Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald
Autoren: Martin Eisele
Vom Netzwerk:
fluchte. Er übernahm wieder die Führung.
    Jane rannte ihm nach. Sie lief so schnell, wie sie noch nie zuvor in ihrem Leben gerannt war. Den hechelnden Atem der unheimlichen Verfolger glaubte sie schon in ihrem Genick zu spüren. Aber das war Unsinn. Noch waren die Alten gut und gerne 30 Yards entfernt…
    Ihre haßerfüllten Schreie gellten durch die Nacht. Das Kläffen der Hunde steigerte sich.
    Jane wußte, was das zu bedeuten hatte. Die Alten hatten sie freigegeben!
    Die Hunde jagten heran, pfeilschnelle Bestien, die keine Gnade kannten.
    Sie rannte, rannte, rannte…
    Den Abhang hinauf. McCrady keuchte. Er wurde langsamer. Jane holte ihn ein. Seite an Seite rannten sie weiter. Vorgebeugt, sich mit den Händen abstützend, verzweifelt darum bemüht, kein allzu deutliches Ziel abzugeben.
    Es war sinnlos. Natürlich. Die Hunde vertrauten nur ihrem Geruchssinn…
    Rasendschnell hetzten sie hinter ihnen her. Ihre Läufe wirbelten.
    Jane brauchte gar nicht hinzusehen, um das zu wissen. Ihre Zähne knirschten aufeinander. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
    Geröll lockerte sich, rieselte talwärts. Jane glitt aus, rutschte, fing sich wieder. Nebel zerfaserte ringsum, sank zu Boden. Mit einem würgenden Krächzlaut hetzte Jane weiter. Ihre Lungen schienen von glühenden Nadeln malträtiert zu werden. Verzweifelt versuchte sie, den Schmerz zu ignorieren.
    Erneut stürzte sie.
    Diesmal blieb sie zwei Sekunden lang liegen. Ihr erhitztes Gesicht preßte sie auf den feuchten Boden. Dann hatte sie wieder genügend Kräfte gesammelt, um sich hochreißen zu können.
    McCrady hatte diesmal nicht angehalten. Jane verübelte es ihm nicht einmal. Er wollte nicht sterben, denn sein eigenes Leben war ihm wichtiger.
    Die Schreie hinter ihnen verebbten. Die Alten und die Dämonenpriester konzentrierten sich ganz auf ihr Wild. Auf die tödliche Jagd.
    Jane warf einen kurzen Blick über ihre Schulter zurück.
    Ihr Herz setzte einen Schlag aus! Ganz dicht hinter ihr stürzte ein übergroßer Schemen heran. Ein Hund!
    Hechelnd atmete er. Geifer flockte vor seinen entblößten Reißzähnen!
    Aufkeuchend warf sich Jane beiseite, als der Köter sprang. Er verfehlte sie, kam unglücklich auf und rutschte hangabwärts. Ein hungriges Knurren brodelte aus seiner Kehle.
    »Weg, Jane!« brüllte Peter McCrady über ihr.
    Augenblicklich kam sie dem Befehl nach. Sie stürzte seitwärts weg und hastete weiter. Höher hinauf… Zur Ebene hinauf, dorthin, wo der Seelenwald begann. McCrady riß einen bizarr gezackten Gegenstand mit beiden Händen über seinen Kopf. Dann schleuderte er ihn.
    Der Hund jaulte auf.
    Wie von einer Riesenfaust getroffen, kugelte er in die Tiefe und riß seine nachfolgenden Artgenossen mit sich.
    »Los, hierher, Jane!«
    Noch zwei Yards, dann hatte sie es geschafft. Jane warf sich vorwärts. Mit letzter Kraft bekam sie den moosüberwucherten, zottigen Überhang zu packen, zog sich hoch, riß den linken Fuß hoch… Und wälzte sich auf ebenen Boden.
    Ein eiskalter Hauch fegte vom Waldrand her…
    McCrady zerrte sie auf die Füße. »Weiter!« krächzte er. Irgend etwas schien ihm neue Kräfte gegeben zu haben.
    Sie erreichten den Waldrand, warfen sich regelrecht in die Schatten hinein. Gestrüpp strich über ihre Gesichter, über Janes weißes Kleid. Mit häßlichem Geräusch riß der Stoff. Dornige Ranken zuckten scheinbar aus dem Nichts heran und krallten sich an Jane fest. Sie riß sich los und spürte keinen Schmerz, nichts.
    Hinter ihnen wurde ein gequältes Winseln laut. Dann folgte ein gellendes, schmerzerfülltes Jaulen.
    McCrady stoppte, wandte sich um. »Die Köter spüren es, Jane…«
    Sie wußte, worauf er anspielte.
    Der Wald der Seelen… Das Böse, das hier lauerte. Tiere besaßen jenen Instinkt, der sie davor warnte.
    Warum fürchteten sie sich dann nicht auch vor ihren eigenen Herren? Vor den dämonisierten Männern und den Priestern, die sie auf den schwarzen Altar gebunden hatten? überlegte sie.
    Eine Antwort darauf fiel ihr nicht ein. Sie legte auch keinen großen Wert darauf.
    Sie eilten weiter.
    Tiefer und tiefer in den Wald hinein. Es war kalt. Ein unwirkliches Rauschen und Heulen und Säuseln umgab sie. Tausend gefangene Seelen schienen ihre Pein hinauszuschreien…
    Unnatürlich laut waren ihre hastenden Schritte zu hören. Der verrottende Teppich aus Tannennadeln, Blättern, nassen, morschen Ästen federte unter ihren Füßen.
    Ein eigentümlicher Geruch lag in der Luft. Modergeruch!
    Süßlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher