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0163 - Der Hexenhenker

0163 - Der Hexenhenker

Titel: 0163 - Der Hexenhenker
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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hineinzubringen? Er wohnt bei mir, aber es genügt, wenn wir ihn einstweilen auf einen Stuhl pflanzen. Allein schaffe ich das nicht.«
    Sie lügt, dachte James Withe erbittert. Sie ist eine verdammte Lügnerin. Aus dem dritten Stock bin ich gefallen und habe mir dabei nicht einmal einen läppischen Kratzer zugezogen. Das nur, weil der Henker es so will.
    James Withe weinte nicht mehr, sondern kicherte irr vor sich hin. Er fühlte sich von starken Fäusten emporgehoben und ins Lokal hineingebracht. Ein Stuhl wurde für ihn zurechtgerückt. James Withe interessierte das nicht. Er dachte ununterbrochen an den Henker.
    »He!« rief die fette Wirtin, »was steht ihr da noch herum? Ich bedanke mich für eure Hilfe, aber jetzt ist wieder Feierabend. Das Lokal ist heute geschlossen.«
    »Wie, kriegen wir nichts zu trinken? Ein bißchen Dankbarkeit könnte nichts schaden. Was meint ihr?«
    Zustimmende Rufe. Doch die Wirtin blieb unerbittlich. Ihrer Körpermasse wagten sie sich letztendlich doch nicht zu widersetzen. Hinter ihnen schloß sie sorgfältig ab und kehrte zu Withe zurück.
    »Mr. Withe, hören Sie mich?«
    Kraftlos pendelte sein Kopf hin und her. Sein Blick war starr zu Boden gerichtet.
    »Mr. Withe, kommen Sie wieder zu sich!«
    Withe tat so, als wäre er allein auf der Welt. Er kicherte wieder mal.
    Sie packte ihn an den Schultern und schüttelte ihn kräftig. Das blieb nicht ohne Erfolg. Endlich klärte sich sein Blick etwas, und er hob den Schädel.
    »Der Henker wartet auf sein Opfer. Sie dürfen mich nicht aufhalten, Mrs. Coldwater.«
    »Sie verdammter Narr. Der Henker hat das letzte Mal vor über hundert Jahren hier gewütet. Ich weiß es von meiner Mutter und die wiederum von ihrer Mutter. Eine Geschichte, die von Generation zu Generation weitererzählt wird. Von den Einheimischen weiß jeder davon, und es gibt fast nur Einheimische. Niemand wohnt freiwillig in einem solchen Kaff. Und jetzt kommen Sie und beleben den Flüch wieder. Das muß einen Grund haben. Mann, sagen Sie mir, wer Sie sind, was Sie wollen und warum Sie wirklich kamen? Wußten Sie denn von dem Henker?«
    Eine steile Falte erschien auf Withes Stirn, und er schüttelte den Kopf.
    Mrs. Coldwater, die Besitzerin des einzigen Hotels in der Stadt, falls man den Ausdruck Hotel überhaupt benutzen durfte, atmete auf.
    »Na, wenigstens ein Lichtblick. Hören Sie zu, Mr. Withe. Wir leben im zwanzigsten Jahrhundert und sollten nicht gleich die Waffen strecken, wenn etwas Bedrohliches geschieht. Vielleicht verschließen andere gern die Augen vor Tatsachen, aber ich nicht. Es geht weniger darum, Ihnen zu helfen als der ganzen Stadt. Ich weiß, daß der Henker das Chaos beschwört. Das Schicksal der Bewohner ist eng mit dem Fluch verknüpft.«
    »Was für ein Fluch?«
    Sie zuckte die Achseln, daß ihre Fleischberge wogten. »Vielleicht weiß ich einfach zu wenig? Außerdem verändern sich Geschichten beim Weitererzählen, nicht wahr? Ich will zunächst wissen, wer Sie sind und was Sie hier suchen.«
    »Ich bin Student der Soziologie und wohne in London. Im Moment sind zwar keine Semesterferien, aber ich habe mich trotzdem abgesetzt. Vor vierzehn Tagen hat mich meine Freundin verlassen. Seitdem bin ich unterwegs. Sie ist mit einem anderen durchgebrannt, verstehen Sie? Ein verdammtes Luder war sie, eine Hexe.«
    Die Wirtin wurde kreidebleich. Sie nahm seinen Kopf in beide Hände und blickte in seine Augen.
    »Das ist es, mein Junge. Deine Gedanken haben den Henker geweckt. Du bist der Richter, nicht das Opfer. Der Richter hat den Auftrag erteilt, und jetzt schickt der Henker seine dämonischen Kräfte auf die Jagd. So ähnlich muß es auch vor über hundert Jahren gewesen sein.«
    »Das ist Unsinn!« stieß er hervor. »Allein meine Gedanken sollen genügen, um diese Phänomene hervorzurufen? Völlig unmöglich. Bin ich denn seit all dieser Zeit der einzige Mensch, der dieses Zimmer belegte? Mit Sicherheit waren auch schon andere Eifersüchtige darin.«
    Sie ließ seinen Kopf los und richtete sich auf.
    »Ja, mein Junge, du hast recht. Doch die Wirkung deiner Gedanken beweist uns beiden, daß es etwas Besonderes damit auf sich hat. Verstehst du nicht? Magie schlummert in dir, mein Junge. Im Ursprung ist sie weder gut noch böse. Es kommt darauf an, unter welchen Umständen sie sich entwickelt. Du hast Kräfte in dir schlummern, die sich vorher nie bemerkbar gemacht haben. Aber erzähle doch weiter über dich!«
    James Withe hattç Mühe damit. Die
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