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Accidental Witch 02 - Hexen sind auch nur Menschen

Titel: Accidental Witch 02 - Hexen sind auch nur Menschen
Autoren: Annette Blair
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Eins
    NEWPORT, RHODE ISLAND
    Jason Pickering Goddard, Spieler bei den Wizards in der National Hockey League, der berühmten NHL, stieg in der Turnhalle des Waisenhauses für Jungen, St. Anthony's, unter Applaus von dem schon ziemlich ramponierten Rednerpodest herab und setzte sich weiter hinten auf der Bühne wieder neben seine Großmutter.
    „Träume sterben sehr wohl“, flüsterte Jason ihr zu. „Und das Leben ist zum Kotzen. Das sollte man den Jungen hier beibringen. Ich habe ihnen keinen Gefallen damit getan, diesen ganzen Blödsinn zu erzählen. Dass alle ihre Träume wahr werden können.“
    Seine Großmutter reagierte gereizt. „Den Alltag kennen sie zur Genüge“, erwiderte sie. „Was sie brauchen, sind Träume für eine bessere Zukunft.“
    Jason zuckte zusammen. Sie hätte ebenso gut sagen können: „Sie sind alle um einiges schlechter dran als du. Also hör auf, dich selbst zu bemitleiden.“ Und damit hätte sie recht gehabt. Aber trotzdem wünschte er, all diese Jungen, die gerade zu den Ausgängen der Sporthalle drängten, würden ihm nicht ständig mit Blicken folgen, die an Heldenverehrung grenzten.
    Verdammt! Er hatte es verbockt. Und er war bestimmt der Letzte, der irgendetwas über Zukunftsträume und Hoffnungen erzählen sollte, nachdem er sich selbst bis zur Bewusstlosigkeit betrunken und damit seine eigene Zukunft zerstört hatte. Moment mal - Jason hob den Kopf und warf der Frau, die ihn großgezogen hatte, einen argwöhnischen Blick von der Seite zu. Was er sah, bestätigte seinen Verdacht. Sie war eine kleine, nichts dem Zufall überlassende Matriarchin, die Machtspielchen liebte. Und genau das tat sie gerade. Er versuchte sich zu entspannen, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, streckte die Beine aus, um den Schmerz in seinem Knie zu lindem, und verschränkte die Arme vor der Brust. „Gram, warum hast du mich heute wirklich hierhergeschleppt?“
    „Wie? Nun ja — sonst lernst du ja nie all das Gute kennen, was die Pickering-Stiftung bewirkt.“
    „Gutes? Der Laden hier fällt doch schon fast auseinander.“ Ganz wohlerzogene Dame, zuckte seine Großmutter kaum mit der Wimper, bevor sie ihren Kopf in etwas verzögerter Zustimmung leicht schräg legte. „So ist es wohl.“
    Sie wollte auf etwas Bestimmtes hinaus, so viel war Jason klar. Aber auf was? „Wenn du eine größere Spende willst, dann sag es einfach.“
    Die wohltätige alte Schwindlerin räusperte sich, spielte mit dem Verschluss ihrer Handtasche von Dior, ließ ihre Augen durch den Raum schweifen, tätschelte Jasons Hand, und ohne ihm dabei auch nur einen kurzen Blick zu gönnen, sagte sie: „Danke, Lieber.“
    „Ich schreibe dir lieber jeden Tag einen Scheck aus, als ..
    „... auch nur einen Finger zu rühren, um selbst mit anzupacken?“ Grams braune Augen funkelten plötzlich ärgerlich. „So bist du eben. Genau wie jedes andere Mitglied dieses faulen Geldadels.“ Sie stand auf und stützte sich auf ihren uralten Regenschirm. Doch ihr Kopf war hocherhoben, und ihre Haltung drückte nichts als kraftvolle Empörung aus.
    „Jetzt lass es gut sein“, beschwichtigte Jason sie. „Ich wäre nicht so faul, wenn ich nicht... “
    „Genug mit dem Selbstmitleid.“ Sie tippte mit ihrem Schirm gegen seinen Stock. „Das hier ist nur ein Rückschlag“, vollendete sie seine ermüdende Litanei.
    Jason richtete sich in seinem Stuhl auf. „Ich werde wieder Hockey spielen. Ich bin im Handumdrehen zurück auf dem Eis. Du wirst schon sehen “
    „Nicht, wenn man deinen Ärzten glaubt;“
    „Die meisten irren sich eben.“
    „Natürlich, mein Lieber.“
    „Rede nicht in diesem gönnerhaften Ton mit mir, junge Dame.“
    Bessie Pickering Hazard, siebenundsiebzig Jahre alt und Vorstandsvorsitzende der Pickering-Stiftung, kicherte wie ein Schuldmädchen.
    Jason grinste. Er war froh, wieder das vertraute fröhliche Glitzern in den Augen seiner Großmutter zu sehen. Trotzdem hätte er verdammt gern gewusst, was sie eigentlich im Schilde führte. Er kannte diese Nummer zur Genüge, und sie bedeutete nichts Gutes für den armen Kerl, den sie als ihr nächstes Opfer auserkoren hatte - und das war er.
    Gram hatte in ihrem Leben schon große Dinge vollbracht und auf dem Weg dorthin einige steile Klippen überwinden müssen. Wenn er nur daran dachte, wie geschickt sie ihn schon immer für ihre Zwecke hatte einsetzen können, schnürte es ihm derart die Kehle zu, als versuche jemand, ihn zu erwürgen.
    Am besten, ich verabschiede mich
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