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0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger

0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger

Titel: 0153 - Sie nannten sich Löwen und Tiger
Autoren: Sie nannten sich Löwen und Tiger
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geradeaus war der Gang, durch den die Negerin verschwunden war.
    Während wir noch warteten, klappte eine Tür. Ein junges, dunkelhaariges Mädchen in einem weißen Kittel ging eilig und mit festen Schritten quer durch die Halle, ohne uns zu beachten. Ich blickte ihr noch nach, als die Hausangestellte zurückkam.
    »Bitte, kommen Sie mit«
    Mrs. Hudson lag auf einer Couch. Sie trug ein elegantes Hauskleid, ein Zwischending zwischen Morgenrock und Balltoilette. Die Frau war von einer merkwürdigen Schönheit - der Schönheit einer Schwerkranken. Sie war bestimmt noch jung, kaum vierzig Jahre alt und doch hatte ihr kastanienbraunes Haar graue Strähnen, und unter den tiefdunklen Augen sah ich schwere Schatten. Das Gesicht war blass, und nur der rot geschminkte Mund gab ihm Leben.
    »Entschuldigen Sie, meine Herren, wenn ich liegen bleibe. Leider bin ich nicht gesund, aber ich freue mich, dass Sie mich besuchen. Mister High hat mir Ihren Besuch angekündigt.«
    Ihr Lächeln war das eines jungen Mädchens. Es verjüngte ihr Gesicht und wischte den Leidenszug weg.
    Dann wurde sie nachdenklich. Sie schien zu überlegen, was sie uns sagen sollte. Wie meist in solchen Fällen suchte sie nach einem Ausweg. Ihre Augen hefteten sich auf die viereckige silberne Dose auf dem Tischchen neben ihr.
    »Zigarette?«
    »Danke schön, ja.«
    Ich bot ihr zuerst an. Sie nahm eine, ich gab ihr Feuer. Als auch unsere Zigaretten brannten, bemühte ich mich, ihr auf die Sprünge zu helfen.
    »Mister High sagte uns…« Ich ließ das Weitere in der Schwebe, und sie griff sofort den Faden auf.
    »Ja, der gute High. Wir spielten als Kinder zusammen. Er war mindestens fünfzehn Jahre älter als ich und mein Beschützer. Das ist wohl auch der Grund, warum ich mich jetzt an ihn gewandt habe.« Sie seufzte.
    »Soviel ich verstand, handelt es sich um Ihre beiden Kinder?«, ergriff Phil das Wort.
    »Ja, in der Hauptsache mache ich mir Sorgen um Margret. Das Mädchen ist fast noch ein Kind und sehr romantisch veranlagt. Sie läuft in Blue Jeans, Rollkragenpullover und noch lieber in Breeches, Texashemd und hohen Stiefeln herum. Ihre Lieblinkslektüre sind Filmmagazine, und sie schwärmt für Richard Widmark. Seit sie einen kleinen Wagen hat, schwebe ich in dauernder Todesangst. Ich kann meinen Mann nicht dazu bekommen, dass er sich um die Kinder kümmert. Er hockt Tag und Nacht in seinem Laboratorium. Ich kann mich leider nicht so mit Bob und Margret beschäftigen, wie ich es möchte. Im Übrigen steckte Annie, unser langjähriges Faktotum, mit den Kindern unter einer Decke.«
    Ich konnte mir das ungefähr vorstellen. Reiche Eltern, verwöhnte Kinder und keine Aufsicht. Das konnte ja nicht gut gehen.
    »Haben Sie denn einen besonderen Grund zur Sorge?«, fragte ich vorsichtig.
    »Margret sieht in letzter Zeit sehr schlecht aus, als ob sie jede Nacht durchbummele, und ich fürchte fast, dass es so ist. Mit Bob ist es ähnlich, aber um den mache ich mir weniger Gedanken. Er ist schließlich ein Junge.«
    »Ich glaube, wir sahen Ihre Tochter vorhin«, sagte ich. »Sie hat dunkles Haar und trägt einen weißen Kittel, nicht wahr?«
    Mrs. Hudson schüttelte den Kopf.
    »Nein, das war Marcia, meine Nichte, die bei uns lebt. Um Marcia brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Sie ist für ihr Alter ungewöhnlich ernst und vernünftig. Sie assistiert meinem Mann, der sie von morgens bis abends in Atem hält. Sie müssen wissen, Lloyd ist Chemiker aus Leidenschaft. Er verdient kein Geld mit seiner Arbeit, sondern das Hobby kostet ihm eine ganze Menge. Er ist dauernd hinter irgendeiner Erfindung her, und wenn er das Problem dann gelöst hat, so muss er feststellen, dass ihm ein anderer zuvorgekommen ist.« Sie lächelte. »So sind die Männer eben. Ich bin froh, dass er damit zufrieden ist. Ich kann ihm ja doch nichts mehr sein.«
    Ich versuchte einen schwachen Protest, den sie mit einer Handbewegung wegwischte.
    »Mit was beschäftigen sich denn Ihre Kinder?«, fragte Phil.
    »Margret geht noch zum College, und Bob überlegt sich, was er werden will. Er tut das schon ein ganzes Jahr. Wenn ich ihm Vorwürfe mache, so lacht er mich aus, und sein Vater meint, er habe ja noch genug Zeit. Vorläufig brauche er kein Geld zu verdienen.« Sie zuckte die Achseln.
    Was Mrs. Hudson uns da erzählt hatte, war absolut nichts Besonderes. Die meisten Mütter und-Väter singen ein ähnliches Klagelied, ohne deshalb zu einem Jugendfreund zu laufen, wenn der zufällig beim Federal
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