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0163 - Der Hexenhenker

0163 - Der Hexenhenker

Titel: 0163 - Der Hexenhenker
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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Arbeitszimmer. Da klingelte das Telefon. Er kehrte zurück und nahm den Hörer ab.
    Es war wieder Mrs. Coldwater. Ihre Stimme klang mühsam beherrscht, als sie sagte: »Professor Zamorra, die Freundin von James Withe ist in tödlicher Gefahr. Zu diesem Schluß sind wir inzwischen gekommen. Sie heißt Lydia Manshold, und der junge Withe hat mehrmals versucht, sie telefonisch zu erreichen. Sie ist anscheinend nicht daheim oder hebt einfach nicht ab. Was sollen wir tun? Wie lange wird es dauern, bis Sie hier sind?«
    »Sie müssen sich bis morgen früh gedulden - leider«, antwortete Zamorra bedauernd. »Was die Freundin betrifft -auch da läßt sich wenig sagen. Es ist möglich, daß der Henker sie als Opfer auserkoren hat. Sie haben mir alles sehr deutlich geschildert. Jetzt kann ihr niemand mehr helfen.«
    »Withe wollte ihr entgegenfahren.«
    »Es sollte mich sehr wundern, wäre das von Erfolg gekrönt. Der Henker wird verhindern, daß sich James Withe entfernt. Er hat das Böse geweckt, und denken Sie an das Wort von Goethe, an die Geister, die jemand weckt, aber nicht zu bändigen versteht. Der Henker ist zu einem selbständig handelnden Wesen geworden. Er handelt lediglich nach den Gesetzen des Fluches.«
    »Ich danke Ihnen, Professor Zamorra. Hoffentlich geschehen in dieser Nacht nicht noch schlimme Dinge.«
    Zamorra legte den Hörer auf. Er blickte zur Tür, die sich soeben öffnete. Nicole Duval erschien im Türrahmen. Der Professor hätte sie beinahe nicht mehr erkannt, so verändert wirkte sie.
    Nicole Duval lächelte verführerisch. Sie hatte sich leger gekleidet, trug nicht mehr ganz neue Jeans und einen etwas filzig aussehenden Pullover, Die Haare waren lang und schwarz wie die Sünde. Trotz sparsamem Einsatz von Schminke hatte es Nicole Duval geschafft, ein Teenagergesicht zu zaubern. Nicht, daß sie sonst alternd und hausbacken wirkte, aber jetzt sah sie aus wie ihre jüngere Schwester.
    »He!« rief Zamorra.
    »Was ist, Daddy? Gefalle ich dir nicht? Ich war auch sehr brav. Du kannst mich ruhig mitnehmen auf die Reise. Und mit Jungs habe ich auch nichts im Sinn. Ich liebe doch nur meinen guten Daddy. Das weißt du doch, nicht wahr?«
    Zamorra rieb sich erst über die Augen, weil er es nicht glauben wollte. Das Bild blieb. Nicole Duval wagte einen Hüftschwung und drehte sich um. Uber die Schulter sagte sie zurück: »Ich bin übrigens fertig mit dem Packen!«
    »Wie bitte?« Das war eine echte Sensation. Der arme Zamorra fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. »Schon fertig?«
    »Wenn ich es doch sage«, gab sie ein wenig schnippisch zurück und verließ das Arbeitszimmer.
    Zamorra blickte ergeben zur Decke. Mein Gott, der du auch die Frauen geschaffen hast, warum hast du mir kein stilles, ruhiges und bescheidenes Mädchen zukommen lassen? Warum kenne ich bis heute nicht die echte Haarfarbe von dieser Sonderausgabe einer Frau? Warum muß sie mir immer neue Schocks verpassen - als wenn ich nicht genügend andere Sorgen hätte?
    Er senkte den Blick wieder, denn die Antworten kannte er selbst. Nicole war genauso wie er sie liebte. Sie war unberechenbar und hielt ihn ständig auf Trab. Dabei war sie sein zweites Gedächtnis und unersetzlich - nicht nur als seine Lebensgefährtin.
    Mit anderen Worten: Zamorra konnte sich überhaupt nicht mehr vorstellen, ohne seine geliebte Nicole Duval zu sein. Und jetzt lächelte er wieder.
    »Nicole, du bist der wahre Tausendsassa, und ich liebe dich.«
    Erschrocken klappte er den Mund wieder zu. Gottlob, sie hatte es nicht gehört. Ein solches Lob würde ihre Eitelkeit kitzeln, und Zamorra wollte sich nicht vorstellen, was für Folgen das haben konnte.
    Er verließ ebenfalls das Arbeitszimmer. Ein sehr ratloser Butler Bois trat ihm in den Weg.
    »Sie hat schon gepackt«, ächzte er. Es sah so aus, als wäre für ihn eine ganze Welt zusammengebrochen. Dabei kannte ihn Zamorra als flexibel und intelligent.
    »Was ist denn mit Ihnen los, Raffael?« erkundigte sich der Professor besorgt.
    »Fragen Sie mich bitte nicht, was sie gepackt hat, aber es paßt in eine handliche Reisetasche.«
    Plötzlich packte Zamorra leichter Zorn. Er stemmte die Arme in die Seite und knurrte: »Jetzt weiß ich, wo der Hase läüft. Die fehlende Garderobe werden wir wahrscheinlich unterwegs ergänzen, nicht wahr?«
    Nicole kam aus ihrem Zimmer und meinte mit unschuldigem Augenaufschlag: »Wußtest du denn nicht, Chef, daß Paris längst nicht mehr allein der Mittelpunkt der Modewelt ist?
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