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019 - Bei Vollmond wird gepfählt

019 - Bei Vollmond wird gepfählt

Titel: 019 - Bei Vollmond wird gepfählt
Autoren: Dämonenkiller
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den Mantel aus, holte sich einen Stuhl und setzte sich den beiden alten Geschwistern gegenüber. Unverwandt und ohne ein Wort zusagen, musterte er sie.
    Der alte Jimmy stellte das Radio ab. »Was wollen Sie von uns? Was sehen Sie uns so an?«
    Dorian warf das Blatt Papier auf den Tisch.
    Die beiden alten Leute beugten ihre weißhaarigen Köpfe darüber und starrten auf die Linien. Der Greis setzte umständlich seine Brille auf. »Was soll das sein? Ich werde nicht klug daraus.«
    »Das ist Ihr Haus mit Grundstück«, erklärte Dorian.
    »Was haben die Kreuze zu bedeuten?«
    »Nun, was kennzeichnet man denn vor allem mit einem Kreuz?«
    Die alte Liza hatte bessere Nerven als ihr Bruder. In ihren blauen Augen stand keine Furcht, als sie Dorian anblickte. Sie hielt seinem Blick stand.
    »Wir wissen nicht, was Sie meinen, Mr. Hunter.«
    »Sie wissen genau, worauf ich hinaus will. Ein Grab kennzeichnet man mit einem Kreuz. Sehen Sie, wie sorgfältig die Kreuze hier rund um das Haus gemalt sind? Ich bin gespannt, was man finden würde, wenn man an den Stellen zu graben anfinge.«
    Lange Zeit herrschte Stille. Der alte Mann saß mit offenem Mund da, die alte Frau schien auf ihrem Stuhl zusammenzusinken.
    »Ich will alles wissen. Bald ist wieder Vollmond. Der Spuk, der sich hier im Hause abspielt, muß beendet werden.«
    »Wenn Sie das könnten, wären wir Ihnen ewig dankbar« sagte die Greisin. »Doch es ist unmöglich. Vergessen Sie, daß es uns und dieses Haus gibt. Es ist besser für Sie. Kommen Sie nie wieder hierher! Nie wieder!«
    »Sie können mich nicht abhalten und umstimmen. Entweder Sie reden, oder ich lasse den Garten umgraben. Versuchen Sie keine Tricks! Selbst wenn Sie ein Mittel finden sollten, mit mir fertig zu werden, hilft Ihnen das wenig. Man weiß genau, womit ich mich in der letzten Zeit beschäftigt habe, und nach mir werden andere kommen.«
    »Sag es ihm nicht, Liza!« rief der alte Mann. »Keystone wird uns schrecklich bestrafen, wenn er es herausfindet.«
    Dorian legte das silberne Kreuz auf den Tisch. Es funkelte und glitzerte im Sonnenlicht. Im ganzen Haus gab es kein Kreuz, und die beiden Alten zuckten davor zurück. Aber dann sahen sie das Kreuz sehnsüchtig und voller Hoffnung an. Die alte Liza streckte eine Hand aus, um es zu berühren, aber zehn Zentimeter davor zuckte ihre Hand zurück, als hätte sie ein glühendes Eisen angefaßt.
    »Ich werde reden«, sagte sie. »So oder so – es nimmt ein schreckliches Ende. Gehen Sie mit mir hinaus, Mr. Hunter! Draußen fühle ich mich sicherer.«
    Jimmy rang verzweifelt die Hände. Er folgte seiner Schwester und Dorian in den großen verwilderten Garten hinaus. Es war kühl und roch nach Erde und moderndem Laub. Die Fensterläden von Claudias Zimmer wurden geöffnet, aber Claudia bemerkte die drei unten im Garten nicht. Sie war gerade erst aufgestanden; da sie bis zum frühen Morgen arbeitete, pflegte sie entsprechend lange zu schlafen.
    Dorian Hunter und die beiden alten Leute setzten sich auf eine Bank im Garten. Die beiden Alten wollten erst nicht so richtig mit der Sprache heraus, und Dorian ließ ihnen Zeit. Nach einigen Minuten kam Claudia Bell aus dem Haus, fertig angezogen zum Weggehen. Sie war überrascht, als sie Dorian bei den beiden Alten sitzen sah.
    »Hallo, Rian, willst du zu mir?«
    »Nein, ich bin aus einem anderen Grund hier. Wir sehen uns heute abend, Claudia.«
    Claudia Bell plauderte noch ein paar Minuten mit Dorian und ihren Vermietern, dann verließ sie fröhlich vor sich hin summend das Grundstück. Am nächsten Tag sollte sie zum erstenmal zur Probe in einem der ersten Nightclubs von London auftreten, und wenn sie gut war und ankam, wollte der Clubbesitzer einen Vertrag mit ihr machen. Paul Hyman hatte das vermittelt.
    Dorian vernahm, wie der Mini Cooper davonfuhr. Sein Verhältnis zu Claudia Bell bestand nach wie vor, doch in den letzten Tagen hatte er sie nicht mehr so häufig gesehen und sich mit Arbeit entschuldigt.
    »Sie werden eine grauenvolle Geschichte hören«, sagte die alte Liza nun. »Verurteilen Sie uns nicht, bevor Sie nicht alles gehört haben. Ich weiß, wir sind elende Geschöpfe, doch wir haben uns das Leben nicht ausgesucht, das wir führen müssen. Es begann mit Mr. Keystones Einzug. Und dann, in der Nacht meines 19. Geburtstags, ereignete sich das Schreckliche.«

    Am Mittag hatte Liza mit ihren Freundinnen ausgelassen gefeiert, den Abend wollte sie still und beschaulich im Kreise der Familie zubringen.
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