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022 - Die wandelnde Tote

022 - Die wandelnde Tote

Titel: 022 - Die wandelnde Tote
Autoren: Bernd Frenz
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Programmierungssymbole, mit denen sie die Verriegelung der Luftschächte widerrief. Auf diesem Weg konnte die Außenluft schleichend in die abgeschotteten Bereiche vordringen.
    Aber das ging dem Mischwesen nicht schnell genug. Hastig riss sich die Susan-Taratze den Tornister von der Schulter und holte ein verschlossenes Reagenzglas hervor. Darin schwebten Millionen von Schnupfenerregern, die ihr bereits eine Woche zuvor gute Dienste geleistet hatten.
    Für einen Oberflächenbewohner bedeuteten diese Viren nicht mehr als eine laufende Nase - für die immungeschwächten Technos wirkten sie innerhalb von Minuten tödlich.
    Susarrn fuhr die Intensität des Laserbeamers auf ein Minimum zurück. Mit dem dünnen Strahl schnitt sie ein Loch in die hintere Turbinenverkleidung. Gerade groß genug, um die Viren darin freizusetzen. Sie hob den Arm, um den verschlossenen Glaskörper in die Öffnung zu bugsieren, als plötzlich der Zielstrahl eines LP-Gewehres über ihre Schulter strich.
    Ihre Glieder waren vor Entsetzen wie gelähmt, als sich der leuchtende Punkt auf der Turbine abzeichnete. Eine Sekunde später war er verschwunden. Vermutlich wanderte er gerade ihren Rücken hinab.
    Instinktiv knickte Susarrn in den Knien ein und warf sich zur Seite. Das Reagenzglas entglitt ihrer Pranke und zerschellte auf dem Boden.
    Da rauschte schon die Energiekaskade heran. Fauchend pflügte der Blitz über ihre Schulter.
    Der Gestank von verbranntem Fell stieg in ihre Nase, während das Gestänge unterhalb der Turbine in einem Funkenregen verglühte.
    Susarrn wirbelte ihren Laserbeamer in die Höhe. Ihr linker Arm war gelähmt, trotzdem gelang es ihr, den Lauf auf das Schott zu richten. Dort stand eine blutüberströmte Gestalt, die nur an ihren mandelförmigen Augen zu erkennen war. Der Rest des zerschnittenen Ge- sichts war grausam entstellt.
    Captain Blair.
    Der Mann mit der Drachentätowierung war mehr tot als lebendig, doch irgendwie gelang es ihm, sich auf den Beinen zu halten. Mühsam richtete er seine Waffe neu aus. Der Zielstrahl tastete über den Boden, doch ehe er die Taratze erreichte, leuchtete bereits ein heller Punkt an seiner eigenen Brust auf.
    Susarrn betätigte die Abzugstaste. Nur ein nadelfeiner Strahl verließ den Lauf ihres LP-Gewehres. Sie hatte die Intensität seit dem Schweißvorgang nicht wieder erhöht. Der Energiestoß bohrte sich mit chirurgischer Präzision durch Blairs Körper und hinterließ ein durchgehendes Wundloch, dessen Ränder sauber verschlossen wurden.
    Captain Blair schrie vor Schmerz auf, hielt sich aber weiter auf den Beinen.
    Sein Zielstrahl erreichte das Fell der Taratze. Zu spät. Susarrn war bereits aufgesprungen, erreichte den Asiaten mit drei schnellen Sätzen und drosch im ihre Pranke ins Gesicht.
    Der Techno wurde wie eine Puppe in den Gang geschleudert. Krachend schlug er mit dem Rücken auf, doch seine Hand ließ den Laserbeamer nicht los. Susarrn wollte sofort nachsetzen, aber sein in die Höhe ruckender Oberkörper stoppte sie mitten in der Bewegung. Ein dröhnender Hustenanfall ließ Blairs Brust erzittern. Blut quoll über seine Lippen, bevor er zurück sank und röchelnd starb. Die Schnupfenviren hatte in Sekunden bewirkt, was alle körperliche Gewalt nicht zu erreichen ver- mochte. Captain Blair war tot.
    Susarrn präsentierte ihr scharfes Raubtiergebiss in einem triumphierenden Grinsen. Die Schmerzen, die von ihrer verbrannten Schulter bis unter die Schädeldecke zogen, stachelten die animalische Seite des Mischwesens an. Aber noch behielt ihr logischer Teil die Oberhand.
    Knurrend eilte sie in den Turbinenraum zurück. Sie klaubte das zersprungene Reagenzglas vom Boden auf und warf die Scherben in die offene Turbine. Die wirbelnden Schaufelräder verteilten die daran haftenden Viren im gesamten Bunker.
    Zufrieden nahm Susarrn ihren Laserbeamer auf. Nun war die Zeit für den Nahkampf gekommen. Fauchend rannte sie zurück zur Promenade. Das taube Gefühl in ihrer linken Schulter war schon fast wieder gewichen, als sie durch das zersprengte Schott trat.
    Etwa dreißig Technos hielten sich in diesem Bereich auf, doch niemand schrie bei ihrem Anblick auf. Die Männer und Frauen lagen verkrümmt auf der künstlichen Wiese und husteten sich die Seele aus dem Leib. Einige spuckten Blut, andere schieden leise röchelnd aus dem Leben.
    Es dauerte nur noch wenige Sekunden, dann war Susarrn das einzige lebende Wesen in der großen Halle. Die Berglandschaft, die an die Wände projiziert
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