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0186 - Die Blutorgel

0186 - Die Blutorgel

Titel: 0186 - Die Blutorgel
Autoren: Jason Dark
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eben durchwachsen. In den letzten zwei Jahren hatte sie allerdings einige Pfunde zugenommen, und sie mußte beim Essen wirklich achtgeben. Ihr braunes Haar trug sie zu langen Locken gedrehte, wie es jetzt modern war. Für die Fahrt hatte sie einen khakifarbenen bequemen Hosenanzug angezogen. Allerdings mit Hosen, die am Knie endeten, so schrieb es die neuste Mode vor.
    Wohl fühlte sie sich nicht. Ihr war doch ein wenig unheimlich zumute, so allein im Nebel. Obwohl der Ford nur wenige Schritte entfernt stand, war er nur als Schemen zu erkennen.
    Sie fröstelte.
    Gestalten aus dem Schattenreich gleich tanzten die Schwaden über der Straße und hingen wie bleiche, lange Schleier rechts und links der Fahrbahn in den vertrockneten Krensotbüschen. In dieser Gegend war wirklich der Hund begraben. Irgendwo hinter dem Nebel lagen die karstigen Bergrücken der San Rafael Montains, von der Sonne verbrannt und ausgetrocknet.
    Die Familie Tyler wohnte in Francisco. Vic hatte geschäftlich nach Mexico gemußt und Frau und Sohn eben mitgenommen. Hätte einer von ihnen gewußt, daß das Wetter so mies werden würde, dann hätten sie die Heimfahrt verschoben.
    »Ronny!« rief sie, ein wenig er schreckt darüber, daß sich der Junge nicht meldete.
    »Ja.« Seine Stimme klang dünn.
    »Komm endlich zurück. Wir wollen weiter.«
    »Gleich, Mummy, gleich.«
    »Nein, sofort.«
    »Mummy!« Da war der Schrei. Ronny hatte ihn in höchster Not ausgestoßen und Jennifer zuckte zusammen, als sie ihn vernahm. Eine Gänsehaut rann über ihren Körper.
    Vic stieß den Wagenschlag auf. Auch er hatte den Schrei vernommen.
    »Was ist?« fragte er.
    »Ich weiß es nicht, aber Ronny…«
    Wieder der Schrei. »Neiinnn…«
    Da gab es für Vic Tyler kein Halten mehr. Er spurtete um den Wagen herum, sprang in das ihm unbekannte Gelände und rannte einen schrägen Hang hoch, wobei sich seine Hosenbeine mehrmals im Gestrüpp verfingen und er nur mit Mühe loskam.
    Dann stolperte er über einen Stein, fiel hin und raffte sich wieder auf.
    »Ronny!« brüllte er, und seine Stimme wurde vom dichten Nebel verschluckt. Das Herz pumpte in seiner Brust. Er hatte rasende Angst um seinen Sohn.
    Eine Gestalt.
    Schattenhaft tauchte sie aus dem Nebel auf. Schattenhaft und torkelnd, mit ausgebreiteten Armen.
    Ronny!
    Vic Tyler breitete seine Arme aus, und Ronny flog hinein. Er zitterte am gesamten Körper, schluchzte und wollte sich kaum beruhigen. Hinter Vater und Sohn knirschten Schritte.
    Die Mutter kam.
    »Was ist denn geschehen?« rief sie atemlos, als sie neben den beiden stehenblieb.
    »Ja, was war los?« fragte auch Mr. Tyler.
    Ronny schluckte ein paarmal und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Ich… ich wollte ja nur eben… Und da sah ich ihn.«
    »Wen?« fragte Vic.
    »Den Mann, die Gestalt. Ich habe da an einem Busch gestanden.«
    Der Junge drehte sich um und wies in die entsprechende Richtung.
    »Also, da stand ich und zog gerade den Reißverschluß hoch, als er plötzlich ankam. Der rannte den Hang runter, das war ein Riese, glaubt mir, und der sah aus wie der Teufel, mit Hörnern auf dem Kopf und glühenden Augen. Ehrlich, Mummy…«
    Da lachten beide. »Junge«, sagte Vic Tyler, »du hast dir etwas eingebildet, wirklich. Es gibt keinen Teufel. Der Nebel hat dir etwas vorgegaukelt. Das passiert schon mal, glaub mir. Wenn ich lange in den Nebel starre, dann sehe ich auch immer Gestalten.«
    »War das ein Geist, Dad?«
    »Geister gibt es nicht.«
    »Aber ich habe gelesen, daß…«
    »Vergiß es!« unterbrach Vic Tyler seinen Sohn. »Papier ist geduldig, wirklich.«
    »Und die Geschichten, die Großvater immer erzählt hat? Von den Geisterstädten im Wilden Westen und so?«
    »Sind alle erlogen!«
    »Schwörst du’s?«
    Vic Tyler hob den Arm. »Ich schwöre es. Jetzt wird es Zeit, wir wollen schließlich nicht hier festwachsen. Außerdem haben wir Hunger.« Vic strich seinem Sohn über den Kopf. »Oder würde dir kein Cheeseburger schmecken?«
    Ronnys Augen begannen zu glänzen. Der Junge hatte das gleiche braune Haar wie seine Mutter. Die blauen Augen hatte er von seinem Vater geerbt. Das Gesicht war schmal und irgendwie lausbübisch mit den zahlreichen Sommersprossen, die sich in unmittelbarer Nähe der Nase gruppierten.
    Das Ehepaar nahm seinen Sohn in die Mitte. Gemeinsam marschierten die drei den Hang zum Wagen hinunter. Er war noch gar nicht zu sehen. Erst dicht vor der Straße tauchte er als Schemen aus der dunkelgrauen Suppe auf, die
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