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0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald
Autoren: Martin Eisele
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ein faustgroßes Loch. Ein schwarzes, schwammiges Etwas pulsierte darin.
    Der rote Glanz in den Augen war erloschen. Mein Gegner lebte nicht mehr.
    Ich schluckte den Kloß hinunter. Der Tote war kein Mensch mehr. Trotzdem spürte ich so etwas wie Mitleid. Wie viele Menschen gerieten schuldlos in den Bann des Bösen? Vielleicht war er einer von ihnen gewesen.
    Ich untersuchte ihn. Sein Körper war der eines Menschen. Die Kleidung wies keine Besonderheiten auf. Die Taschen waren leer.
    Ich richtete mich wieder auf und wandte mich dem Kumpan des Unheimlichen zu.
    Dessen Gesicht war mit dem des Toten völlig identisch.
    Er war ohnmächtig, und wie ich meinen Schlag einschätzte, würde er es auch noch eine Weile bleiben.
    Ich aber wollte nicht mehr so lange warten.
    Die Handschellen rasteten ein. Dann schleppte ich den Burschen zu meinem Bentley, schloß auf und wuchtete ihn in die Polster. Der kalte Schweiß stand mir auf der Stirn.
    Wenn der Schrei gehört worden war, dann war alles vergebens…
    Dann waren sie gewarnt.
    Ich warf einen schnellen Blick zur Ruine hinüber.
    Alles blieb still.
    Ich hoffte, daß es weiterhin so blieb.
    Sodann nahm ich den Hörer des Autotelefons und tippte die Ruftaste. Die Scotland-Yard-Nummer war gespeichert.
    Der diensthabende Beamte schlief nicht. Erleichtert atmete ich auf und machte es kurz.
    »Hier Oberinspektor Sinclair«, meldete ich mich. »Sonderabteilung Powell. Ich brauche Hilfe, sofort!«
    Mein Kollege bewies, daß er auf Zack war. »Band läuft. Wo stecken Sie, Sir?«
    »Soho, Portonay Road, die Nummer weiß ich nicht. Ein Trümmergrundstück. Im Hintergrund eine gewaltige Wohnhausruine.«
    »Das finden wir, Sir. Die Kollegen sind schon so gut wie unterwegs.«
    »Prima! Sie haben sich gerade eine Flasche Pommery verdient, Constabler!«
    Ich hängte ein und war schon wieder unterwegs. Auf das Eintreffen meiner Kollegen wollte ich nicht warten.
    ***
    Ich sterbe!
    Es war Wahnsinn! Sie wußte, daß sie keine Chance mehr hatte! Es war aus! Endgültig aus und vorbei!
    Rote Punkte zerplatzten vor ihren Augen und überschütteten sie mit blutiger Helligkeit, die nicht von dieser Welt sein konnte!
    Wahrscheinlich bildete sie sich das alles ein.
    Luft!
    Jäh gellte dieser stumme Schrei in ihr auf. Luft! Ich will nicht ersticken! Ich will nicht sterben!
    Aber die fürchterlichen Hände drückten nur fester zu, immer fester, als würden sie ihre verzweifelten Gedanken kennen und sich ein Vergnügen daraus machen, das Gegenteil dessen zu tun, was sie dachte.
    Jane spürte, wie andere Hände hinzukamen. Hunderte mußten es sein. Ihr ganzer Körper wurde davon begraben. Schleimig und kalt fühlten sie sich an, und doch hart wie Stahlkammern.
    Sie dachte an John Sinclair. Unsagbare Wehmut überschwemmte sie. Nie wieder würde sie ihn sehen…
    Und sie konnte ihn nicht warnen.
    Warnen vor dem Unheil, das hier vorangetrieben wurde. Von Asmodina. Von seiner ärgsten Feindin.
    Irgendwie fühlte sie in diesen Augenblicken, daß es für ihn sehr wichtig war, zu wissen, was hier geschah… Entscheidend wichtig!
    Janes Hände ruderten. Fahrig tasteten sie herum, stießen gegen die wimmelnden Arme, die schlangengleich aus dem Boden wuchsen, zähes, unnatürliches Horror-Leben…
    Dann bekam sie einen langgliedrigen Finger zu fassen. Sie umkrampfte ihn und riß daran.
    Das knackende Geräusch, mit dem er brach, kostete sie schier die Besinnung.
    Plötzlich sah sie sich selbst. Als wäre sie ein körperloser Schemen, der auf einen von zahllosen Geisterhänden umklammerten, zuckenden, sich windenden Körper heruntersah…
    Auf ihren eigenen Körper.
    Sie sah, wie ihre Bewegungen erlahmten.
    Gleichzeitig kam ein unheimlicher Wind auf. Sie fühlte sich emporgehoben, davongetragen…
    Alles war plötzlich ganz leicht…
    NEIN!
    Sie klammerte sich an diesem Gedanken fest, eisern, weil sie wußte, daß er das letzte Bindeglied zu ihrem Körper, zu ihrer menschlichen Existenz darstellte. Der unbändige Wunsch zu leben beseelte sie, gab ihr Kraft, die sie niemals mehr in sich vermutet hätte.
    Sie riß und zerrte an den Händen. Die Vision zerplatzte. Sie war wieder in ihrem Körper. Sie hatte die Schwelle zum Tod nicht überschritten…
    Und sie spürte, daß der Druck an ihrem Hals nachließ!
    Fassungslos riß sie die Augen auf.
    »… sie loslassen! Ich, Murthoom, Priester der Asmodina, befehle es!«
    Nach Atem ringend starrte Jane auf den hochgewachsenen Mann, der über ihr stand, die Hände zum Himmel
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