Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
015 - Das Blutmal

015 - Das Blutmal

Titel: 015 - Das Blutmal
Autoren: Jens Lindberg
Vom Netzwerk:
Tschudis nicht, was? Nach zwei Jahrhunderten müssen sie erneut zuschlagen.« Sie lachte laut und bitter. In ihren Augen leuchtete Triumph. »Wie ist es mit einem neuen Hexen-Tribunal? Sie sind doch Fachmann? Bieten unsere Gesetze keine Handhabe, mich auf den Scheiterhaufen zu zerren?«
    Idusch sah bedrückt vor sich hin. Leise antwortete er: »Das alles ändert doch nichts an Ihrer Schuld, Anna.«
    Er schloss die Augen, als er an dem Hals des Mädchens den verhängnisvollen roten Ringerblickte. Galt er ihm?
    In einer spontanen Eingebung griff er über den Tisch und erfasste Anna Doris Hände.
    »Ich beschwöre Sie!« flehte er. »Ich bitte nicht für mich um Schonung!« Er schluckte schwer. »Helfen Sie meiner Frau und meinem Kind!«
    Anna sah ihn verständnislos an. »Wie stellen Sie sich das vor? Helfen? Ich?«
    »Sie haben so oft Schreckliches gewünscht – und erreicht. Nützen Sie einmal in Ihrem Leben Ihre übersinnlichen Kräfte zu einer segensreichen Tat. Ich flehe Sie an!«
    Idusch vergaß seine Umgebung und bettelte für seine Frau und sein Kind. Seine Stimme wurde immer lauter.
    »Meinetwegen töten Sie mich, aber verschonen sie die beiden!« rief er.
    Anna begegnete ihm mit offenem Erstaunen.
    »Sie reden, als ob ich eine Wunderheilige wäre«, sagte sie ruhig. »Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie sprechen. Wie soll, ich denn helfen? Ich kann ja nicht einmal mir selbst helfen.«
    »Anna«, sagte Idusch wieder leiser werdend, »Sie wissen von ihrem merkwürdigen Mal am Hals?«
    »Alle reden davon. Ich habe es nie gesehen.«
    »Es ist wieder da«, sagte Idusch voll Furcht.
    »Jetzt?« Anna holte aus der Tasche einen kleinen Handspiegel und schaute hinein. »Ich sehe nichts Besonderes. Wo?«
    Idusch beugte sich vor und tippte mit den Fingerspitzen gegen den Hals des Mädchens.
    »Da, Anna! Deutlich sichtbar. Ein Kranz kleiner blutroter Perlen.«
    Er zog die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt.
    Das Mädchen stierte angespannt in den Spiegel. »Ich sehe nichts!« Ihre Lider senkten sich. »Ich sehe nichts von diesem verfluchten Ring!« Ihr Kopf berührte fast die Tischplatte. »Aber ich sehe auch keine schwarzen Haare und keine kleine gelben Augen«, sagte sie, sich nur mühsam beherrschend.
    »Anna, Sie mögen es selbst nicht wissen, aber es ist so: immer, wenn der Ring an ihrem Hals aufleuchtete, geschah wenig später ein Unglück. Manches deutet darauf hin, dass immer der Mensch sterben musste, an den Sie zu diesem Zeitpunkt intensiv dachten. Können Sie mir folgen?«
    Anna nickte, aber sie wirkte zunehmend immer abwesender.
    Idusch ergriff ihre Rechte und drückte sie fest. »Bitte, konzentrieren Sie sich auf meine Frau und mein Kind!«
    »Wollen Sie denn, dass sie sterben?« fragte Anna schläfrig.
    »Nein, nein! Ich wage das gefährliche Spiel. Denken Sie an die beiden, aber mit lieben freundlichen Gedanken! Verstehen Sie mich noch?«
    Idusch schüttelte ihre Hände, aber vergeblich. Das Mädchen befand sich in Trance und nahm nicht mehr wahr, was um sie herum vorging.
    Idusch ließ das Mädchen los, stand auf, bezahlte und rannte aus dem Lokal, beherrscht nur von der bangen Frage: Hatte er mit seinem Wunsch das Unheil abwenden können oder das endgültige Verderben seiner Familie herbeigeführt?
     

     
    Ganz überraschend zerriss die Wolkendecke, und es hörte schlagartig auf zu regnen. Seidige Luft erfüllte die Straßen.
    Idusch merkte von alledem nichts. Er nahm den Fuß kaum vom Gaspedal bei seiner Hetzfahrt zum Krankenhaus. Nicht einmal den Zündschlüssel zog der sonst so penible Jurist ab, als er ausstieg. Ohne ein Wort zu sagen, rannte er an der Anmeldung vorbei und zur Station, auf der seine Frau lag.
    Idusch klopfte an die Tür, und da er nichts von drinnen hörte, öffnete er die Tür und sah in das Zimmer.
    Der Anblick traf ihn wie ein Schlag. Das Zimmer war leer, das Bett frisch bezogen. Nichts deutete darauf hin, dass in diesem Raum eine Patientin gelegen hatte.
    Idusch stürzte zum Nachtschränkchen, zog die Schublade auf. Leer. Leer der Kleiderschrank. Auf dem Glasbord über dem Waschbecken keine kosmetischen Utensilien.
    Er rannte auf den Gang zurück, sah bei der Pendeltür eine Schwester und lief auf sie zu.
    »Schwester, wurde meine Frau verlegt? Ach, entschuldigen Sie, ich bin Theo Idusch. Meine …«
    Die ältere Schwester lächelte liebenswürdig. »Ich weiß, Professor. Kein Grund zur Besorgnis. Ihre Frau Gemahlin wurde auf ihren Wunsch in das Zimmer ihres Kindes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher