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0139 - Wo der Werwolf lauert

0139 - Wo der Werwolf lauert

Titel: 0139 - Wo der Werwolf lauert
Autoren: Walter Appel
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Bürgermeister, und diese Pflicht hatte er jetzt getan.
    »Ich gehe zu Bela Stancu und ziehe ihn für das zur Rechenschaft, was er meiner Irmina angetan hat!« verkündete Carol Domiczek. »Wer begleitet mich?«
    »Wir gehen alle!« rief der fanatische Pope. »Folgt dem Zeichen des Kreuzes! Nehmt Äxte, Sensen, Dreschflegel, Knüppel und Flinten mit! Vergeßt das Weihwasser und die Ikonen nicht! Wir wollen den Bösen mit Stumpf und Stiel ausrotten! Später ist der Dämon Gunodescu an der Reihe!«
    Die Einwohner von Dragoviste jubelten und schrien Beifall.
    »Vergeßt nicht, Laternen und Fackeln mitzunehmen!« rief der Pope noch. »Es wird bald dunkel.«
    Eine Viertelstunde später marschierte ein Zug von über hundertfünfzig Männern und einigen Frauen in den Bergwald. Dort dunkelte es bereits. Schwarze Schatten nisteten unter den Bäumen, und Äste reckten sich in den Weg der Leute aus Dragoviste, als wollten sie sie aufhalten.
    Es raschelte und knackte im Unterholz. Eine Eule flog mit dumpfem Schrei von einem Buchenast auf. Die Männer entzündeten die ersten Fackeln und Laternen. Sie umklammerten ihre Äxte, Sensen, Dreschflegel und Knüppel fester. Einige Männer hatten Gewehre, vier trugen Pistolen bei sich, und einer hatte sogar eine deutsche Wehrmachts-Maschinenpistole aus dem Zweiten Weltkrieg. Auch Kreuze, Weihwassergefäße und zwei Ikonen wurden im Zug getragen.
    Allen voran zog der Pope, das Prozessionskreuz emporgereckt. Imri Jalea fühlte sich wie ein Kreuzritter, seine Augen funkelten fanatisch. Das Bewußtsein, daß er soviele Menschen hinter sich hatte, gab ihm zusätzliche Kraft und Mut.
    Gegen Mitternacht würden der Pope und die aufgeputschte Meute die Hütte des Hexers erreichen.
    ***
    Die Nacht war hereingebrochen. Der Halbmond und die Sterne funkelten hell und klar am Himmel und gossen ihr silbriges Licht über die Karpaten. Das eine Fenster der Hütte des Hexers stand offen, manchmal sah man den ruhelos umherwandernden Bela Stancu.
    Die weiße Wölfin und der graue Wolf in dem ungefügen Holzkäfig hörten mit ihren feinen Ohren, wie der Alte ab und zu kicherte oder vor sich hin brabbelte. Mitunter stieß er auch Verwünschungen aus, und einmal heulte Bela Stancu wie ein Wolf.
    Er war nicht mehr ganz richtig im Kopf. Die Beschäftigung mit der Schwarzen Magie und der Pakt mit dem Dämon Gunodescu hatten Bela Stancu, der immer schon ein Sonderling gewesen war, vollständig verwirrt.
    Deshalb verstieß ihn der Dämon auch, denn an dem starrsinnigen alten Wirrkopf hatte er kein Interesse. Er ließ ihn fortan gewähren, solange er seinem Bereich fernblieb. Denn für den Schönen Gunodescu, einen der obersten Dämonen der Hölle, war Bela Stancu nur ein kleines Licht und ein Stümper.
    Für Bela Stancu war es ein harter Schlag gewesen, als der Dämon ihn mit Schimpf und Schande verjagte. Im wirren Kopf des Alten hatte sich die fixe Idee festgesetzt, Gunodescu unbedingt zu beweisen, was er zu leisten vermochte.
    Die beiden Wölfe im Käfig beschnupperten sich. Die Wolfssprache, jene Laute, mit denen sich die Mitglieder eines Wolfsrudels verständigten, kannten sie nicht. Denn sie waren weder als Wölfe geboren, noch hatten sie je in freier Wildbahn gejagt.
    Die weiße Wölfin legte sich nieder, der graue Wolf blieb vor ihr stehen. Mit der rechten Pfote klopfte er auf den hölzernen Käfigboden. Die Wölfin lauschte mit gespitzten Ohren.
    Der graue Wolf klopfte viermal kurz hintereinander mit kurzem und einmal mit langem Abstand. Einmal lang und einmal kurz, zweimal lang und einmal kurz, einmal kurz, dann kurz, lang und kurz.
    Es waren Morsezeichen. Das ganze bedeutete Hunger. Die Morsezeichen für Durst folgten mit Abstand zwischen den einzelnen Buchstabenklopfzeichen. Die weiße Wölfin winselte leise und nickte.
    Diese Art der Verständigung hatten die beiden noch in der vergangenen Nacht entdeckt, nachdem sie sich unvermittelt in Wolfskörpern auf der Erde wiederfanden. Zuerst war es ein großer Schock für sie gewesen.
    Die Absicht des Hexers, ein Kind zu ermorden, zwang sie dann zum Handeln, und eins ergab das andere. Bei der weißen Wölfin handelte es sich um niemand anderes als um Nicole Duval, bei dem grauen Wolf mit den Narben im Fell um Bill Fleming.
    Eine schlimme Zeit lag hinter ihnen, und es sah nicht so aus, als würde sich alles rasch zum Besten wenden. Zuerst hatte der Dämon Dschafar al Kharum Bill und Nicole in seinen Bann gezogen und in seinem Dämonenreich Foggora in
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