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0131 - Der elektrische Stuhl wartet

0131 - Der elektrische Stuhl wartet

Titel: 0131 - Der elektrische Stuhl wartet
Autoren: Der elektrische Stuhl wartet
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hier«, antwortete er und schwenkte sein Taschentuch, das er zu einem kleinen Beutel zusammengebunden hatte.
    »Was ist darin?«
    »Eine Kugel. Sie stak in dem Baum dort drüben.«
    Ich stieß einen Pfiff aus, aber er schüttelte den Kopf.
    »Es gibt nichts zu pfeifen. Sieh dir die Richtung an, aus der sie abgefeuert worden sein muß. Mit 98 Prozent Wahrscheinlichkeit stammt sie ebenfalls aus der Waffe des Mörders.«
    Er hatte recht. »Gib sie auf jeden Fall zur Untersuchung. — Steige jetzt ein. Leutnant Keller fährt uns voraus zum Revier. Wir wollen sehen, ob wir herausbekommen, was Padreiras heute abend gemacht hat.«
    Der Wagen des Leutnants fuhr an uns vorbei. Ich drehte den Jaguar und fuhr hinterher. Phil lümmelte sich auf dem Beifahrersitz, den Hut tief in die Stirn gezogen.
    »Ich habe noch etwas gefunden«, sagte er phlegmatisch.
    »Was?« fragte ich.
    »Es liegt hinten auf dem Notsitz. Ein abgebrochener Zweig mit Blättern und ‘ner Menge Staub auf den Blättern.« Ich konnte mich nicht umdrehen und wollte nicht stoppen, um den Anschluß an Keller nicht zu verlieren.
    »Ein Zweig?«
    »Mehr schon ein Ast. Ganz frisch abgerissen. Man sieht es an der Bruchstelle. Er lag im Gebüsch, aber der Strauch, von dem er stammt, steht dreißig Schritte weiter. Ich glaube, es ist Holunder.«
    »Behalte dein botanisches Wissen für dich! Rück ‘raus mit deiner Weisheit!«
    »Du solltest Indianergeschichten lesen, Jerty«, antwortete er faul. »Abgerissene Zweige werden von Indianern benutzt, um ihre Spuren zu verwischen. Sie streichen damit über die Erde und wischen sie glatt.«
    »Kellers Leute haben Fußabdrücke gefunden«, sagte ich. »Ich sah die Gipsabdrücke.«
    »Aber sie haben sicherlich nicht darauf geachtet, ob an anderen Stellen der Boden glattgestrichen war.«
    »Hast du sie gefragt?«
    »Ja. Sie konnten nur mit den Achseln zucken. Ich glaube, sie wußten gar nicht, was ich mit meiner Frage wollte.«
    »Offengestanden, ich weiß es auch nicht. Die Frau in dem Haus hat keinen Menschen außer dem Mörder gesehen, und ich glaube nicht, daß der Mörder sich die Zeit genommen hat, seine Spuren zu verwischen.«
    »Das glaube ich auch nicht«, knurrte Phil.
    »Wer also soll Indianer gespielt haben?«
    Phil richtete sich auf und schob sich den Hut aus dem Gesicht.
    »Der Ast ist da, und er hat eine Bedeutung, verdammt.«
    »Kinder können ihn abgerissen haben, Arbeiter oder vielleicht ein Tier.«
    »Wohl ein Bär«, höhnte Phil. »Er ist viel zu groß, als daß ihn irgendwer als ein Mensch abgerissen haben könnte, und ich sagte dir doch, daß die Bruchstelle ganz frisch war, und daß er nicht dort lag, wo er hätte hinfallen müssen, wenn der Wind ihn abgerissen hätte, abgesehen davor, daß heute Nacht kein Wind geweht hat, der kräftig genug gewesen wäre, einen solchen Zweig zu brechen. Auch ist er völlig verstaubt. Sieh ihn dir doch an!«
    »Später«, antwortete ich, denn wir erreichten das Revier. Keller führte von seinem Dienstzimmer aus ‘ne Menge Telefongespräche. Er sprach mit Leuten, die durchaus nicht alle Polizisten zu sein schienen. Es war bekannt, daß die Reviere der Stadtpolizei gute Beziehungen zu einer ganzen Anzahl kleiner Geschäftemacher aus der Unterwelt und vor allen Dingen zu den Wirten der Kneipen unterhielten, in denen sich Gangster aller Schattierungen aufhielten.
    »Croreys Inn‘ in der Cooleg-Street dürfte die richtige Adresse für uns sein. Padreiras scheint den Laden in letzter Zeit zum Stammlokal erkoren haben.« Ich warf einen Blick auf die Armbanduhr. Es ging auf drei Uhr. »Ist die Bude noch offen?«
    »Wahrscheinlich, und wenn sie noch offen ist, dürfte es dort ziemlich rund gehen.«
    »Was halten Sie davon, wenn wir unseren Besuch allein abstatten?«
    »Wenig«, antwortete Keller. »Das ist eine Kneipe für Puertoricaner, und Sie wi sen, daß die Puerto-Leute leicht hitzig werden, wenn sie ein bißchen getrunken haben. Der Anblick einer Cop-Uniform wirkt beruhigend.«
    Wir fuhren in einem Wagen des Reviers. Die Cooleg-Street war ruhig, aber aus Croreys Inn scholl wüster Lärm, obwohl die Fensterläden schon geschlossen waren.
    Wi ■ mußten minutenlang an die Tür hämmern, bis endlich geöffnet wurde. Ein breiter Bursche mit aufgekrempelten Ärmeln, offensichtlich ein Mischblut, öffnete. Er erkannte Keller.
    »Um alles in der Welt, Leutnant«, rief er erschrocken, »haben Sie irgendetwas bei mir vor?«
    »Nicht direkt, Crorey«, beruhigte ihn Keller. »Wir
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