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0171 - Die Hexe vom Hyde Park

0171 - Die Hexe vom Hyde Park

Titel: 0171 - Die Hexe vom Hyde Park
Autoren: Jason Dark
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Goldwyn nicht wegzudenken war. Ihr Stock.
    Auf ihn verließ sie sich immer. Er war Hilfe und Stütze zugleich. So mancher Schädel hatte bereits Bekanntschaft mit dem bleigefütterten Knauf gemacht. Sarah hatte den Stock ein paar Mal einsetzen müssen.
    Sei es in der Subway gewesen oder auf einem Bahnhof. Es gab eben einige Typen, die sie als leichtes Opfer ansahen. Hinterher wunderten sich die Knaben dann, wie böse das Erwachen war.
    Aber daran dachte die Horror-Oma nicht, als sie auf der Bank saß und den spielenden Kindern zuschaute. Sarah Goldwyn liebte Kinder.
    Eigene waren ihr verwehrt gewesen, so dass sie sich immer mit anderen hatte zufrieden geben müssen.
    Sie schaute ihnen zu, wie sie den Dreck in die Luft warfen und sich darunter stellten.
    Die Mutter schimpfte ein wenig, aber das störte die Kleinen nicht. Der Vater las in einem Comic-Heft.
    Sarah Goldwyn wollte schon ein Gespräch mit der jungen Frau anfangen, als sie das Heulen von Polizeisirenen hörte. Sofort änderte sich ihr Augenausdruck. So etwas wie Spannung war darin zu lesen.
    Wenn die Sirenen ertönten, war irgend etwas passiert.
    Die Horror-Oma stand auf. Der Wind erfaßte ihr beiges Kleid und ließ den Stoff flattern. Sarah wunderte sich. Zwei Streifenwagen schossen querbeet, sie hielten sich nicht an die Wege und passierten den Baum in etwa zwanzig Yards Entfernung.
    Da musste wirklich etwas Schlimmes geschehen sein, wenn die Polizisten so losrasten.
    Die Neugierde der älteren Frau steigerte sich noch. Sie drehte sich einmal noch kurz um, nickte dem Ehepaar zu und ging dorthin, wo auch der Wagen hergefahren war.
    Zahlreiche Augenpaare starrten dem Fahrzeug nach. Die Polizei war eben immer etwas Besonderes. Die Räder hatten den Staub aufgewirbelt, der wie lange Fahnen in der Luft schwebte. Den Gesprächen der Menschen entnahm Sarah Goldwyn, dass niemand wusste, worum es sich handelte.
    Sarah packte den Griff ihres Stockes fester und rückte ihren breitkrempigen Strohhut zurecht, dessen Rand sie dann in die Stirn drückte. So machte die Horror-Oma einen richtig entschlossenen Eindruck. Sie ging nicht schnell, aber auch nicht langsam, dafür sehr zielstrebig. So kam es, dass sie Leute überholte, die zuerst an ihr vorbeigegangen waren.
    Dann sah sie die Wagen wieder. Sie parkten mitten auf dem Rasen.
    Die Beamten waren ausgestiegen und standen irgendwie ratlos herum.
    Einige hoben sogar die Schultern.
    Zwei Leute sprachen mit den umstehenden Zuschauern. Sie redeten auf sie ein, ernteten auch Antworten, aber zufrieden schien keiner der Beamten zu sein.
    Einer suchte den Boden ab. Er tat dies wie Sherlock Holmes, nur ohne Lupe.
    Der Mann hätte Lady Sarah fast umgerannt. Im letzten Augenblick sah er das Hindernis und schaute überrascht auf. Er wollte anfangen zu schimpfen, doch Lady Sarah lächelte so freundlich, dass er die Luft anhielt und nichts sagte.
    »Guten Abend«, sagte die Horror-Oma und wollte vorbei.
    »Halt, halt!« rief der Polizist. »Haben Sie etwas gesehen, Madam?«
    »Einiges.«
    »Ja, was denn?« Hoffnung leuchtete in den Augen des Beamten.
    »Ich habe gesehen, dass Sie und Ihre Kollegen wie die Verrückten über den schönen Rasen gefahren sind, obwohl meiner Ansicht nach gar kein Grund dafür bestand, denn sie stehen jetzt ratlos herum und wissen nicht, was.«
    »Seien Sie ruhig. Ich lasse mich von Ihnen nicht auf den Arm nehmen«, schnaufte der Beamte.
    »Das hätte ich in meinem Alter auch gar nicht mehr geschafft«, erklärte die Frau.
    Der Polizist winkte unwirsch ab und ging weiter. Sarah Goldwyn aber schritt dem Tatort zu, wo gar nichts zu sehen war. Nur eine umgestürzte kleinere Bank, wie sie von den Speakers benutzt wurde, war der einzige Hinweis.
    Die Horror-Oma spitzte die Ohren. Und sie stellte fest, dass es doch Zeugen eines zumindest sehr ungewöhnlichen Vorfalls gab. Sie näherte sich einer Gruppe von Menschen, die von zwei Polizisten befragt wurden. Alles redete durcheinander, bis der Beamte einen bestimmte.
    Es war ein Mann im mittleren Alter.
    »Also das war so«, sagte er. »Zuerst redete der Knabe gegen die Regierung, gegen den Krieg, gegen den Verfall von Moral und Sitten…«
    »Kommen Sie zur Sache.«
    »Ich bin ja dabei, Officer!«
    »Weiter.«
    »Und dann sang er die Nationalhymne.« Der Mann grinste. »Ehrlich, er sang.«
    »Ja und?«
    »Das hörten einige Jugendliche, die in der Nähe auf dem Rasen lagen. Sie standen auf und sangen die Internationale dagegen. Wir haben vielleicht gelacht. Der
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