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0152 - Der Gigant von Atlantis

0152 - Der Gigant von Atlantis

Titel: 0152 - Der Gigant von Atlantis
Autoren: Jason Dark
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mit dem schweren Knauf hatte sie mitgenommen. Dieser Stock hatte es in sich. So mancher Schädel konnte davon ein Lied brummen.
    Selbst bei den an Extravaganzen gewöhnten Engländern erregte sie Aufsehen. So manch heimlicher Blick streifte sie, den Lady Sarah wohl bemerkte, aber offiziell nicht zur Kenntnis nahm. Über 70 Jahre zählte sie. Und noch immer rüstig. Sie lief wie ein Uhrwerk. Das schon ergraute Haar hatte sie immer sorgfältig hochgesteckt. Ihr Gesicht zeigte zwar Falten, aber die Augen blickten hellwach und klar. Zudem hatte Lady Sarah ein Faible für Ketten. Manchmal hängte sie sich drei auf einmal um den Hals. Wenn man sie nicht sah, dann hörte man sie, wenn die Ketten gegeneinander klingelten.
    An diesem Tag trug sie einen langen blauen Mantel, der mit einem Fellkragen besetzt war, denn auch tagsüber drückte in London die Kälte. Trotzdem hatte sich Lady Sarah auf den Weg gemacht. Das bewies, welch eine Energie in ihr steckte.
    Während der Fahrt sprach sie kein Wort, sondern schaute stur geradeaus. An den Haltestellen drängten sich die Fahrgäste an ihr vorbei, andere stiegen zu, doch die meisten wollten zum Flohmarkt in der Portobello Road.
    Als die Subway dort hielt, schoben sich die Menschen auf den Bahnsteig, wo andere standen, die schon eingekauft hatten. Vom kleinen Schrank über einen alten Spiegel bis hin zur Kaffeemühle und zum Buch, alles mögliche war dabei. Sarah Goldwyn ließ sich von der Menge treiben. Die dunkle Einkaufstasche hatte sie in die Armbeuge gehängt, und als es auf die Rolltreppe zuging, sah sie die beiden Kerle wieder, die ihr schon in der Bahn aufgefallen waren.
    Sie standen direkt vor ihr und baggerten ein junges Mädchen an, das offensichtlich nichts mit ihnen zu tun haben wollte. Die Typen wurden frech und ließen ihre Finger dorthin gleiten, wo sie nichts zu suchen hatten.
    Das sahen natürlich mehrere Zeugen, aber niemand wagte einzugreifen, bis auf Lady Sarah.
    Sie stand eine Stufe hinter den Kerlen und dem jungen Mädchen.
    Auf halber Höhe sprach sie die Typen an. »Sie sollten sich besser benehmen, meine Herren!«
    Ihre Stimme klang scharf und war nicht zu überhören. Die Kerle drehten sich um. Lady Sarah funkelte sie an.
    »Halt du dich da raus, Oma«, sagte der erste. »Sonst bist du nach ihr an der Reihe.«
    Lady Sarah wurde ein wenig blasser. Bei ihr ein Zeichen, daß sie sich ärgerte. »Sie werden unverschämt, junger Mann!« stellte sie sachlich fest und handelte.
    So schnell, wie sie mit dem Knauf des Stocks zuschlug, konnte der Sprecher gar nicht reagieren. Es gab ein trockenes Geräusch, als der Stock gegen seine Stirn krachte. Der Bursche verdrehte die Augen und kippte langsam nach vorn. Lady Sarah wich zur Seite, damit der Knabe an ihr vorbeifallen konnte. Hinter ihr wurde er dann aufgefangen.
    Die Hand des zweiten Mannes verschwand unter der Jacke. Daß er keinen Strohhalm hervorholen wollte, war klar. Lady Sarah machte kurzen Prozeß.
    Wieder traf der Stockknauf den Kopf des jungen Mannes. Auch dieser Bursche überstand den Schlag nicht. Er meldete sich ab. Das junge Mädchen starrte die Horror-Oma an. »Sie haben…«, flüsterte sie.
    »Genau, ich habe. Als ich noch so jung war wie Sie, hätte mir keine ältere Dame zur Seite zu stehen brauchen. Da gab es nämlich noch Kavaliere, die so etwas übernahmen, nicht wahr, meine Herren?« Lady Sarah sah sich mit blitzenden Augen um. Manch einer senkte betreten den Blick, wenn er sich angesprochen fühlte. Sie hatten das Ende der Rolltreppe erreicht. Lady Sarah nickte dem jungen Mädchen noch einmal zu und verschwand in der Menge.
    Schon von hier waren die Buden und Stände zu erkennen. Der Flohmarkt war von einer imposanten Größe. Er war eine kleine Stadt für sich, und man konnte dort praktisch alles kaufen. Kleider, Töpfe, Haushaltsgeräte, alte Bücher, Zeitschriften, Möbel, viel Krimskrams, Porzellan, tausend Sachen, die an eine Zeit erinnerten, die längst vorbei war. Es herrschte ein unbeschreiblicher Trubel. Da gab es Händler, die ihre Waren lautstark anpriesen und sich für die Echtheit verbürgten. Andere sagten gar nichts, sondern hockten um wärmende Feuer herum und sahen zu, daß sie nicht festfroren. Die Stände, wo es heißen Tee gab, waren umlagert. Viele Eltern hatten ihre Kinder mitgenommen, die natürlich an altem Spielzeug interessiert waren.
    Für all die Sachen hatte Lady Sarah keinen Blick. Sie kannte sich auf den Londoner Flohmärkten ausgezeichnet aus und wußte
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