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0128 - Die Hexe aus dem Fluß

0128 - Die Hexe aus dem Fluß

Titel: 0128 - Die Hexe aus dem Fluß
Autoren: Werner Kurt Giesa
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diesen Franzosen einladen! Und was für Flaschen die Franzosen sind, das haben wir ja damals diesem Napoleon gezeigt. Ich sage nur: Waterloo!«
    Er redet, als sei er selbst dabeigewesen, dachte April. Sie lächelte immer noch und entwaffnete ihren Vater damit. Sir Francis wußte, daß er wieder einmal eine Niederlage erlitt. »Für zwei, drei Tage werdet ihr euch doch aus dem Weg gehen können, nicht wahr?« fragte sie vorsichtig an. »Oder du machst einfach mal Urlaub.«
    »Urlaub«, grunzte The great Hedgeson, machte zwei Schritte rückwärts und ließ sich in seinen Plüschsessel fallen. Er nahm einen kräftigen Schluck aus der Teetasse und leerte sie damit fast völlig. »Was mache ich denn anderes als Urlaub seit fünfzehn Jahren? Sieh hinaus!« Demonstrativ wies er auf das große Fenster, das die ganze Frontwand des Zimmers einnahm und einen prachtvollen Ausblick auf den blauen Gardasee bot. Die kleinen Wellen warfen schillernde Lichtreflexe. »Strand, Sonne, See - das ganze Jahr über! Was willst du mehr?«
    »Geburtstag feiern. Mit meinen Gästen«, lächelte April. Sie wußte, daß sie gewonnen hatte. »Ja oder nein?« fragte sie jetzt nur noch der Förmlichkeit halber.
    »Yes«, murmelte Sir Francis erschlagen. »Du mußt wissen, was du tust. Und was du mir damit antust. Ausgerechnet dieser Spinner Zamorra…«
    Federnd sprang April auf und warf ihrem Vater eine Kußhand zu. »Großartig bist du!« rief sie im Hinausgehen. »Außerdem ist es noch gar nicht gesagt, daß Zamorra mitkommt! Er hat vielleicht anderes zu tun…«
    Die Tür schloß sich hinter ihr. Hedgeson sah ihr nach. Denkste, dachte er grimmig. Ein Franzose und noch dazu Spinner wie der hat doch nichts Besseres zu tun, als den lieben langen Tag über anständige Briten mit seinen Theorien über Geister und Dämonen zu verärgern. Na, wenn der wirklich mitkommt…
    Er trank den letzten Tee und klatschte in die Hände. Morris Dennessey erschien vornehm wie immer.
    »Meine Pfeife, du Pfeife«, knurrte Sir Francis. »Und den Tabak. Und das Besteck. Stopfen kann ich selbst.«
    »Sehr wohl, Sir«, murmelte »James« und eilte, das Gewünschte herbeizuschaffen. Und dabei nahm er dem Lord und Industriegiganten nicht einmal die Beleidigung übel. Die gehörte bei ihm zum guten Ton. James entsann sich, daß der Alte zehn Minuten nach der Verleihung des Adelstitels »God shave the Queen« gesungen hatte - in deren Beisein. Da war die Adelsverleihung nicht mehr rückgängig zu machen gewesen. Die Queen war sauer, und Lord Hedgeson überaus fröhlich. Er liebte es, alles und jeden anzupflaumen, wo immer es ihm möglich war.
    Auf seine Art war der alte Hedgeson eine respektlose, aber sympathische Person…
    ***
    Über dem Loire-Tal schien die Sonne. Ein paar Strahlen drangen auch in Professor Zamorras geräumiges Arbeitszimmer in der ersten Etage des Montagne-Schlosses und sorgten für ein warmes, helles Licht. Trotzdem brannte die Schreibtischlampe. Zamorra liebte keine Schatten auf dem Papier, an dem er arbeitete.
    Seine schlanken, gepflegten Hände, denen man nicht ansah, wie fest sie zupacken konnten, drehten eine schmale Karte hin und her. Die grauen Augen des Mannes mit dem markant geschnittenen Gesicht und dem durchtrainierten, schlanken Körper eines Wikingers überflogen den Text. Handgeschrieben.
    »Hedgeson? Ist das nicht dieser spleenige Engländer, der mich beinahe die Treppe hinuntergeworfen hätte?« fragte er nachdenklich. Er sah überhaupt nicht so aus, wie man sich einen Gelehrten vorstellt. Er wirkte vielmehr wie ein Sportler, dem der mausgraue Anzug nicht richtig zu Gesicht stand, den er momentan trug. Seine Finger wirbelten ein kurzes Trommelsolo auf der Schreibtischplatte.
    Die bezaubernde junge Frau neben ihm lehnte sich leicht gegen ihn. »April hat die Einladung geschrieben, nicht Sir Francis, und daraus ersehe ich, daß wir willkommen sind…«
    »Nicole«, murmelte Professor Zamorra. »Der Herr erhalte dir deinen kindlichen Optimismus.«
    Nicole, Traumbild einer Sekretärin, zur Abwechslung mal wieder schwarzhaarig, mit süßer Stupsnase und einem zum Küssen geradezu auffordernden Mund, gehüllt in einen engen roten Pullover, der ihre festen Brüste eng umspannte, und in eine lange schwarze Hose im Jeans-Schnitt. Manchmal fragte der Parapsychologe sich, was er wohl ohne sie anfangen sollte. Denn nicht allein, daß sie ihm als seine Sekretärin und »Zusatzgedächtnis« den größten Teil seiner Arbeit abnahm, damit er sich auf
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