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019 - Woelfe in der Stadt

019 - Woelfe in der Stadt

Titel: 019 - Woelfe in der Stadt
Autoren: Neal Davenport
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so. Vor der Gartenmauer hören die Spuren auf.«
    »Was hat der Arzt feststellen können?«
    »Helen O’Hara wurde von zwei wilden Tieren zerfleischt, das steht eindeutig fest. Ihr Körper wurde fürchterlich zugerichtet, und als sie tot war, wurden ihr der Kopf, beide Hände und beide Füße abgebissen. Eine Hand und ein Fuß sind verschwunden. Alles so wie bei den anderen Fällen. Wahrscheinlich bekommen irgendwelche ahnungslosen Leute diese Gliedmaßen per Post zugestellt.«
    Da konnte der Leutnant recht haben. Bis jetzt hatten sich drei derartige Fälle ereignet. Das erste Opfer war ein junges Mädchen gewesen, das von einer Geburtstagsfeier nach Hause gegangen war; das zweite Opfer war eine Schönheitstänzerin gewesen, die in ihr Auto einsteigen wollte. Und das dritte Opfer war ein Hochschulprofessor, der auf seinem Abendspaziergang gewesen war. Und immer hatten eine Hand und ein Fuß gefehlt, die dann per Post verschiedenen Leuten zugestellt worden waren.
    »Wer steckt dahinter?« fragte Gordon.
    »Keine Ahnung«, sagte Deeks. »Es steht nur eindeutig fest, dass hundeartige Tiere diese Untaten verübten, aber so ein Geschöpf kann nicht gut die Gliedmaßen einpacken und mit der Post aufgeben.«
    »Vielleicht ein Mann, der zwei Hunde dressiert hat und dann …«
    »Möglich. Ich kann es Ihnen nicht sagen, Gordon. Ich bitte Sie nur, bauschen Sie diese Fälle nicht zu sehr auf. Wir erzeugen damit nur Panik.«
    Tony nickte. »Das ist mir klar, Leutnant. Aber wir müssen eine Warnung durchgeben.«
    »Tun Sie das! Schreiben Sie von wild gewordenen Hunden oder so etwas.«
    »So einfach wird das diesmal nicht gehen. Sie vergessen, dass Helen O’Hara eine der bekanntesten Schauspielerinnen war. Das ist kein Fall, der nur lokales Aufsehen erregen wird. Dieser Fall wird Schlagzeilen von der Ost – bis zur Westküste machen.«
    »Das befürchte ich auch«, sagte Deeks.
    »Es muss ein Zusammenhang zwischen diesen Fällen bestehen. Da sollte es doch möglich sein, dem Täter auf die Spur zu kommen.«
    »Sollte man meinen«, sagte Deeks kummervoll. »Bis jetzt fanden wir aber keinen Zusammenhang. Haben Sie noch irgendwelche Fragen, Gordon?« Tony schüttelte den Kopf. »Ich fahre jetzt in die Redaktion, um meinen Bericht für die Mittagsausgabe zu schreiben.«
    »Tun Sie das!« sagte der Leutnant. »Aber schwelgen Sie nicht in Vermutungen.«
    »Ich muss mit dem Chefredakteur sprechen. Es ist Ihnen doch hoffentlich klar, was für ein Fressen dieser Fall für die Zeitungen ist?«
    »Leider«, sagte Deeks. »Das ist mir vollkommen klar.«
    Das Gebäude der Chicago Daily News lag in der North Wabash Avenue, 401. Es war zehnstöckig, und Tony Gordon hatte sein Büro im achten Stock, einen winzigen Raum, dessen einziges Fenster auf die Wabash Avenue führte. Ein Büroschrank nahm eine Wand ein, der Schreibtisch und das Schreibmaschinentischchen schufen eine bedrückende Enge. Tony hielt sich immer nur zum Schreiben seiner Artikel in seinem Zimmer auf. Sein Beitrag zur Verschönerung bestand in einigen Playmate-Bildern, die er mit Reißzwecken an der Wand befestigt hatte, und einer Kollektion von dummdreisten Sprüchen, die über den Rundungen der sterilen Bildschönheiten klebten.
    Er schlüpfte aus seiner Jacke und klemmte sich hinter die Schreibmaschine. Da wurde die Tür geöffnet und der Redaktionsbote trat mit einer Kanne Kaffee ein.
    »Danke, Joe«, sagte Tony und schenkte sich ein.
    »Der Umschlag ist für Sie abgegeben worden, Mr. Gordon«, sagte der junge Mann.
    Tony griff danach und sah ihn flüchtig an.
    Dringend! stand mit rotem Filzschreiber quer über das Kuvert geschrieben.
    Der Kaffee war heiß und bitter. Tony steckte sich eine Zigarette an, nahm den Umschlag in die Hand und angelte sich schließlich den Brieföffner.
    Ein Packen Fotos fiel ihm entgegen. Er drehte sie um und erstarrte. Plötzlich schmeckte ihm die Zigarette nicht mehr.
    Es waren vierundzwanzig Hochglanzfotos im Großformat, und sie waren von einer eindringlichen Grausamkeit.
    Er breitete die Fotos auf seinem Schreibtisch aus. Aneinandergereiht wirkten sie fast wie ein Film.
    Auf dem ersten Foto sah man Helen O’Hara, die von einem Wolf verfolgt wurde. Das zweite Bild zeigte, wie der Wolf in ihre Wade biss. Und so ging es weiter. Die letzten Fotos waren ganz entsetzlich. Auf einem war zu sehen, wie einer der Wölfe der Schauspielerin den Kopf abbiss.
    Tony schloss die Augen. Seine Hand zitterte leicht. Mit einem Ruck schob er die Fotos zusammen
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