren nur noch Vandermann und ein Polizist übrig, halb verrückt vor Angst und Entsetzen.
    Da brachte Max eine alarmierende Nachricht. Der Mann, der Vick und Franziska an jenem verhängnisvollen Morgen mit dem Wagen und seiner Frau entkommen war, hatte überlebt und eine größere Untersuchung in die Wege geleitet. Was ihn trieb, war vor allen Dingen der Tod seiner Frau.
    Ein größeres Polizeiaufgebot war im Anmarsch. Auch nach Vandermann, den beiden Polizisten und den verschwundenen Bauern wurde inzwischen bereits geforscht. Die Polizei sei schon mehrmals dagewesen und es wäre nur eine Frage der Zeit, bis sie die richtige Spur fänden. Max rechnete auch damit, dass sie ihn früher oder später verhaften würden. Aber er bedauerte es nicht.
    Katalin wurde sehr nachdenklich.
    „Hast du Angst?“ fragte Vick sie.
    Sie nickte. „Es sieht so aus, als hätte ich diese neue Zeit unterschätzt. Die Menschen sind mächtiger geworden in ihrer Ignoranz.“
    „Aber was fürchtest du? Was
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