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0170 - Die Ratte von Harlem

0170 - Die Ratte von Harlem

Titel: 0170 - Die Ratte von Harlem
Autoren: Die Ratte von Harlem
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»Verschwindet, oder ich brülle das ganzes Haus zusammen!«
    In dieser Sekunde prallte ich mit voller Wucht zum viertenmal mit der Schulter gegen die Tür. Mit einem berstenden Krach sprang sie auf.
    Laute Radiomusik drang uns entgegen. Ich sprang auf die erste Tür zu, riß sie auf und stand im Bad. Ein Sprung zur nächsten Tür brachte mich ins Schlafzimmer. Kein Mensch zu se-sehen. Ich riß die dritte Tür auf: das Wohnzimmer. Hinten rechts in der Ecke neben dem Fenster jagten wilde Cowboys schießend und schreiend über den flimmernden Bildschirm eines Fernsehgerätes.
    Nur etwa zwei Yards davor saß im Lehnstuhl eine alte Frau Ich konnte sie nur von hinten sehen.
    »Mrs. Reynolds«, rief ich.
    Sie hörte nicht.
    Ich sprang zu ihr hin… Und sah in die starren, glasigen Augen einer Toten.
    Drüben trat Ted Morrison neben die Frau; er blickte entsetzt in ihr Gesicht und stammelte: »Ist sie tot?«
    Ich baute mich dicht vor ihm auf. »Wo ist das Geld?«
    Das Weiße in seinen großen Augen bekam einen gelblichen Schimmer. Plötzlich warf er sich herum und rannte zur Tür.
    Ich hechtete hinter ihm her und bekam seinen linken Arm zu fassen.
    Phil hatte die Pistole in der Hand.
    Da gab Morrison sich geschlagen.
    »Wo ist das Geld?« wiederholte ich meine Frage.
    Mit spitzen Fingern nestelte er eine flache Ledertasche hervor.
    Ich warf einen kurzen Blick hinein und steckte sie dann ins Jackett. Dann ging ich zu der Frau zurück. Nach einer ersten flüchtigen Untersuchung konnte ich weder einen Einschuß noch sonstwie Spuren von Gewaltanwendungen bei ihr entdecken.
    Auf einem altmodischen Sekretär direkt neben ihr, stand ein Telefon. Nein, die Leitung war nicht zerschnitten. Ich wählte die Nummer unseres Distriktsgebäudes und verlangte Dr. Holway.
    »Cotton«, sagte ich. »Ich bin mit Phil Decker am St. Nicholas Park 14 bei Reynolds. Wann können Sie mit Ihrem Verein hier sein?«
    »Hey!« kam es aus der Muschel zurück. »Ich denke Sie sitzen irgendwo im Liegestuhl an einem kühlen, schattigen Plätzchen und trinken Orangeade mit Eiswürfeln.«
    »Hat sich was!« knurrte ich. »Wann sind Sie hier?«
    »In einer halben Stunde.«
    Ich hängte ein.
    ***
    Nach einer Stunde wußten wir es genau: die 87jährige Mrs. Reynolds war einem Herzschlag erlegen. Einem ganz normalen Herzschlag.
    Wir mußten Ted Morrison wieder laufen lassen. Ehe er mein Büro verließ, blieb er an der Türe stehen und sagte: »Ich habe Sie beide tatsächlich für Gangster gehalten.«
    »Schon gut«, antwortete ich und blickte hinter ihm her.
    Phil saß auf der Schreibtischkante und bohrte mit dem umgekehrten Ende seines Kugelschreibers niedliche Mulden in das Holz. »Überlassen wir also die Sache mit Sammy Mareweather der City Police?«
    Die Antwort auf diese Frage wußte er so gut wie ich.
    Zwei Stunden später saßen wir auf der Terrasse des Dachrestaurants Centerclub unten in Manhattan. Morrison hatte gemeint, daß man Marva gegen Abend dort unter Umständen antreffen könne.
    Wir hatten etwa schon eine halbe Stunde vor unseren fast leeren Whiskygläsern gesessen, als ein hochgewachsener Mann mit blondem Haar, blauen Augen und weitausladenden Schultern durch die Glastür kam. An seiner Seite trippelte eine auffallend schöne Frau. Man hätte sie fast für eine Italienerin halten können. Phil stieß mich unter dem Tisch mit dem Fuß an.
    Ich nickte nur.
    Der blonde Hüne nahm ganz in unserer Nähe an einem kleinen Tisch Platz. Nachdem er bei dem weißbefrackten Kellner seine Bestellung aufgegeben hatte, legte er seine prankenartige Linke unter das Kinn der Frau, grinste sie idiotisch an und ging zu den Telefonzellen hinüber.
    »Behalt ihn im Auge«, raunte ich Phil zu. Dann stand ich auf und nahm neben der Schönen Platz. »Guten Abend!«
    Sie blickte mich unter ihren langen, seidigen Wimpern verwundert an und sagte mit einer seltsam dunklen Stimme: »Der Platz ist besetzt.«
    »Ich weiß«, entgegenete ich.
    »Was wollen Sie?« Ein lauernder Blick flog zu mir herüber.
    »Einen schönen Gruß von Sammy will ich Ihnen bestellen.«
    Das Blut wich    aus ihrem Gesicht.
    Eine grünliche,    olivfarbene Blässe schimmerte unter ihrer durchsichtigen Haut. »Sammy?«    fragte sie stockend.
    »Ja«, versetzte ich schnell, »oder legen Sie keinen Wert darauf?«
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« zischte sie mich an.
    »Sammy wird Sie in Ruhe lassen.«
    »Hoffentlich.«
    Ich nickte.
    »Ganz sicher. Er liegt im
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