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0154 - Der Schädelberg

0154 - Der Schädelberg

Titel: 0154 - Der Schädelberg
Autoren: Wilfried Antonius Hary
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zwischen den Trümmern verstecke, bis der angekündigte Sturm vorüber ist.«
    »Wer so spricht, weiß die Angst zu besiegen!« sagte Gor lächelnd zu ihm. »Der wahre Held ist der, der sich nicht überschätzt und seine eigenen Unzulänglichkeiten klar erkennt. Nur so kann es ihm gelingen, sie in den Griff zu bekommen.«
    Er stützte sich auf den Knauf seines Schwertes und blickte zum Palast hinüber.
    »Als ich ihn zum ersten Mal betrat…« Gor brach wieder ab. Er wirkte auf einmal sehr nachdenklich.
    Zamorras Herz pochte schneller. Gern hätte er Gor unterbrochen, denn jetzt war gewiß nicht der richtige Augenblick, über die Vergangenheit zu plaudern. Jeden Moment konnten die Verfolger auftauchen. Dann waren sie zwischen zwei Feuern. Solange es ruhig blieb, mußten sie zum Palast.
    Auf der anderen Seite erschien es ihm wichtig, mehr zu erfahren. Deshalb hielt er den Mund und beobachtete die Umgebung.
    Gor stieß ein abgrundtiefes Knurren aus - wie ein schlafendes Raubtier, das einen Alptraum hat. Sein Blick wurde leer. Seine Lippen zitterten.
    Er fuhr fort:
     
    »Der alte Mann stand in der Tür und hielt mir einen Spiegel meiner selbst vor. Er warnte mich vor den Konsequenzen meines Tuns. Ich wollte es nicht mehr hören. Heiße Wut stieg in mir auf. Sollte ich mich von diesem alten Wrack aufhalten lassen? So viele Reiche hatte ich erobert. Es fehlte nur noch Zartas, und Zartas war schon so gut wie in meiner Hand. Deshalb sprang ich vor. Es bedurfte nicht des Einsatzes meines Schwertes. Ich überrannte den Alten mit der Masse meines Körpers. Meine Füße gingen über ihn hinweg und vernichteten ihn. Jetzt war er stumm.
    Da war etwas in mir, das mich zum Stoppen zwingen wollte. Ich hätte nach dem Alten sehen sollen, tat es aber nicht. Ich wußte nicht einmal, wer er war.
    Der Palast erschien leer und verwaist. Eine riesige Halle. Überall waren Kissen verteilt. Ja, als Kind war mir der Zutritt ins Heiligtum verboten, und als ich das richtige Alter erreicht hatte, war ich längst unterwegs, um die Welt zu erobern. Jetzt war ich hier. Ich verachtete die Religionen, verachtete die Menschen, die ihre Rücken vor den angeblich so mächtigen Göttern beugten, anstatt ein Schwert in beide Hände zu nehmen und alle Probleme ein für allemal damit zu lösen.
    Ich sah die heilige Stätte des Friedens, aber der Friede beeindruckte mich nicht, sondern hielt mir nur vor Augen, daß alle vor mir geflohen waren.
    Ein Altar fehlte in diesem Palast. Es gab nur eine Art Rednerpodest und dahinter eine verschnörkelte Wand. Die Zeichen bedeuteten nichts. Sie waren nicht den Göttern gewidmet, sondern dem optischen Empfinden der Betrachter. Wie überall in der Stadt jeglicher Zierat nur der Schönheit diente. Götzenbilder und dergleichen fehlten in Zartas. Trotzdem lief ich hin und hieb mit meinem Schwert darauf ein, bis der Verputz bröckelte und die Schönheit zerstört war. Eine symbolische Handlung. Nur ich, Gor von Zartas, hatte die Macht und war die Herrlichkeit. Neben mir gab es nichts mehr. Die Menschen sollten sich erfreuen, wenn mir danach war, und sie sollten winselnd zu Kreuze kriechen, wenn ich es so bestimmte. Das waren Dinge, die ich verstand, die sich auf meinem Weg bewährten.
    Rechts und links der riesigen Halle wanden sich Treppen hinauf in eine Art Wohnbereich. Ich sprang hinauf. Eine Galerie, von der aus man die gesamte Halle überblicken konnte. Am offenen Eingang die Leiche des Alten. Eine eiskalte Hand schien nach meinem Herzen zu greifen. Bei der Leiche ging etwas vor, was ich nicht fassen konnte. Ein nebulöses Etwas verließ den Regungslosen, hüllte ihn ein. Darüber schien eine schwarze Wolke zu schweben, kaum erkennbar. Es war nicht mehr als nur ein Schatten.
    Meine Hände klammerten sich um die Brüstung. Ich konnte nicht den Blick lösen von dem unglaublichen Schauspiel.
    Das nebulöse Etwas, das aus dem Leichnam gestiegen war, wurde von dem Schatten aufgesogen. Ich glaubte, die Schreie von tausend Gepeinigten zu hören. Der Schatten wurde intensiver, schwebte in die Halle, wallte heftig, als würde sich ein unglaublicher Kampf darin abspielen.
    Und es war ein Kampf! Die tausend Stimmen rangen um ihre Freiheit, doch die schwarze Wolke gab sie ihnen nicht mehr. Sie raubte ihnen alle Macht und brachte sie zum Schweigen. Dann wurde die Wolke ruhig, wuchs zusehends, hob sich der Decke zu, bis sie meine Höhe erreicht hatte.
    ›Ich danke dir!‹
    Eine grollende Stimme, die mir tief ins Mark
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