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0110 - Zargos, der Dämon

0110 - Zargos, der Dämon

Titel: 0110 - Zargos, der Dämon
Autoren: Richard Wunderer
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geöffnet. Holzwolle quoll daraus hervor. Mein Freund griff hinein, stieß auf etwas Hartes und holte eine Tonschale heraus. Sie war mit sehr hübschen Blumen bemalt. Sofort erinnerte er sich daran, daß er eine solche Schale in dem Prospekt des Zargos-Versandes gesehen hatte.
    Somit war das wenigstens geklärt. Die Container enthielten die Ware, die Zargos verschickte.
    Aber wo steckte dieser Dämon?
    Schlurfende Schritte ließen Suko herumfahren. Er riß die Beretta hervor, senkte sie jedoch sofort wieder.
    Ein alter, in einen roten Mantel gehüllter, sichtlich gebrechlicher Mann mit strähnigen weißen Haaren und einem Vollbart kam tapsend auf ihn zu, den Kopf seitlich geneigt, die müden, von feinen Äderchen durchzogenen Augen gleichmütig auf Suko gerichtet.
    »He, Sie!« rief der Alte mit krächzender Stimme: »Was tun Sie hier? Das hier ist Privatgelände! Betreten verboten! Gehen Sie! Gehen Sie schnell, bevor ich die Polizei rufe!«
    Suko steckte die Waffe weg. »Immer mit der Ruhe«, sagte er beschwichtigend. »Ich wollte mich nur mal umsehen.«
    »Das sagen alle!« Der Alte hob drohend die dürre Faust. Damit konnte er niemandem Angst machen, nicht einmal einem viel schwächeren Mann als Suko. »Alle wollen sich nur mal umsehen, und dann reißen sie sich etwas unter den Nagel! Diebsgesindel! Verschwinden Sie!«
    »Einen Moment! Sie sind hier der Wächter?«
    »Allerdings!« Der Mann warf sich in die Brust.
    »Dann können Sie mir auch sagen, wo ich den Chef dieses Unternehmens finde. Oder einen Geschäftsführer oder etwas Ähnliches.«
    Der Greis kicherte. »Sicher nicht am Sonntag, Mister! Na, Sie scheinen ganz in Ordnung zu sein. Kommen Sie morgen wieder, dann sind alle da.«
    »Wer alle?« fragte Suko mißtrauisch.
    »Wer eben zu einem solchen Versandhaus gehört. Arbeiter, Sekretärinnen und der Chef, Mr. Zargos.«
    Das war der Name, der Suko am meisten interessierte. »Sie wissen nicht, wo dieser Mr. Zargos wohnt?« fragte er gespannt.
    »Keine Ahnung«, behauptete der alte Mann. »Und jetzt gehen Sie! Ich muß das Tor abschließen!«
    Suko nickte und bedankte sich. Er hielt den alten Mann für harmlos und schritt auf das Tor zu. Trotzdem bewahrte er sich einen kleinen Rest von Vorsicht. Instinktiv lauschte er auf die Geräusche in seinem Rücken.
    Als er ins Freie trat, hörte er ein feines Schaben.
    Blitzartig drehte er sich um. Der Greis wirkte gar nicht mehr harmlos und friedlich. Seine jetzt leuchtend roten Augen sprühten Haß und Wut, und sein zahnloser Mund war zu einem bösartigen Schrei geöffnet, ohne daß er einen Laut von sich gab.
    In seiner knochigen Faust mit dem spindeldürren Finger hielt er ein schweres Beil, das er Suko auf den Kopf schlagen wollte. Das Werkzeug sauste nieder, doch mein Freund warf sich gedankenschnell zur Seite. Gleichzeitig packte er zu und bekam den Arm des Angreifers zu fassen.
    Im nächsten Moment ließ Suko mit einem erschrockenen Schrei los.
    Der Arm fühlte sich an, als wäre er aus weichem Gummi gemacht.
    Suko hielt ihn in Höhe des Ellbogens fest. Der Unterarm schwang jedoch weiter, rollte sich förmlich ein. Das Beil schepperte auf den Boden und polterte klirrend und krachend gegen die Eisentür. Suko schaffte es nicht, den Alten festzuhalten. Der Arm löste sich zwischen seinen Fingern auf und floß wie eine klebrige Masse zu Boden.
    Als der unheimliche Mann zurücktaumelte, besaß er dennoch wieder beide Arme, mit denen er gnadenlos zuschlug.
    Normalerweise wäre Suko auch diesem Schlag ausgewichen, doch der Schock wirkte. Er zögerte eine Zehntelsekunde, die ihm zum Verhängnis wurde. Die Hände des Unheimlichen trafen ihn seitlich am Hals.
    Wie ein gefällter Baum brach Suko in die Knie.
    Er schlug noch seine Finger in die Beine seines Gegners, doch wieder griff er in eine weiche, nachgiebige Masse, von der seine Hände abglitten.
    Er spürte einen harten Treffer im Nacken, dann war der Film für Suko endgültig gerissen. Wie tot rollte er auf den Hallenboden.
    Er war jedoch nicht tot, denn Zargos, der Dämon, konnte nicht töten…
    ***
    Der Anblick der aus dem Fenster springenden Frau riß mich vom Boden hoch. Der Schock darüber vertrieb die teilweise Lähmung, die von meinem bösen Sturz herrührte.
    Wankend und torkelnd lief ich zum Fenster, stützte mich ab und beugte mich hinaus. Da unten lag Lisa Cunning, die ihr Verbrechen mit dem Leben gesühnt hatte. Kein Gericht hätte sie so hart bestraft. Sie selbst hatte dieses Ende gewählt, und
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