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0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger

0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger

Titel: 0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger
Autoren: Sie nannten sich Löwen und Tiger
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tut. Wahrscheinlich hat das Hausfaktotum Annie mehr mitgekriegt, als gut ist, und sie will mich aushorchen.«
    »Oder auch einwickeln.«
    »Was ihr kaum gelingen dürfte«, sagte ich.
    ***
    Als ich am Nachmittag in der Park Avenue ankam, stand Margret Hudson bereits vor dem Haus. In ihrem weißem, raffiniert einfachen Kleid und dem winzigen Hütchen von gleicher Farbe sah sie zwar süß aus, wirkte aber um einige Jahre älter. Ich sprang aus dem Wagen, grüßte und öffnete die Tür.
    »Danke«, lächelte sie und machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem.
    Wenn das Mädchen nur dieses aufdringlich süße Parfüm nicht benutzen würde, dachte ich. Als sie sich mir dann zuwendete, roch ich noch etwas anderes. Jetzt wusste ich es bestimmt. Sie hatte gerade eine Marihuana-Zigarette geraucht.
    Das Aragon war im Theaterdistrikt nahe der 45. Straße. Es hatte den Ruf, zwar vornehm, aber nicht ganz einwandfrei zu sein. Kurz gesagt, es war ein »Anschlusslokal« für die oberen Zehntausend. Der Oberkellner begrüßte uns, und es schien mir, dass er Margret mit einem vertraulichen Blick des Erkennens bedachte.
    »Wohin?«, fragte ich. »Die Bar oder ein Tisch?«.
    »Ich sitze lieber an der Bar«, meinte sie.
    Wir kletterten auf zwei Hocker. Der Barkeeper wischte ein paar imaginäre Stäubchen weg.
    »Was soll es sein?«
    Ich blickte Margret an und sie entschloss sich für einen »Prince of Wales«. Sie schien genau zu wissen, was gut und teuer war, obwohl sie eigentlich Limonade hätte trinken müssen.
    Dann drehte sie sich um und überblickte das Lokal. Es war noch nicht stark besucht, und wir saßen so, dass uns nichts entgehen konnte. Sie runzelte die Stirn und holte eine Packung Zigaretten aus ihrem kleinen Täschchen.
    »Danke«, sagte ich, nahm eine heraus und griff nach dem Feuerzeug.
    »Wie heißen Sie eigentlich?«, fragte das Mädchen.
    »Das wissen Sie doch.«
    »Aber nicht den Vornamen.«
    »Jerry. Wenn Sie wollen, können Sie mich so nennen«, antwortete ich und hielt ihr das brennende Feuerzeug hin. Sie machte einen tiefen Zug und blies den Rauch gegen die Decke.
    »Fein, Jerry, sagen Sie Margret zu mir.«
    »Jetzt müssen Sie mir aber auch anvertrauen, warum Sie mich hierher geschleppt haben«, meinte ich.
    »Um zu tanzen natürlich.«
    »Das können Sie einem anderen erzählen, sehr verehrte Dame. Sie suchen jemanden. Ist es ein ungetreuer Liebhaber?«
    »Sie sind verrückt«, lachte sie, aber sie wurde rot. »Kommen Sie. Sie sehen aus, als ob Sie gut tanzen könnten.«
    »Nicht besonders. Hoffentlich trete ich Ihnen nicht auf die Füßchen.«
    Es war nicht schwer, mit Margret Hudson zu tanzen. Sie führte mich unmerklich aber sicher. Dabei irrten ihre Blicke unablässig durch den Saal, und es schien mir, dass sie besonders die Eingangstür im Auge behielt. Als wir dann wieder auf unseren Plätzen saßen, fragte ich: »Ist er immer noch nicht da?«.
    »Sie sind ein Ekel«, zischte sie böse. »Wenn ich eine Verabredung hätte, so wäre ich wohl allein hierher gegangen.«
    »Sie haben keine Verabredung, Margret. Sie schnüffeln hinter jemandem her, und Sie wissen genau, dass dieses Lokal für ein junges Mädchen ohne Begleitung nicht gerade empfehlenswert ist. Sie brauchen also jemanden, der Ihnen so etwas wie ein Alibi gibt. Keineswegs sind Sie meinetwegen hierher zum Tanz gefahren.«
    »Weswegen denn?«, fragte sie schnippisch.
    »Das werde ich merken, wenn ich ihn sehe.«
    Sie lachte, aber das Lachen war nicht ganz echt. Es verging noch eine Viertelstunde. Dann sah ich plötzlich, wie ihre Hand, die das Glas gerade zum Mund führen wollte, halbwegs verharrte und ihre Augen sich zusammenzogen. Ich folgte ihrem Blick.
    Der Bursche war groß und drahtig. Er trug einen beigefarbenen Anzug mit gepolsterten Schultern, der ihm auf dem Leib saß wie eine Zellophanhülle auf einer Zigarettenschachtel. Er hatte schwarzes Haar und ein winziges Schnurrbärtchen. Seine Haut war braun, aber es war nicht die Farbe gesunder Sonnenbräune; man hätte glauben können, das Nikotin der Zigaretten habe sich darin niedergeschlagen. Auch seine Augen waren braun und ohne jeden Ausdruck.
    Er war schon zu nahe, als dass er das Mädchen hätte übersehen können, und so verzog er den Mund zu einem gezwungenen Lächeln. Seine Zähne waren weiß und regelmäßig, so regelmäßig, dass sie nur falsch sein konnten.
    »Sieh an, Miss Hudson.«
    »Hallo, Fernando«, grüße Margret zurück, ohne irgendwelche Überraschung zu zeigen.
    Das
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